Über die Grenze. In sengender Hitze führte unser Weg auf der herrlichen Reichsstrasse durch die Süd-Steiermark. Wir radelten wie toll, denn wir freuten uns auf das neue Land, das wir auf unserer Fahrt kennenlernen sollten. Endlich standen wir vor dem Wegweiser: "Spielfeld 5 km zur Reichsgrenze"' Wie von selbst bewegt sich unsere Kolonne auf einmal noch schneller vorwärts, obwehl es ge¬ gen Abend geht und die Strasse leicht ansteigt. Schnur¬ gerade liegt sie da - zwischen Mais - und Buchmeizenfel¬ dern und scheint überhaupt kein Ende zu nehmen. Aber schliesslich stehen wir doch vor dem Zollschranken. Langsam hebt er sich, und wir verlassen den deutschen Reichsboden. Nachdem unsere Pässe durchgeschaut sind, geht es ein paar hunder Meter auf neutralen Gebiet bis zum jugoslawischen Grenzbalken. Da ist es auf einmal ganz anders, fremde Aufschriften, fremde Uniformen! Was ist das für ein weiblicher Massenangriff auf Jugoslawien? "fragt der Zollbeamte im Scherz, aber man spürt doch ganz deutlich einen versteckten Hass dahinter. Viele von uns fahren zum ersten Male ins Ausland. Das, was nun vor uns liegt ist fremdes Land. Jeder von uns spürt die Sehnsucht nach dem Erlebnis in der Fremde.... Wir stehen alle still, eigentümlich klingt die fremde Sprache an unser ehr und reizt noch mehr unsere Fahrten-und Abenteuerlust. Die Grenzbeamten debattieren heftig auf slowenisch mitei¬ nander, dann erklären sie, Hibo dürfe nicht über die Grenze! Sie müsse zurück nach Spielfeld und von dort ab mit der Bahn nach Marburg fahren, um-sich dort das Visum zu besor¬ gen, das sie wahrscheinlich(!) dort kriegen würde. Da hilft nichts, nicht einmal Mimis äusserst energische Erklärung, dass Hibo ja unsere Reiseleiterin,sei, und daher auf jeden Fall mitmüsse, „Die Dame bleibt hier“ wird unerbittlich entschieden. In der Dämmerung, einen“Patschen" im Radl. nimmt Hibo von uns Abschied. Wir verabreden noch schnell dass wir bis dicht vor Marburg fahren werden, und dass 2 Mann“ sie am Bahnhof erwarten werden. Dann ist bereits der Grenzbalken zwischen uns. Wir singen ihr den "hätt i di" hinüber und sie stimmt ein" halts Maul, sei still... Schliesslich wird doch noch alles recht. Wir übernachten in einem Gutshof. Die Frau Baronin wollte zwar zuerst gar nichts von uns wissen und uns gar nicht einlassen. Aber zuletzt dürfen wir sogar in ihrer Küche Abendbrot und Früh¬ stück bereiten und die Küchenmädchen sollen uns dabei helfen. Auf der schönen, von Weinlaub umrankten Veranda dürfen wir sitzen, die elektrischen Lampen, die im Laub verborgen sind strahlen magisches Licht aus. Wir fühlen uns alle ganz gross, und als uns dann die Gutsfrau einen grossen Korb mit Apfel, Birnen und Eierpflaumen schickt, sind wir doch schnell finden wir wie aus allen Himmeln gefallen —- uns wieder zurecht und lassen uns den unerwarteten Nach¬ tisch gut munden.
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