Die Gotik in Oberösterreich

Die umstehenden Schnitiwerke. J\laria und Johannes, waren Assistenzfiguren zu einem Kruzifixus. der etwa dem Gekreuzigten der Armenhaushalle in Steyr (Yergl. Seite 9 und Seite:- oben) entspricht. Yielleid1t sogar mit ihm identisch ist (N"äheres „Christl. Kunstblätter··. Linz a. d. Donau, 70. Jahrg. 1929, Seite 4-8, und 73. Jahrg. 1932., Seite +9- ';3): leider kamen sie in cler Nachkriegszeit iu das Landesmuseum zu Darmstadt inz

B esser als viele Worte wezsen die Bilder des folgenden Aufsa~es auf die Denkmale gotischer Kunst in Oberösterreich hin; während mir aber hiebei die Schranken des zur Ve,fügung stehenden Raumes enge Grenzen zogen, zählt der Text fast lückenlos das Wichtigste und Schönste auf, was wir an Gotik in Oberösterreich besi&en; oft mußte, um das Wichtigste nur zu nennen, ein trockener Name an Stelle begeisterter Schilderung treten. Wer unser schönes Land besucht und sich die Mühe nimmt, den Spuren der gotischen Kultur zu folgen, wird staunen iiber die Fülle unbekannter Schii~e, denen er auf Schritt und Tritt begegnet. Mit Unrecht wird Oberösterreich als Kunstland hinter andere Länder gestellt. Wer Freude am Suchen und Entdecken hat, wird in Oberösterreich auf seine Rechnung kommen: es ist ein noch unentdecktes Land. Dr. Gugenbauer Alle Informationen erteilt der Landesverband für Fremdenverkehr, Linz a. D., Landstr. 36, Tel. 7.3-90, 7.3-91. Depeschen: Fremdenverkehr Linz.

llrrßolih mllhttöllttrrirh Von Dr. Gustav Gugenbauer Die monumentalen Leistungen des österreichischen Barock sind allbekannt und sprechen so stark für sich selbst, daß sie kaum nachdrücklicher Empfehlung bedürfen. Was hingegen Oberösterreich neben den berühmten Altären von St. Wolfgang und Kefermarkt an gotisd1er Kunst in reid1er Fülle besiqt, ist weder in Osterreid1 nod1 im kunstfreundlichen Ausland hinreichend gewürdigt und bekannt. Weit über das ganze Land verstreut und oft abseits der Landstraßen haben sich aber in Oberösterreich Meisterwerke der Gotik erhalten, die eigentlid1 nur mehr der Empfehlung von Mund zu Mund bedürfen, um sich die verdiente Stellung in der Wertschäqung weitester Kreise zu erringen. Sd10n ein flüd1tiger Besuch der gotischen Sammlungen des oberösterreichisd1en Landesmuseums in Linz und des Stiftsmuseums m St. Florian bei Linz )äfü Steyr, Stadtpfarrkirche Steinfigm um 1430 Pbo!o: G. Gugenbauer ahnen, welch reiche Kultur in gotischerZeitimLande gebli.ihthaben mufl; und wer die Heerstraße verläßt, un1 die Kunst zu suchen,wird die stille Schönheit des Landes, die Adalbert Stifter zu klassisd1en Schilderungen anregte, · entdecken; er findet hier nod1 jene Stille, in der die ferne Stimme alter Kunst wieder vernehmlid1 wird; mand1er, dem die gotischen Werke :in den Museen nid1ts sagien und stumm blieben, wird so vielleidit erst den Weg zu den Urspriingen seines Volkstums finden. Die Kunst der Gotik, die nicht laut und aufdringlid1 ist, wird heute fast völlig übersehen; wer aber aud1 nur ein Werk der Gotik, sei es ein noch so besd1eidenes, wirklid1 erlebte, dem ist darn.it der Weg zu allen frei und er wird nid1t leicht ermüden im Bemühen, immer tiefer einzudringen in eine ferne, uralte Welt, die troqdern. uns vertraut ist wie eine zweite, die geistige Heimat. Am stärksten spricht gotischer Geist aus den drei oberösterreichischen Städten an der Salz-Eisenstraße: Steyr, Enns, Freistadt; sie sind in gewissem Sinne Hallstatt, katholische Pfarrkirche, Hauptportal Christliche Kunstblä!!er, Linz Photo: G. Gugenbauer

