Josef Drausinger - Führer durch Steyr 1959

Rundgang • ENNSDORF UND STEYRDORF Wer mit der Bahn nach Steyr komn1t, wird zunächst enttäusd1t sein. Ein ärmlicher Bahnhof empfängt ihn und entläßt auf einen Vorplatz, der in Stoßzeiten die Omnibusse kaum zu fassen vermag. Auch die stadteinwärts führende Bahnhofstraße unterscheidet sich in nichts von den üblichen Geschäftsstraßen kleinerer Städte. Wer dagegen die in den Bahnhofplatz mündende »Ko1npaßgasse'' wählt, gelangt schon nach wenigen Schritten - vorbei an der Evangeliscl1en Kirche und einem 1958 gebauten Hochhaus - an das Ufer der Enns und wird kaum einen Ausruf des Entzückens unterdrücken können, wenn er die Straße quert und an die Uferböschung hera11tritt. D enn ihm zu Füßen liegt, wie aus einer Spielzeugschachtel hingestellt, die A l t s t a d t. Auch der mit dem Wagen Ankommende und im Hotel Minichmayr am Brückenkopf der Enns Absteigende hat durch die kurze Kollergasse nur wenige Schritte hieher. Eng an- einandergeschmiegt reiht sich dem Betrachter gegenüber behaglich Haus an Haus, und die langen Zeilen ordnen sich übercinander- geschid1tet um Schwerpunkte, die sie stolz übe1·ragen: Das Südende bildet der mächtige Dom der Stad t p f a r 1· e, schräg gegenüber dehnt sich die langgestreckte, vielfenstrige Fassade des Schlo sses, das in seiner heutigen Gestalt nach dem großen Stadtbrar1de im Jahre 1727 erbaut wurde ·und von dem nur noch der wuchtige Quaderturm an die einstige Sty raburg erinnert, und zur rechten Hand schließt die doppeltürmige M i c· l1 a e l e r k i r c h e mit dem angebauten ehemaligen Kloster und dem schlanken Turm d.er einstigen S p i t a l s k i r c h e das überwältigend schöne Bi ld. Vom Rande des steilen Terrassenhanges dahinter grüßt das Tab o r- t tt r m c h e n herab. Die Bürgerhät1ser der Altstadt kehren dem Besucher den Rücken zu . Sie lassen die Traulichkeit il1rer Höfe ahnen, die Vorderl1aus mi t Hinterhau.s verbinden, und nel1men in ihre, durm enge Gäßchen kaum unterbrod1ene Reihe den mächtigen Block der D o 1n in i - k a n e r - oder M a r i e n k i r c h e und den entzückenden spät- barocke11 Turm des R a t h a u s e s auf. Dahi11ter, über den Giebeln der Häuser des Stadtplatzes, führt die B e r g g a s s e, i1 deren Zeile der 1676 bis 1681 ·entstandene 6

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2