Die Stiftskirche von Garsten

3. Die Pfarrkirche zum hl. Johannes dem Täufer und Stefanus. Zwar wird das Patrozinium namentlich erst 1365 erwähnt 18 ), doch spricht schon das um 1170 durch Markgraf Otakar an Papst Alexander gerichtete Bittschreiben von einer Taut- kirche, die seine Vorfahren vom Bischof von Passau erhalten haben 19 ). Das später genannte Patrozinium Johannes des Täufers weist auf diesen Titel hin, das Stefans ­ patrozinium bezeugt die frühere Abhängigkeit von Sierning und Passau. Auch wird schon vor 1082 ein Pfarrer W olfgang erwähnt, der von Otakar I. für die Pfarre die Schenkung eines Waldstückes drüber der Enns erwirkte 20 ). Der Standplatz dieser ältesten Kirche war wohl schon anfänglich der der späteren Pfarrkirche an der Stelle heutigen Pfarrheimes. Neben diesen Kirchen besitzt Garsten um 1140 schon alle zum Klosterbetrieb nötigen Bauwerke: Anschließend an die Kirche: Sakristei, Kapitclsaal und Kreuzgang, Konvent ­ gebäude mit Dormitorium und Refektorium (Schlafsaal und Speisesaal), mit Wärme ­ stube, Küche und Keller; Schaffnerei und Pfisterei (Backstube); Infirmarie (Kranken ­ stube) für den inneren und sehr bald ein Spital mit eigener Kapelle für den äußeren Krankendienst; eine Klosterschule 21 ) zur Heranziehung des Nachwuchses, aber auch für andere Schüler: schließlich eine Herberge, die vom übrigen Klosterbetrieb abge ­ sondert ist. Das Stift ist von einer Mauer umgeben, die Pfarrkirche liegt außerhalb der Einfriedung. • Das Bertholdigrab und die Kryptafrage Der hl. Berthold starb am 27. Juli 1142. Man wählte für sein Grab als Ehrenplatz eine Stelle in der Mitte der Stiftskirche vor dem Chor 22 ) und es wurde bald gern be ­ suchtes Pilgerziel. Bei einer nach längerer Zeit vorgenommenen Eröffnung fand man den Leib noch unverwest 23 ). Nun wurde das Grab reicher ausgestattet. Schon vor 1173 wird es als tumba, als Hochgrab bezeichnet, um 1210 als Mausoleum 24 . Beim verheerenden Klosterbrand von 1219 stürzte die Glut von Holzdecke und Dachstuhl über das Grab. Als man es daraufhin ein zweitesmal öffnete, sah man das purpurrote Meßkleid, in dem Berthold bestattet war, wie neu und unversehrt 25 ). Am 16. Juli 1236 erfolgte eine bischöfliche Kultanerkennung für den hl. Berthold durch Bischof Rüdiger von Passau. Das war der Anlaß für die Errichtung eines Epitaphs in der Nähe des Grabes. Ein Bericht der Vita von 1248 beschreibt cs: „in monumento in testimonium meritorum viri dei circa sepulchrum ipsius columpne erecte et testu- dinem supportante. “ In der Nähe des Grabes wird eine Inschriftplatte mit einem Text zum Lobe des Heiligen an einer Säule angebracht, die das Gewölbe trägt. Daneben werden Weihegaben aufgehängt 2 *). Wir finden hier den Hinweis auf eine halbunterirdische Ostkrypta, die sich oben mit Säulenarkaden gegen das Langhaus öffnet. Vor diesen befindet sich das Bertholdi ­ grab, die Gewölbe tragen das Presbyterium mit Hochaltar und Mönchschor. Die Krypta stammt aus der ersten Bauzeit um 1080 und entspricht den Gepflogenheiten der Gorzer Reform, die hier in Garsten. weil es ja ein Kanonikerstift war (mit der lokalen Regel Eberhards), nicht als Consuetudo, aber doch als bauliches Vorbild wirksam wird. Die Stifterin Elisabeth ist in der Krypta bestattet, ihr Gedächtnistag wird alljährlich feierlich begangen. Als 1107 die Kanoniker zu diesem Gedächtnis am Grabe versammelt sind, ruft ihnen Otakar von der Kirche aus hinunter, es sei dies die letzte derartige Feier, weiterhin solle sie in anderer Form stattfinden: „quia mo- nachis, qui hic habitaturi sint, talem novimus consuetudincm non convenire. “ Otakar schickt die Kanoniker weg, er will Benediktiner einführen und weist dabei deutlich hin auf die Gonsuetudines von Cluny-Fruttuaria, die für die Krypta keine liturgische 6

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