- ' "'"'-'1 ., ~ . ~ ·i ~~ "'• St. Florian bei Linz. Spitalskirche. Madonna Steinfigur um 1350 Photo: G. Gugcnbauer heute noch, und waren es in gotischer Zeit noch mehr, Grenzstädte; sie bergen nicht mu· im Steyr, Stadtpfarrkirche. Nordportal. St. Dorothea Steinfigur um 1400 Photo: G. Gugenbauer stärkste Einch·uck, den die Kunst der Gotik in Oberösterreich zu bieten hat. Nennenswerte Reste von Stadtmauern haben sidi i.ibrigens auch in Wels, Sd1ärding und Eferding erhalten. schücyenden Gürtel ihrer Mauern alte Kunst; von Freistadt aus versäumtkein Kunstfreund den Besuch von Kefermarkt, Waldburg und Rauhenödt; ebensowenigwird er von Steyr aus den Abstecher nach Frauenstein bei Klaus unterlassen, das sich in den lecyten Jalu·en mehr und melu· zu einer Wallfalu·tsstätte der Kunstfreunde entwickelt, ebenbürtig den weltberühmten Wundern der gotischen Altäre von St. Wolfgang und Kefermarkt; in Enns ersecyt der Stadtturm eine eigentliche Stadtburg, er verkörpert die Seele der Stadt; die gotische Befestigung ist besonders gegen Norden unbertihrt erhalten; die Friedhofkirche in Lorch mit Karne1· und Totenleuchte ist vielleicht der Enns, Steinmadonna im Minoritenkreuzgm1g an der Stadtpfarrkirche, um 1380 Stärker als aus den Stadtbildern wi.i.rde die Gotik aus der Romantik der Burgen. SdilösserundRuinen sprechen. Sd1lofl Clam bei Saxen ist eine der sd1önsten erhaltenen Burgen des Landes; das nahe ehemalige Stift Baumgartenberg, die gotische Pfarrkirche in Saxen mit ein paar Tafeln Glasgemälde(2.Viertel15.Jahrhundert) sind unbedingt eines Besuches wert. Von den Ruinen des Landes ist die Schaumburg bei Aschach reich an hervorragenden gotischen Details; die einsamen Burgruinen Prandegg und Ruttenstein im Herzen des Unteren Miihlviertels können am besten in Ver- Photo: G Gugenbauer 4

St. Florian bei Linz, Spitalskirche Steinfigur urn 1350 Photo: Dr. Gugenbauer Steyr, Stadtpfarrkirche, Nordportal, St. Dorothea Steinfigul' um 1400 Photo: Dr. Gugcnbaucr 5

Steyr, ,,Bummerlhuus··, Mitte des 15. JahrhllJlderts Photo: K. Thern. Steyr 6

Steyr. Spitalshalle. Kruzifixus. ]-lolzfi?:ur. Mitte des 15. Jahrhund erts Christliche Kunstblätter. Linz. Photo: Dr. Gugenbuue,· „Gnadenstuhl", gotisches Tafelbild um 1450, Linz, Landesmuseum Photo: Dr. Gugenbauer ?

.l lallstatt. Holzfigur ,.St. Johannes unterm Kreuz... um 1500. Tm Besitze der kathol. Pfarrkirche Photo: Dr. Gugenbaurr 8

Efercling, Spitalskirche Photo: Ostel'I'. Lichtbildstelle. Wien bindung mit Königs wiesen besucht werden, dessen Pfarrkirche ein spätgotisches Ne~gewölbe aufweist, das weit über die Grenzen des Landes Monumentale Kird1enbauten derGotikfinde11 sich in Braunau, Steyr, Eferding; in diesen drei Orten sind auch die Bürgerspitäler und ihre Kirchen als Denkmale gotischer Kultur wichtig und eines Besuches höchst wert; das Bratmauer Heiligengeistspital ist eine· Sehenswürdigkeit ersten Ranges und Rufes; das Steyrer Biirgerspital öffnet dem Besucher nicht nur seine herrlid1e gotisd1e Halle, sondern alle alten dunklen Gänge mit malerischen Ausblicken auf Burg und Flufl; die Schifer'sche Spitalskirche in Eferding birgt ein paar der sd1önsten Grabsteine des Landes, besonde1·s beachtenswert aber sind die Fresken der nördlid1en Kapelle, die von einem Wanderkünstler stammen mögen, der an den feinen Malereien lernte, die_den Adlerturm des Kastells von Trient beriihmt gemacht haben; auch die frühe sd1lanke Gotik dieser Kapelle wird dem Kenner unvergefllid1 sein. Die Eferdinger Pfarrkirche ist merkwürdig durch eine doppelspindelige Emporentreppe, die ähnlich in der Grazer Burg vorkommt. Andere gotische Raritäten Oberösterreichs sind die diamantierten Steindecken in der Sakristei der Pfai:Tkirche zu Allerheiligen bei Schwertberg und in einem Saal der Greiner Burg; das im Stadtardüv von Grein verwahrte Stadtbuch ist mit wertvollen Miniaturen aus der Zeit um 1.J.90 gesduniidd und darf als eine der intimsten Sehenswürdigkeiten des Landes gelten. Drei Viertel der Gesamtzahl der Kirchen hinaus berühmt ist. Ruine Spielberg ist eine gotische Wasserburg auf einer leicht erreichbaren Donauinsel nahe bei St. Georgen an der Gusen; ihre mittelalterlichen Herren hatten ihr schönes Erbbegräbnis in der Sd1erffenbergkapelle der LorcherKirche in Enns, wo sid1 nod1 ein schönes Hochgrab dieses Geschlechtes erhalten hat. Vergeblich suchen wir in den zahlreichen Klöstern und Stiften des Landes nach bedeutenderen gotischen Bauresten; selbst Kreuzgänge sind selten und ohne besonderen künstlerisehen Wert; sie haben sich in den Stiften Lambad1, Wilhering, Schlierbach und Reichersberg erhalten und bergen mand1en alten Kunstschat dem ihre Stille sehr zugute kommt. Steyr, Spitalshalle Clu·istliche Kunstblätter, Linz Photo: G. Gugenbauer 9

