Grüne Bürgerzeitung, Nummer 2, Mai 1986

6 GRUNE BURGERINFORMATION Atomkraft ist todsicher In Windscale - das 1982 in Sellafield umgetauft wurde - geschieht seit den fünfziger Jahren genau das, was viele Menschen in Deutschland verhindern wollen: Die Wiederaufbereitung von ausge- dienten Uran-Brennstäben aus Atommeilern. In einem primitiven Atomkraftwerk fabrizierten Wissenschafter anfangs Plutonium für die britischen Atombomben, die seit 1952 über der australischen Wüste gezündet wurden. 1971 ging der WAA-Komplex aus militärischen in zivile Hände über - offiziell jedenfalls. Seitdem ist die "Britische Gesellschaft für Kernbrennstoffe" (British Nuclear Fuels = BNFL) verantwortlich. Durch den Betrieb dieser Anlage fallen täglich 4,5 Millionen Liter schwach radioaktive und eine nicht genauer bekannte Menge an stark verseuchten Abwässern an, die durch eine Pipeline in die Irische See gelangt. Seit den fünfziger Jahren soll insgesamt eine halbe Tonne Plutonium in die Irische See gefloss n sein. Dieses gefährlichste Gift der Welt wurde auch Uber die Schornsteine in die Luft geblasen, wenngleich man auch nicht feststellen kann in welchen Mengen dies geschah. Man fand im Umkreis von 3o km im Küchenstaub, in den Nahrungsmitteln und im Boden Rückstände dieses Giftes. Plutonium hat eine Halbwertszeit von einigen tausend Jahren. Unzählige Generationen werden mit diesem Gift leben müssen. Die gesundheitlichen Schäden der Bewohner dieses Gebietes sind nicht wegzuleugnen. Es tritt eine l 0mal höhere Leukc-r,ie- und andere Krebsartenrate auf, die besonders bei Kindern und Jugendlichen bedrohliche Ausmaße angenommen hat. Die zuständigen Lokal- behörden hatten Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung getroffen. Nicht etwa wurde der Betrieb des Werkes eingestellt, sondern es wurde der Strand gesperrt. Man verbot auch den Aufenthalt in der näheren Umgebung der Anlage. Was geht uns Österreicher eine Deutsche Wiederaufbereitungsanlage an? Die ökologischen Auswirkungen dieser WAA reichen weit über den örtlichen Bereich hinaus. Durch den 200 m hohen Schornstein wird ein beträchtlicher Teil an radioaktiven Stoffen bis weit in unser Bundesgebiet hineingeblasen. 3 Die Abwässer (es sollen jährlich 400.000 m radioaktives Wasser ausgestoßen werden) gelangen über die Naab, die vor Regensburg in die Donau mündet ebenfalls in unser Staats- gebiet. Tritt ein Störfall auf (z.B. wenn die Kühlung ausfällt) wird durch die radioaktive Strahlung ein riesiges Gebiet unbewohnbar sein. Dieser Störfall könnte um einiges größer sein, als der in Tschernobyl, da eine viel größere Menge an radioaktiven Substanzen gelagert wird (Tschernobyl 190 t Brennstäbe - Wackersdorf 1500 t Brennstäbe). Was es mit der extrem geringen Stör- anfälligkeit mit sich hat, zeigt ein Vorfall im Atomkroftwerk A Salem, der nach der Wahrscheinlichkeitsberechnung nur einmal in einer Million Jahre vorkommen sollte, sich zweimal innerhalb von drei Tagen ereignete! Wir leben nun einmal im 2o. Jahrhundert und jede der Technologien, die wir zur Vergrößerung {}! ff' !:;(ft b ~, 'fj'@lf) unseres Wohlstandes anwenden, bedingt Risken ----·----... ".7'r 11 Ji//~_./- und jegliche Industrieproduktion ist in kleinerem ~ S oder größerem Maß umweltschädlich. Diesen Preis müssen wir für die durch die technischen ;'Jllll'.-'.0,1; Geräte geschaffene Erleichterung zahleh. Gerade im Bereich der Energietechnik würde es jedoch durchaus anders gehen, der Verzicht auf die Atomkraft bedeutet nicht eine Verringerung unseres Wohlstandes (zurück in die Steinzeit).

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