Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, Ferbruar 1986

4 GRUNE BURGERINFORMATION Parken verboten - Ausgenommen Gemeinderäte Große Politiker haben große Privilegien - kleine Politiker haben kleine Privilegien. Die Privilegien - ob groß oder klein - werden mit Händen und Füßen verteidigt. So etwa dürfen die G<:!fl)einderä te der SP, VP, FP und KP ihre Autos auf dem SteY-er Stadtplatz parken, wo immer es ihnen beliebt. Der Antrag des GAL-Gemeindera ts Franz Ra moser auf Abschaffung des Parkrechts wurde niedergeschmettert. Auf ein Privileg verzichten ? kommt doch gar nicht in Frage ! Vor vier Jahren lösten die Steyrer Gemeinde- räte das lästige Probl m d .s Parkplatzsuchens auf einfache Weise. Mit in m einstimmigen Beschluß reservierten sie sich c in Achtel des Stadtplatzes. Wie hieß s do h im Schreiben des damaligen Bürgermeisters Franz Wciss vom 28.12.81 mit Zahl P-5261 an die Polizei: "Die Gemeindemandatare dürfen im Parkverbot d s Stadtplatzes vor dem Rathaus und auI anderen Parkplätzen während Sitzungen cles Gemein- derats parken, ohne von der Polizei bestraft zu werden. In Zukunft werden Lenker- benachrichtigungen, die Mandatare betreffen, die an Sitzungen teilgenommen haben, durch die Magistra tsdirektion bzw. durch das Sekretariat des Bürgermeisters direkt in das Wachzimmer Rathaus gebracht werden, um dort ein Einvernehmen herzustellen". Das Einvernehmen wurde fortan hergestellt. Kein Polizist schrieb mehr einen Strafzettel, wenn der Herr Gemeinderat stundenlang seinen Wagen im Parkverbot stehen hatte. Woher sollte der Polizist denn wissen, ob der Herr Gemeinderat nicht gerade bei einer wichtigen Sitzung war ? Der Polizist schrieb auch keinen Strafzettel mehr, wenn Frau Gemeinderat beim Einkaufsbummel den Wagen in das Parkverbot stellte. Woher sollte der Polizist denn auch wissen, ob die Frau Gemeinderat nicht vielleicht den Herrn Gemeinderat von einer wichtigen Sitzung abholte ? Welcher Polizist will schon gerne ein Risiko eingehen und dann von oben einen auf den Deckel bekommen ? Es herrschten paradiesische Zustände für die 3 6 Gemeinderäte, nachdem das Einvernehmen hergestellt worden war. Für 3 5 Gemeinderäte gibt es diesen para- diesischen Zustand noch. Der 36. Gemeinderat - Franz Ramoser von der GAL - verzichtete selbstverständlich auf das Recht, seine Autonummer auf die geheime Liste der Polizei eintragen zu lassen. Weil die GAL versuchen will, Mißstände abzuschaffen, versuchte Franz Ra moser bei Bürgermeister Schwarz, das Parkrecht für Gemeinderäte abzuschaffen. Nach Rücksprache mit der SP-Sektion lehnte Schwarz ab. Ebenso lehnten die Schwarzen, Blauen und Kommunisten ab. Ein Anfrage im Gemeinderat blieb ebenfalls ohne Wirkung. Man könnte glau- ben, daß nicht die Geschäfts- leute gegen einen autofreien Stadt-platz sind, sondern diejenigen, die sich ein Privileg geschaffen haben und nun - ohne Rücksicht auf die Steyrer Bevölkerung, für die die Steyrer Polizei sehr wohl Strafzettel zur Verfügung hat - verteidigen müssen. Wenn die Parteien auf ihr Privileg nicht verzichten wollen, sollen sie sich wenigstens dazu bekennen, fordert die GAL und schlägt als billigste Lösung die Anbringung von Zusatztafeln an den Verkehrszeichen vor: "Parkverbot - ausgenommen Gemeinderäte" (Kosten für die Tafeln zu Lasten der Nutznießer, versteht sich) . Freilich ist die billigste Lösung nicht immer die beste. Das weiß auch die GAL, die keine Neinsagerpartei ist, sondern bereit ist, an einer Verbesserung mitzuarbeiten. Sie hat zwei Vorschläge auf Lager: 1) Die 3 5 Gemeinderäte verzichten auf das Parkrecht. Als Ersatz gibt es Freifahrten mit den städtischen Autobussen zu allen Sitzungen. Das hätte doppelten Effekt, weil der vor- bildliche Verzicht auf das eigene Auto die Steyrer motivieren könnte, mehr die öffent- lichen Verkehrsmittel zu benutzen. 2) Statt (oder zusätzlich) der Freifahrten vor dem Rathaus einen Fahrradständer zu errichten, bei dem die Gemeinderäte sofern sie nicht zu Fuß zu den Sitzungen eilen, ihre Fahrräder abstellen können. (Wenn sie wollen, auch an den privilegierten Stellen). Der mehrfache Vorteil: ein ungerechtfertigtes Privileg wäre abgeschafft, der Stadtplatz hätte endlich den schon längst notwendigen Fahrradständer, eine gesündere Luft durch weniger Abgase und die Gemeinderäte kämen fitter in die Sitzungen und würden dann vielleicht mehr für die Radfahrer und den Umweltschutz tun.

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