St. Georg. KöRlwang, Pfarre Wimsbach Mitte des 15. Jahrhunderts Photo: G. Gugenbauer Gewölbe freundlich blicken wie weithin grünes Land in1 Scheine der Frühlingssonne; das beste Beispiel dafür mag die prächtige Pfarrkird1e in Vöcklamarkt sein, die in ihrer heiteren Weiträumigkeit wie ein Symbol Oberösterreichs sind im Kern gotisch. Manche nur am Tag ihrer Kirchweih geöffnete, sonst kaum betretene, einsame Filialkirche ist ein kleines Juwel gotischer Architektur. Größere Landkirchen sind in Oberösterreich oft als zweisdii:ffige Hallenkirchen gebaut, deren lidite des Volkschru·akters dieser glückhaften Gegend erscheint, die längst die Sdiauer des Frankenburger Würfelspiels vergessen hat. Kleine Landkird1en voll Eigenart und Charakter sind St. Anna am Steinbruch bei Pürnstein im oberen Mühlviertel, Schauersberg bei Wels, Weigantsdorf bei Kremsmünster, Heiligenleiten bei Pettenbach, St. Blasien bei Bad Hall, Pulgarn bei Steyregg, das Agidikirdtlein am Hohenstein bei Pulgarn und viele andere, die der hastende Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts nie betreten wird. Tro~dem dürfen wir im Ringen um die Seele 10 unseres Volkes nie müde werden die ewigen Werte des Volkstums, für die die Gotik ja nur ein zeitliches Kleid ist, zu verkünden, immer wieder auf sie hinzuweisen, sie zu preisen: sie sind ein heiliges Pfand, das uns die Heimat, Blut und Boden, anvertraut hat, mit dem wir wuchern müssen. Und es genügt nicht, ehrfürchtig und pflichtschuldig vor den Wunderwerken anerkannter Böchstleistuugen zu stehen und hilflos sie anzustarren bis man müde wird - oder sich durch die Scha~kammern unserer Museen führen St.Florian , Detai 1, Linz, Landesmuseum Christi. Kunstblätter, Linz Photo: G. Gugenbauer Lesender Apostel, Kefermarkter Altar Photo: G. Gugenbauer zu lassen, bis man das Schönste nicht mehr ansehen mag; vielmehr spiegelt die Gotik sich im Kleinsten noch, wie Gott in jedem Menschen : das ist ein Grundzug, der tausendmal bestätigt wird. Ein Abglanz höchster Meistersdiaft fällt auf das Unscheinbarste, wie es denn das unerreichbare Glück der Gotik war, dafl man nur bei Meistern lernte : es gab keine Pfuscher; derselbe Sinn für Qualittit, dieselbe höd1ste Ehrlichkeit des Handwerks durchdringt alle Schöpfungen der Gotik. Die ,,Bauliütte" überwacMe Hunderte von Bauten: ein g e is t i g e s Unternehmertum, das den kompliziertesten Syndikaten des modernen Ständestaates mindestens ebenbürtig ist. Die

Stift Wilhering. Schaunberger-Gräber Zünfte aber bildeten in diesem Zusammenhang das organisd1e Gerippe für denhöd1st lebendigenKörper der Meister und Gesellen, die sich nur damals so frei und sorgenlos dort dem Dasein überlassen konnten, wo h e u t e der Künstler der Ungeborgenste der Menschen ist; ein stetes Wandern und Hinund Herströmen trieb alles zum Blühen; bis das Ganze, verblüht und müde, hinsinkt auf den Boden, dem immer Neues entStift St. Florian bei Linz, Jörg Kölderer Tafelbild, St. Margareta Christliche Kunstblätter, Linz Photo: G. Gugenbauer Photo: Otto Kaiser. Linz springt, zur Blüte bestimmt zwar, aber immer zu früh gelrnickt, wenn erst die Zeiten des Frühlings eines Volkes unwiederbringlich vorüber sind. Eingegliedert in die zentrale Organisation der „Bauhütte" waren neben der tragenden Hauptzunft der Steinme~e lose und unverbindlich die schmükkenden Künste der Bildhauer und Maler; aus kleinen Anfängen entwickelten sidi langsam und höchst organisdi, in und mit 11

