"Großfahrt" in die Gottschee 1939

Von Eisenerz bis Leoben. Der Morgen war schon heiss gewesen und hatte einen strahlenden Tag versprochen. Wir hatten schon ein gutes Stück Weg hinter uns.. Hieflau-Eisenerz, Immer war es bergauf gegangen, aber, die Höhe des Passes vor Augen, drängten wir vorwärts, wir wollten uns ja unser Ziel er¬ kämpfen. Und nun begannen wir den Anstieg. Zwischendruch donnern die Sprengungen um den Erzberg und verrollen in den dunklen Wäldern. Zu beiden Seiten des We¬ ges steht dichter Fichten-und Tannenwald. Nur hie und da öffnet ein Holzschlag die Sicht ins Tal, in dem rauschend der Bach fliesst. Nun teilen sich auch rechts die Stämme. Ein kleines Wasser sprudelt auf die Strasse nieder, gerade recht für uns, durstige Seelen. Wir halten Rast. Eine rote Schlakenhalde verrinnt in einem Schlag und eine 3 m hohe Bretterwand schützt die Strasse vor Steinschlag.Bald geht es wieder weiter. Eine Kurve um die andere lassen wir hinter uns und haben schon viel an Höhe gewonnen. Von einem freien Platz sehen wir ins Land. Der Horizont der Hügel ringsum liegt schon unter uns. Langsam kriechen dort weisse Wolken auf... riesige Haufenwolken ballen sich bald¬ regendrohend- über uns. Die Sonnenstrahlen stechen nur mehr vereinzelt aus den Wolken,es fallen die ersten Trop¬ fen, leicht beginnt es zu regnen. Fast angenehm empfinden wir die Nässe auf unseren erhitzten Gesichtern. Mit doppel¬ ter Kraft und erhöhtem Eifer schieben wir unsere Räder aufwärts, es schimmert auch schon ganz hell durch die Bäu¬ me. Noch eine scharfe Kurve.... durch ein Viadukt hindurch und schon sehen wir die Passhöhe. Über uns rattert die Prebichlbahn. Die Strasse läuft frei, zwischen Wiesen in leichter Steigung über den Pass. Mittagsrast: Butterbrote mit Käse und frischer Milch. Noch nie mundete diee einfache Kost so gut. Wir freuen uns schon alle auf die bevorstehende Abfahrt! Der Wetter¬ gott hatte es ja besonders gut mit uns gemeint, die Stras¬ se ist richtig staubfrei, schön rein gewaschen von allem, was unsere Lungen verpesten wollte. Die Sonne lacht und freut sich das arge Wetter verjagt zu haben. Mit Saus und Braus geht es zu Tal. Kaum atmen können wir, denn scharf schneidet der Wind um Mund und Nase. Am Ende der Fahrt steht jede vor ihrem räuchenden, stinkenden Freilauf. eine kleine steirische Stadt, sah Vordernberg, zu, als wir um die Wette die Passtrasse herunterblitzten. Bevor es über das holprige Pflaster der Stadt hinausgeht müssen wir noch Ernas Rad in Ordnung bringen. Hermi läuft um einen Kübel Wasser, Hibo und Helen haben den Schlauch aus dem Mantel gekitzelt und - da steigen auch schon lus¬ tig Bläschen aus dem durchstochenen Schlauch, als wir ihn ins Wasser tauchten. Das Loch ist entdeckt, im Nu wird es gepickt sein. Wer gerade nicht beim Picken beschäftigt ist hat auch bestimmt keine Langeweile, den ein alter Schuster erzählt vertrauensvoll seine Lebensgeschichte und reicht stolz das Bild seines Enkelkindes herum. Bald ist der Schaden im Rad behoben, und es geht weiter. 6

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