"Großfahrt" in die Gottschee 1939

30 Über die Grenze. Glühende Mittagshitze-Staub. Unaufhörlich steigt die Strasse an. Wir fahren schweigend, eine hinter der anderen. Immer halten wir gleichen Abstand, Immer öfter gehen wir mit den vorgebeugten Schultern tief, wenn wir stärker treten müssen, um die Steigung zu nehmen. Und doch möchte keine von uns haben, dass wir jetzt Rast machen. Unablässig blicken wir nach vorne, wo weit, weit weg, weisse Kalkwände stehen und von stunde zu Stunde deutlicher und höher emporwachsen. Blendend leuchten sie in der fahlen Mittagssonne, dass uns die Augen davon wehtun, und trotzdem können wir sie nicht abwenden--denn da drüben liegt Deutschland. Eine innere Ungeduld wird in uns wach und wird stärker mit jedem km, den wir näher der Grenze kom¬ men. Die liegt noch weit vor uns am Bergkamm. Nocheinmal fahren wir durch ein Dorf, das letzte im Lai¬ bacher Becken Krtschrtsch, oder sonst irgend ein unaussprechlicher Name steht auf der Ortstafel. Und dann sind wir dicht an die Bergmassen herangekommen, es geht zwi¬ schen steilen Hängen aufwärts, immer dem schäumenden Wildbach entlang. Es ist jetzt so steil, dass wir nimmer fahren können, aber unazfhaltsam geht es weiter, Schritt für Schritt näher der Grenze. Ab und zu steht ein Grenzposten an Wegrand. Immer noch sengt die Sonne heiss auf uns herab. Wir machen es uns so kühl als nur möglich und wenn wir wieder eine besonders heisse, besonders steile Stelle hinter uns haben, gibts einen Schluck aus der Feldflasche, Was drinn war?Hört und staunt: Himbeerwasser! (Hochstapler) Nach ungefähr drei Stunden taucht unerwar¬ tet das jugoslawische Zollhaus auf. Ein Grenzbalken gebietet uns Halt. Am Hang oder auf der Strasse sitzen schon die Mädels unter ihnen lehnen und liegen verstaubt und teilweise recht hergenommen, unsere braven Stahlrös¬ ser. Schnell ziehen wir unsere Pässe aus den Rucksäcken und Hibo lässt sie ansehen. Dann sind wir drüben im Nie¬ mandslang. Da haben sie aber noch viel Arbeit heute, denn das steilste stück kommt erst, sagt man uns, aber wir ziehen frohgemut weiter. Da, was ist denn das für ein vier¬ beiniges Wesen? Eine Gemse, mit richtigen, wohl etwas schae chen Krickerln kommt auf uns zu. Es ist Resi, die zahme Gemse. Wir kraulen ihr das Fell. Sie beschnüffelt uns Gibts denn dös a?darüber sind wir uns einig. Dann ziehen wir uns in langer Linie auseinander. Die ersten sind vom Ehrgeiz beseelt, recht schnell oben am Pass zu sein, und ohne ein Wort zu reden, schieben sie los, und schwitzen und schwitzen. Wir 4 am Schluss schwitzen zwar auch nicht schlecht, aber wir machen es uns lustig und mit frohen Worten und Liedern geht es aufwärts-allerdings, langsam. Immer steiler wird es, und unsere Rucksäcke ziehen zu¬ rück. Wir beschliessen alle 200 Meter 3 Schluck - nun ists schon Wasser- aus der Feldflasche zu nehmen. „Ich hab noch was Gutes" sagt Hilde, und zieht verheissungsvoll ein

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