Mondsee. ehern. Stiftskirche, Sakristeiportal, um 1500 den Städten, die Werkstätten; dort lernten dje }lmgen jahrelang in härtester Zucht und hatten, wie uns Dürer von sich selbst erzählt, unter der Rute und Roheit von Meister und Gesellen viel zu leiden, bis sdtliefllich die Freiheit der Wanderjahi·e ·winkte und die weite lodcende Welt endlich den der Enge der Werkstatt Entronnenen mit ihren Wundern umfing; mu- die Alten saßen grämlich hinterm Herd; die Jungen trieb es von Stadt zu Stadt. wie in der warmen Sommersonne die Bienen fliegen und an blauen Glocken hängend in vollen Zügen Honig trinken aus duftenden Bechern. Die Blüte eines Volkstums ist ein Wunder, das wir nicht zu Ende denken können, wenn es uns nicht selbst davon erzählt: die Griechen taten es för alle Menschheit, und die Deutschen dann in Sd1waben lmd Franken, am Rhein und an der Donau, in Klöstern und Städten, und die Nordgermanen auf ihren Zügen i.iher die Meere hin. Osterreich, als Kolonialland, erreid1t auch in Kunst und Kultm nicht jene Einheit und Höhe, die den deutschen Stammesländern von Natur 12 gegeben ist; Oberösterreich aber litt im besonderen danmter, daß es keinen kirchlichen Mittelpunkt besaß, der, wie Passau und Salzburg, zugleid1 eine städtisd1e Kultur entfaltete. Die Gotik ist ihrem Wesen nad1 und organisd1 an die Stadt gebunden und kann ohne diese Grundlage nidit gedeihen; die Residenzen der gotischen Epoche, die Festungen der Kirchenfürsten in Passau und Salzburg, waren auch Wunder der Kunst ihrer Zeit und hatten in ganz Deutschland nidit ihresgleidien. Die weltlid1en Fürsten dagegen wurden durdi das Aufkommen der Städte in ihren MitteL1 und in ihrer Macht eingesdiränkt; reiche Bi.irger hatten nun für die Kunst mehi· Bedeutung als der verarmende Adel, der, wie selbst der Kaiser, in den Idealen des Rittertw11S befangen blieb. Zünfte und reiche Bürger stiften in die zahlreichen Kirchen und Klöster Altäre, Tafeln, Gestühle und heilige Geräte; ein Wetteifer entbrennt, in Wohltun und Verewigung sich zu übertreffen. Ohne Erbarmen hat die Zeit fast alles vernid1tet, was einst der freudige Stolz und ein E--wigkeitshoffen von Generationen gewesen; wir aber vergolden heute mit almender Liebe die schicksalhaft verdämmernde Zeit jener fernen Blüte. Der Stein hat uns oft am treuesten die gotisd1e Form bewalirt, wo das edlere, weid1e Holz. der Jakobus der Altere Photo: G. Gugenbauer Holzfigur um 1500 (im Kunsthandel)

Linden spurlos verschwand; Grabsteine miissen uns verbrannte gotische Altäre erse4en; die schönen Stabwerktüren empfangen uns oft noch mit alter Pracht, wenn die Wände längst kahl sind und die Ge,völbe geborsten. Die Bildhauerei der Gotik ist in Oberösterreich vorwiegend Volkskunst, die sich des Holzes bedient; · Steinplastik kann sich beim Mangel monumentaler Architektur kaum entfalten, ist aber schon früh mit Meisterwerken vertreten. Die Steinmadonnen in der St.-Johannes - Spitalskirche in St. Florian bei Linz und im Kreuzgang des Minoritenklosters an der StadtpfaLTkirche in Enns überragen den Durchschnitt; Kennern sei zur Beachtung das Fragment einer köstlichen Madonnenstatuette des frühenvierzehnten Jalu·- hunderts empfohlen, die am Erdboden, versteckt unter dem Ecktisch des ersten Zinuner des Ennser Musemns steht. Die cl.Tei ausgezeichneten Steinstatuen am Nordportal der Stadtpfarrkirche in Steyr, wohl bald n~ch 1400 entstanden, sind vereinzelte Leistungen eines weit gewanderten Königswiesen. Pfarrkirche Gesellen, der die Kunst Böhmens und Passaus kennt; heute sind sie durch Ahstockung der alten Bemalw1g beraubt und schwer entstellt, sonst könnten sie neben Meisterwerken wie der Krmnmauer Madonna und den GroRlobminger Figuren des Wiener Staatsmuseums wohl bestehen. Die Steinplastik Oberösterreichs ist nur Bauplastik und selten genug: ein Tympanon am Südportal der Kirche in St. Wolfgang ist frühgotisch; etwas später entstand ein Tympanonfragment eines Kruzifixes mit Johannes und Maria im Schloflmuseum zu Cluistlid1e Kunsiblätter. Linz Jc:ferding, das wegen seiner Qualität und wege11 der großen Seltenheit gotischer Bauplastik genannt ,verden mufl. Ein gotisches Tympanon von 1499 befindet sich an der profanierten Spitalskirche zu Sdli:irding; weit wertvoller ist in derselben Stadt der prächtige Denkstein Herzog Ludwigs des Geba:rteten, des Städtegründers, aus Kunststein, im.Turmeingang der Stadtpfarrkirche. Steinguflfiguren kommen öfter vor, meist PietaGruppen in der Art der sogenannten thiemonischen des Salzbmger Gebietes: fast ]ebensgrofl

