Das Districtscommissariat Garsten in Österreich ob der Enns.

Oesterr eichtsch es Bürgerblatt f a r Verstand, Herz und gute Laune. 65 Montag, drn i3. August 1827. Noch erschafft sich dl, sipplae Kraft erdichtete Schranken, Und dem willigen Mntl- fehlt noch die Pflicht und der Zweck. Schiller. Aus einem Hirtenknaben ist so viel geworden! ' * ) *) Feyerstunden der edleren Jugend. Wien L8L7. In dem Zahre l6y5 ward Valentin Düval zu Ar- tonnay, in der französischen Provinz Champagne, gebo ­ ren. Artonnay ist ein kleiner Marktflecken, der aber da ­ mahls schon so herunter gekommen war, daß er einem geringen Dorfe ähnlich sah. Alle Häuser waren mit Stroh gedeckt, und die Einwohner lebten in Dürftigkeit. Seine ältern waren Bauersleute, und sein ganzer erster Un ­ terricht bestand darin, dasi er einige Gebethe, und etwas auS dem Katechismus auswendig lernte. Er war bereits acht oder nenn Jahre alt, als er zum ersten Mahle, da er zufällig bey dem Pfarrer deS OrteS war, weißeS Brot zu Gesichte bekam, welches er für etwas ganz Außer ­ ordentliches hielt, da ihm bis jetzt nur grobes und schwarzes bekannt war. Eben so wenig wußte er etwas von Bekleidung der Füße; er ging barfuß, weil ihm die Holzschuhe, die dort gewöhnlich sind, zu unbequem waren. Schon als Kind liebte er Ruhe und Einsam ­ keit. Ein Streit unter seinen Gespielen war ihm etwaö Schreckliches, und da deren immer welche vorfielen , so mied er ihre Gesellschaft, und vergnügte sich allein in Gebüschen und alten Gemäuern, horchte auf den Ge ­ sang der Vögel, lag oft an kleinen Wasserfallen, fühlte Vergnügen an dem Rieseln der Bache und dem Säu ­ seln des Schilfrohrs , ohne eigentlich zu wissen warum, v^er er jagte nach Schmetterlingen. Einen schönen Baum, ein anmuthiges Wäldchen, eine angenehme Landschaft konnte er oft stundenlang ansehen. Bisher hatte Düval seine Lebenszeit außerordent ­ lich vergnügt hingebracht; allein das änderte sich, da ihm seine Mutter einen Stiefvater gab , der wohl eine menschliche Gestalt, aber wenig menschliche Gesinnun ­ gen und Gefühle hatte. Er mißhandelte den armen Kna ­ ben so, daß es ein Wunder war, daß er nicht an Leib und Seele verunstaltet wurde. Unter allen Oualen , die der junge Mensch am meisten zu erdulden hatte, war aber der Hunger die gewöhnlichste. Er litt eines TageS außerordentlich, sah in einem Garten abgefallene Früch ­ te liegen, stieg, um seinen Hunger etwas zu stillen, über die Hecke, und siel gierig über das Obst her. Allein der Eigenthümer lam herbey, und Düval musite sein Heil in der Flucht suchen. Er hatte sich schon lange mit dem Gedanken getra ­ gen, das väterliche Haus zu verlassen, um der harten Behandlung zu entgehen. Da er jetzt glauben mußte, daß ihm sein Stiefvater auf das grausamste begegnen würde, wenn er hörte, daß er in des Nachbars Gar ­ ten gestiegen sey, so beschloß er, sogleich den Gedanken auSzuführen, und lief, so sehr er konnte, ohne sich nur ein Mahl umzusehen, länger als eine Stunde, weil er sich immer verfolgt glaubte, querfeldein, bis er ein Ge ­ büsch erreichte, in das er hastig eindrang. Zn der Hitze und bey der Dunkelheit des Gebüsches, da es schon ge ­ gen Abend war, stürzte er plötzlich mit dem Kopfe in eine mit Schlamm angefüllte Wolfsgrube. Leicht hätte er da sein Grab finden können; denn da der Schlamm zäh und tief war, so gelang es ihm n^r-mit großer Mühe, sich heraufzuarbeiten. Wie ängstlich und bange ward ihm aber, da er bemerkte, daß die Wände der

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