Die Stiftskirche von Garsten

weißem Sandstein und ist technisch vorzüglich gearbeitet. Seit der 1942 erfolgten Restaurierung zeigt es auch die schöne alte Bemalung. Zu ihm gesellen sich die Steyrer Portalfiguren (eine Maria im Diözesanmuseum Linz), die ursprünglich zu einem Altar- oder Grabbau gehörten. Vielleicht entstammt auch der berühmte Schmerzens ­ mann vom Pfenningberg (Auferstandener) einer Garstner Kirche, nämlich St. Magda ­ lena bei Linz. Unter Abt Friedrich wurde für den Glockenturm des Stiftes eine 10 Zentner schwere Glocke gegossen 57 ) und in der Pfarrkirche ein Wolfgang- und Leonhardaltar errichtet. Als 1466 das Stift zweimal durch die böhmischen Söldner des Jörg von Stein geplündert wurde, begann Abt Berthold III. (1461 — 1473) die Klostermauer zu verstärken, umgab sie mit Wall und Graben und errichtete an der Enns einen Wehr ­ turm. Zwischen Stifts- und Pfarrkirche erbaute er eine neue Abbatie und ließ deren Eingang bauplastisch mit einem Heiland unter dem Kreuze schmücken 58 ). 1467 war in der Pfarrkirche die Einwölbung vollendet 59 ), 1471 erfolgte die Einweihung. Zu dieser Zeit ging eine letzte spätgotische Bauwelle über das Land. Im Enns- und Steyrtal wurde um diese Zeit in jeder Kirche gebaut. Kaiser Maximilian wandte seine besondere Gunst der 1488 geweihten Kirche in Frauenstein zu und widmete die Rosenkranzmaria, ein ergreifendes Symbol: der Kaiser und sein Volk flüchten unter Mariens Schutzmantel. Unter Abt Pankraz (1524 — 1537) brach die Reformation in Steyr ein. 1532 drangen die Türken brandschatzend über die Enns. Eine schwere Türkensteuer er ­ zwang den Verkauf der Herrschaft Biberbach. Doch wurden im Stift eine neue Bäckerei, ein neues Gästehaus und ein Gaststall errichtet. Der Glockenturm wurde um zwei Stockwerke erhöht (wohl der Torturm), die Pfarrkirche erhielt 1536 einen neuen Hochaltar. Abt Wolfgang Kronfuß (1537 — 1559) ließ eine große Tafel mit den Bildern seiner 38 Vorgänger malen, die sich heute im Sommerchor befindet. Im Kapitelsaal errichtete er sich einen Grabstein mit einem Vers seines Freundes Gaspar Bruschius, aus dem schon leise der neue Glaube spricht. Abt Anton I. Prundorfer war protestantisch und erlaubte im Stifte freie Reli ­ gionsausübung; es gab einen äußeren und einen katholischen inneren Konvent. Das Stift kam auch wirtschaftlich an den Rand des Abgrundes. 1565 wollte man in bilderstürmerischer Art beim Ketzerfriedhof in nächster Nähe des Stiftes ein Marienbild verbrennen 60 ). Es wurde dann in die Enns geworfen, aber von Passanten gerettet und zum Prior P. Martin Regel gebracht, der noch mit Mühe eine kleine Schar Getreuer zusammenhielt. Die Holzplastik wurde bald darauf über- mantelt und neu geschnitzt und steht heute als „Wunderbare Muttergottes “ beim Marienaltar. An der Rückseite zeigen sich zwei kniende Stifterfiguren mit Resten einer alten Bemalung und Brandspuren. Die Figur erweist sich im Kern als romanische Plastik im Typus einer Nikopoia, vermutlich aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts. Alte Klostersiegel zeigen deutliche Anklänge an dieses Werk, so daß wir in ihm viel ­ leicht das ursprüngliche Stifterbild erblicken dürfen: Otakar und Elisabeth knien zu Füßen des Thrones, auf dem Maria mit dem Kinde sitzt. Die heutige Fassung stammt von Franz Xaver Wittmann 1784. 1567 überflutete eine große Überschwemmung sogar die Altäre und verdarb Bücher und Urkunden. Deshalb wurde 1577 ein neues, höher gelegenes Archiv ein ­ gerichtet 61 ). 11

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