Steyr, Stadtpfarrkirche (siehe auch Seite 4 und 5) Photo: G. Gugenbauer ist ein St. Jakobus d. A. an der Empore der schönen Filialkirche in Weiga11tsdorf bei Ried bei Kremsmünster (gegen 1500); das sd1önste Stück in Kunststein ist der Allerheiligenaltar von 1518 in der Allerheiligenkapelle der Pfarrkirche in Altmünster bei Gmunden, im Figuralen noch ganz gotisch, im Aufbau und ornamentalen Detail aber reife, fast italienisd1e Renaissance. Vom Ende des Jahrhunderts stammen die Sandsteinplastiken am schönen Südportal der Eferdinger Pfarrkirche; sie haben durch Abstocken sehr gelitten. Diesen wenigen Steinfiguren steht ein Heer von Holzfiguren gegenüber. Alle diese Holzbildwerke waTen, wie übrigens aud1 die aus Kalk und Sandstein, farbig gefaßt, eine Fassung, die nicht einem Anstrich gleichkommt, sondern als liebevollste, feinste Belebung des Holzes gedad1t ist und sich wie ein Gemälde um den hölzernen Leib legt. Der technische Vorgang des Fassens wurde mit höchster Sorgfalt ausgeführt und die Fassung hat nicht nur jahrhundertelang die kleinen Unbilden der Zeiten, sondern auch Roheit und Unverstand der Menschen überdauert ;9 sie ist das wesentlid1ste Wirkungselement der gotischen Plastik und kam1, einmal ganz oder teilweise verloren oder beschädigi, nicht mehr vollwertig erseqt werden. Neben den Farben liebte man edles Gold an den Gewändern und an den Hintergrli nden der auf Holz gemalten Bilder. Aus Lindenholz sind die Altäre Oberösterreichs gefertigi, zartes Schniqwerk sind sie, vo11 unendlicher 14 Mannigfaltigkeit. in stock.hohen Aufbauten des Sprengwerkes über dem Schrein, in dem die Heiligen stehen, bis zur Decke der Kird1e in einem Giebel sich erhebend. An diesem Schniqwerk, das uns heute nichts sagt, das wir stumm bewundern, das, dem Auge fern, kaum zur Wirkung kommt, entfaltete sich das eigentliche Können der Sdmiqer, mehr als an den Figuren; und die Baldachine mit ihren komplizierten Aufbauten haben ebensogut einen ganz bestimmten, eindeutigen Ausdmck w-ie die Köpfe der Figuren. Erst wenn ein Geselle dieses beseelte Schniqwerk aus dem Lindenhlod-: zu holen verstand mit jener Sd1ärfe des Blickes, die den Schüqen ins Schwarze foeffen läßt, erst dann durfte er an die Gestalt der menschlichen Figur herangehen, als ein Reifer, dem das Holz unterm Messer sich formt, wie dem Sänger das Lied in der Kehle. Während wir die erhaltenen Flügelaltäre aus gotischer Zeit an den Fingern abzählen können, Steyr, Stadtpfonkird1e. Nordportal. St. Jakobus, Steinfigur um 1400 Photo: G. Gugeubaucr

Inzersdorf bei Schlierbach, Notkirche. Holzfigur um 1400 Christliche Kunstblätter. Linz. Ph~to: G. Gugenbauer sind Einzelfiguren aus ehemaligen Altären und Gruppen zu hunderten im Lande verstreut: fast immer beschädigi; neugefaßt, schled1t restamiert; selten erfreulich durch etwas anderes, als durdi ihr schlichtes Dasein; aber man mödite sie nicht missen, man möd1te ,-vünsd1en, daß sie ewig Wad1e halten auf ihren heiligen Posten; denn mehr als der Städter ahnt und wahrhaben will, sind sie heute ein Symbol der einzigen Kultur, die uns geblieben ist: der schlichten Einfalt christlich-deutscher Herzen. Etwas von diesem Besten lebt auch, kaum beachtet, in den Grabsteinen der gotischen Zeit. Wie seit jeher bei jedem Volke und in jeder großen Kunst die Gräberkultm und der Seelenkultus den religiösen Einfluß, die elementarsten Kräfte eines Völkerlebens am stärksten spiegeln, finden wir auc-h in der Gotik den Glanz der Kunst oft am stärksten ausgebreitet in jenen Kirchen, die über Grüften sich erheben: Kefermarkt über der Gruft der Zelking, Altenburg über der freskogesduni.ickten Prager-Gruft, St. Anna am Steinbrud1, die SchiferLinz, Wurmstra.fle 20 (Einfahrt). Holzfi~ur um 1450 Christliche Kunstblätter, Linz. Photo: G. Cugenha11er sehe Spitalskirdie in Eferding, die Sd1erffenbergKapelle in Lorch, die Losensteiner-Kapelle in GaTsten, die Starhemberg-Gruft in Hellmonsödt mit ihren herrlid1en Steinen, die im Lande einzigartigen Sdrnunberger-Gräberin der Stiftskirche zu Wilhering. In der Pfarrkird1e von Steyr erinnert der schöne Stein mit den „ vier gekrönten Heiligen" an den Baumeister der Kirche. Wolfgang Tenk; der zierliche Herzheimer-Stein erfollt den stillen Kreuzgang von Traunkirchen mit einem Leuditen ewiger Kunst, das selbst in den grauesten Wintertagen nidit erlischt; Bischof Mauerkird1er lebt heute nod1 in seinem herrlichen Grabstein am Braunauer Dom. Zweitausend gotische Altäre zierten wohl einst die fünfhundert Kirchen, die um das Jahr 1500 auf oberösterreidrischem Boden standen ; erhalten haben sich davon: die beiden vielleicht schon damals schönsten, di:::r Pad1er-Altar in St. Wolfgang und der Kefermru·ktet· Altar; dann dem Werte nad1: die Altäre in Hallstatt, Gampern, Pesenbad1, Rauhenödt, der Bäckeraltar in der 15

Pfarrkirche zu Braunau. der Kreuzaltar in Gebertsham. die drei gotisdien Altäre in Waldbmg bei Freistadt. Der älteste gotische Altm· des Landes ist der gemalte K1·euzaltar in Hallstatt, bald nach 1450. Zahlreiche Reste von Flügelaltfu-en kamen in die Museen des Landes, kleinere Bruchstücke, Relieftafeln, Gemälde, Einzelstatuen sind nicht selten, aber so verstreut, daß sie schwer erreichbm· sind und durch ihre unsichere Hel'lurnft für die Forschung von geringem Wert sind. Eine det besten Holzfigmen des Landes (um 1450) steht in der Kapelle des Seeschlosses Ort bei Gmunden, stammt aber aus der abgerissenen Maria-AngerKirche in Enns; etwa gleichzeitig. etwas derber und wohl passauisch. ist eine lebensgroße si~ende Mm·ia im Hausflur Wmmstraße 20 in Linz. Ein Juwel alter Kunst birgt das geschmackvolle, moderne Notkin'1ilein, das Stift Scblie1·bacb in Inzersdorf (an der Autohauptstraße Wels-Micheldorf) errichtete: eine lebensgroße stehende Maria. wohl noch vor 1400. Fast jedes Jalu· tauchen neue prächtige Stücke auf. die leider fast Steyr, Stadtpfarrkirclie, Südportal Photo: Ostel'I'. Lid,tbildstelle, Wien immer in den Handel kommen; sie beweisen, dafl Oberösterreich zur Zeit der Gotik eine eigene blühende Kunst besafl, die dmchaus bodenständig war; selbstverständlich fand auch reger Import aus Passau und Salzburg statt. Traunkird1en, Pfarrkirche, Kreuzgang, Herzheimer-Stein Christ!. Kunstblätter, Linz 16 Wie die Lieblingsktrnst und eigentlidie Volkskunst de1· Gotik die Holzsclmi~erei war, so hat das Volk aucl1 fast nur die Plastiken derAltäre einer Erhaltung wert erachtet, während die gemalten Teile der Altäre zugrunde gingen ; nur die höher kultivierten Kunstsammler der Kunstkammern der Stifte retteten mit Vorliebe die alten Gemäldetafeln : so bergen die Stiftsmuseen von St. Florian, Kremsmünster, Schlierbacl1, Sdilägl zahlreidie höcl1st wertvolle gotiscl1e Tafelbilder, deren Qualität zum Teil zwar keine hohe ist, die aber eine bodenständige Sdmle aud1 hier beweisen. Die Tafeln Albredit Altdorfers im Stift St. Florian sind ein weltberi.ihmter Sdia~; ebenbürtig sind ihnen im Lande nur die Gemälde des Pad1et'-Altares in St. Wolfgang. Eine fri.ihe, unberiihrt erhaltene Tafel ist ein „Gnadenstuhl" (mn 1450), der aus der Burgkapelle des Sdilosses Sdilüsselberg bei Grieskird1en ins Linzer Landesmusemn kam. Oberösterreidüsdi oder salzburgisch ist die kleine Tafel einer „Gebmt Christi" (vor 1400) im Stiftsmuseum Krems-

Waldburg bei Freistadt. Pfarl'kirche, drei gotische Altäre um 1520 Photo: Ohennayr. Freistadt Hallstatt. katholische Pfarrkirche. Kruzifixus in der Vorhalle. 11m 1520 Photo: Dr. Gugenbauc, 1?

St. Wolfgang. Pacher-Altar, ,,Versuchung Christi" Photo: Osten. Lichtbildstelle, Wien 18

...... I.C St. Wolfgang, Pacher-AILar Pliolo: Sepp Gastbcrgcr, SI. Woll'ga11g Kefermarkter Altar Photo: Alois Sdnn1rz, Linz

Hallstatt, katholische Pfarrkirche, gotischer Hochaltar Photo: Osten, Lidllbildslelle, Wien 20

Wels, Stadtpfankirs:he, Glasgemälde „Sündenfall" mönster. Schon aus dem Ende des Jahrhunderts stammt ein umfangreicher Zyklus in der Pfarrkirche zu Wartberg an der Krems. Bereits dem entwickelten Donaustil gehören ch·ei Passionstafeln in der oberen Sakristei der Pfarrkirche in Gaspoltshofen und ein St.-Wendelins-Bild in der PfaTI'kirche zu Allhaming an. Weitere Schäeye birgt das oberösterreichische Landesmuseum in Linz. Daß in den Stiften und Klöstern die Buchmalerei gepflegt w1.ll'de, beweisen die Schäeye, welche die Stiftsbibliotheken heute noch ver- ,v ahren; ein wertvoller miniattll'geschmückter Kodex aus Stift Mondsee, um die Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden, ist im Linzer Landesmuseum ausgestellt; mit kostbaren Bildem ist das Stadtbuch von Grein an der Donau geschmückt, ein Werk der friederizianis<hen Hofkunst un1 1490. Zu den einch·ucksvollsten Einzelfiguren gotischer Zeit gehört in Oberösterreich ein St. Georg in der Filialkirche in Kößlwang und derselbe Heilige in der Filialkirche Affnang, beide fast gleichzeitig und doch so grundverschieden, daß sie unvereinbar nebeneinander stehen. Eine der wertvollsten Einzelfigmen oberösterreichiscl1er Gotik ist ein St. Florian im oberösterreichischen Landesmuseum in Linz (mn 1460), eine halblebensgroße Statue, die unter dem Einfluß des Bildhauers Niclas van Leyden entstanden sein Photo: G, Gngenbauer Wels,Stadtpfarrkirche, Glasgemälde, Detail aus der Hinrichtung J ohannes des Täufers Photo: G. Gugenbauer dürfte. Die reife Spätgotik, die am Iim mit Krenifl und Leinberger so mächtig verklingt, ist im Linzer Landesmuseum mit vollwertigen Proben ihrer Leistungen vertreten; in diesen Zusammenhang gehört ein meisterhaftes Wanclalfärcl1en mit einer plastiscl1en Enthauptung der heiligen Katharina im Sclirein (mn 1500 w1d wohl alsWerk derpassauiscl1en Kunst entstanden) im Linzer Landesmuseum; es repräsentiert die überreife gotische Schnieykm1st, die eigentlicli nm mehr rnaleriscl1e Ziele kennt: wo die fräi1kisme Kunst in ihrer Plastik auf jede Bemalung verzichtet, geht umgekehrt die gleichzeitige oberösterreichische völlig in der Malerei auf; der Donaustil mit 21

Pram, Pfarrkird1e. Glasgemälde aus dem 14. Jahrhundert Christliche Kunstblätter, Linz Photo: G. Gugenbauer seiner romantischen Stimmung reißt die Plastik mit sich; die Gesamtentwicklung des oberösterreichischen Reliefstils zeigt, wie dieser von jeher für jede Rezeption der Errungenschaften der Malerei prädisponiert war und als ausgesprochen bodenständige Kunst neben eine importierte oder unselbständige Malkunst tritt. Dem entspricht es, wenn Oberösterreich kaum nennenswerte gotische Fresken und Glasgemälde produziert: im späten 14. Jahrhundert entstehen Wandgemälde in Enns (Barbaraturm) und Lorch (Friedho±kirche) und in der oberen Burgkapelle des Sd1losses Clam bei Saxen ; um 1400 zu datieren sind die herben Fresken in Pischelsdorf bei Mattighofen; die prächtigen, leider schwer sid1tbaren Fresken an der Decke der Seitenkapelle der Sclüfer'sehen Spitalskirche zu Eferding knüpfen, wie scl10n gesagt, an die Fresken im Adlerturm des Schlosses zu Trient an ; nennenswert sind die späten Fresken über dem Hauptportal der katholischen Pfarrkirche zu Hallstatt. Der gröfüe Freskenschaq Oberösterreichs ziert die unterirdische Gruft der Prager in der Filialkirche zu Altenburg bei Perg; 1512 datiert, sind sie von vorzüglicher Erhaltung. größeren Zyklus im Kreuzgang zu Reichersberg, die drei Scheiben zu Ottnang bei Wolfsegg, das große Pesenbacher Fenster im Stiftsmuseum von St. Florian könnten passauischer Herkunft sein; für Steyr ist ein Meister Micl1el archivalisch belegt, dem versclüedene Scheiben in der Stiftskirche Zwettl, N.-O., in der Pfarrkirme zu Steyr, in St. Martin im Mühlkreis, Saxen bei Grein, Krennstetten (N.-O., zum Teil aus Weyer an der Enns stammend) angehören dürften. Isoliert stehen die recht frühen Fragmeiüe und Scheiben der Pfarrkirche zu Pram bei Neumarkt-Kallham Die wenigen erhaltenen Glasgemälde sind kaum im Lande selbst entstanden: der große Zyklus in der Welser Pfarrkirche (um 1360) dürfte Regensburger Import sein; die wenigen Scheiben in Pasching (um 1420) könnten einer Wiener Werkstatt entstammen; die Reste eines Wolfgang von Pollheim (t 1512), auf einem Glasgemälde im Stiftsmuseum St. Florian bei Linz Christliche Kunstblätter, Linz Photo: G. Gugenbauer 22

aus der Zeit und Richtung der Tafelbilder des Verduner Altares: dieser Zusammenhang sichert ihnen die Aufmerksamkeit und das Interesse jedes Kenners österreichischer Kunst. Von allen oberösterreichischen Städten hat Steyr bis heute den gotischen Charakter am besten bewahrt; das entspricht aud1 dem gesduchthchen Befund: Steyr war im 15. Jahrhundert vielleidit reicher, tätiger, betriebsamer, wie das allen Wirren ausgeseQte Wien; seine Lage an der bedeutsamen Straße, die das Eisen an die Donau schaffte, sidierte der Stadt alle Vorteile, ohne die ein Kunstleben undenkbar ist: materiellen Reichtum, Austausch der Kräfie, vielseitige Beziehungen zu fremden Kulturzentren. Neben Steyr waren Wels, Enns, Freistadt bedeutend, Linz aber als Kulturzentrum kaum nennenswert; Linz war nur Umsd1lagplaQ; die Residenz Kaiser Friedrichs III. hatte bei der Armut des Kaisers für das Kunstleben wenig zu bedeuten; wir wollen aber nicht vergessen, daß Dürers Vater den Kaiser einmal auf seinem Linzer Schloß besuchte und ilim Kunstwerke (wohl Stiche, Sdinitte lmd ähnliches) zum Kaufe anbot; der Brief, den er aus Linz an seine Frau, Dürers Mutter, sclu·ieb, ist in Nürnberg erhalten. Friedrid1 III. starb in Linz, Kaiser Maxinulian in Wels; dieser Kaiser weilte anläßlich der Jagd gerne in Steyr; wir finden ihn dargestellt auf dem bedeutendsten Kunstwerk, das Oberösterreich aus der Zeit der Spätgotik besiQt, der SchuQmantel-Mru-ia von Frauenstein bei Klaus; die überlebensgrnße Figur gilt allgemein als ein Hauptwerk des Augsburgers Gregor Erhart, der im Dienste des Kaisers eine Reiterstatue in Erz gießen sollte, ähnlich den Renaissance-Reiterbildnissen des Colleoni und Gattamelata in Italien; der Tod des Kaisers vermnderte dann die Ausführm1g dieses Planes. Dagegen hat sich die SchuQmantel-Maria des großen Augsburgers unberührt in dem Kirchlein in Frauenstein bei Klaus (Schnellzugstation der Pyhrnbalm) ei·- halten; ob sie in einer Steyrer Werkstatt entstand oder importiert wmde, ist nicht zu beweisen. Da aber die Hand Gregor Erharts auch am Kefermarkter Altar (an der heiligen Katharina im Gespreng, an den „Wäd1tern", run St. Cl1Tistoph und an den ornamentalen Teilen) festzustellen ist, anderseits andere Zusammenhänge des Kefermarkter Altru·es n1it gleichzeitigen Plastiken nad1 Steyr weisen, ist es wahrscheinlid1, daß in Steyr jene große Werkstatt bestand, Frauenstein bei Klaus, Photo: G. Gugenbauer Sdmqmantel-Maria, Detail. Um 1510 Stiftsmuseum St. Florian bei Linz, Photo: G. Gugenbauer Relief, Kaiser Maximilian, ca. 1520 2;

uns nur mühsam rekonstruieren: zwei meisterhafte lebensgroße Holzstatuen der Apostelfürsten in dem Bergkirchlein St. Sebald am Heiligenstein bei Gaflenz bei Weyer an der Enns vervollständigen einigermaßen unsere Anschauung von steyrischer Kunst. Stiftsmuseum St. Florian bei Linz, Photo: Osterr. Lid,tbildstelle, Wien Kaiser Maximilian hat vielleicht die Frauensteiner Maria in das Bergkirchlein gestiftet, in dessen Umgebung er zu jagen pflegte; von Steyr aus besuchte der Kaiser auch Stift St. Florian, wo damals der bedeutendste Altar der Donauschule von Albrecht Altdorfer aufgestellt ,vtrrde.Dessen plastische Teile sind uns leider verloren und wir können sie uns kaum vorstellen; eine etwas spätere, fast lebensgroße Marienfigur aus Steyr kam ins Liebighaus nach Frankfmt am Main; sie steht dem Leinberger sehr nahe; die Plastik des Florianer Altarwerkes kann unmöglich so fortgesd1Tittengewesen sein, wie diese Figm, die vielleicht bis 1530 hinaufzurücken ist; weder Steyr selbst, noch sein Museum, noch dieUmgebungweistheuteWerkeauf. die dem Stil der Altdorfer-Zeit entspred1en; aud1 dmch den Handel ging nidits älmlid1es. Wir stehen also hier vor einem Problem der oberösterreichisd1en Kunstgeschichte. Viel Albrecht Altdorfer. Tafelbild, ,,Christus am Olberg" der der Kefermarkter Altar und die Frauensteiner MaTia entstammen; die übrigen Werke dieser Werkstatt gu-igen offenbar beim Stadtbrand 1522 zugrunde. Damals brannte die groHe Stadtpfarrkirche aus, die man im Laufe eines Jahrhunderts mit den Höchstleistungen heimischer und auswärtiger Kunst aufs reichste geschmückt hatte. Es ist kein Wunder, wenn uns heute der Schlüssel zur obe~·österreichischen Kunstgeschichte fehlt, da damals eine einzige Nacht vernichtete, was Generationen geschaffen hatten. Nur der Kruzifixus der Spitalshalle in Steyr lä.Rt uns ahnen, was die oberösterreichische bodenständige Kunst an Höchstleistung zu schaffen imstande war; verwandte Assistenzfiguren im Landesmuseum zu Darrn.stadt, die durch den Welser Kunsthandel gingen, ergänzen das Bild, das wir 24 brennender ist aber die Frage nach dem Meister von vier, fast quadratisd1en Tafelbildern, die, doppelseitig bemalt,von einem der wertvollsten Altäre stammen, der sich in derStiftskird1e von St. Florian befunden haben dürfte; Stilzusammenhänge mit der kaum greifbaren Gestalt Jörg Kölderers (des Lehrers Altdorfers, wie wir fast glauben dürfen) sind fühlbar; voll Rätsel und geheimnisvoll reif steht hier eine Künstlerpersönlichkeit vor uns, die das Können und Fühlen der Spätgotik zu Meisterwerken steigert, die das Höchste darstellen, was die österreichische Schule der spätgotisd1en Malerei zu leisten imstande war; sie ist aud1 der Ursprung jener romantischen Richtung der deutschen Kunst, die als Donaustil in unseren Gegenden in kmzer Bli.ite das le~te Wort der Gotik spricht und ihr Erbe dem neuen Stil, der Renaissance überantwortet.

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