Josef Drausinger - Führer durch Steyr 1959
zur Wirkung kommt. H an s P u c h s b a u m, Hüttenmeister der Wiener Bauhütte, entwarf den während des Baues allerdings noch versd:iiedentlich abgeänderten Plan für diesen gotischen Dom, der an Stelle der alten, zu klein gewordenen Pfarrkirche errichtet wurde. 1443 begonnen und nach 70 Jahren Bauzeit 1513 vollendet, fiel das mit kostbarer Innenausstattung versehene Gotteshaus dem Stadtbrande von 1522 zum Opfer. Der rücxwärtige Teil stürzte ein, die vielen Schnitzaltäre, der herrliche Predigtstuhl, die Epi- taphien und Gemälde verbrannten, und die Kirche blieb über hun- dert Jahre als Ruine stehen, da inzwischen die Reformation an- gebrochen und Steyr bis auf einige wenige Familien protestantisch geworden war. Erst unter Abt Anton II. vom Stift Garsten be- gann 1628 der Wiederaufbau, der 1636 beendet war. Der wieder- holt abgebrannte Turm der Kirche wurde in seiner heutigen Ge- stalt zwischen 1885 und 1889 nach Plänen des Wiener Dombau- meisters Friedrich v. Schmidt erbaut. Die Stadtpfarrkirche ist zufolge dieser widrigen Schicksale arm an Kunstwerken ·aus der Zeit ihrer Entstehung. Davon seien erwähnt: ein herrlicher G r a b s t e i n für einen ihrer Erbauer (Baumeister Wolfgang Te n k), Reste alter, aus der Franzensburg in Laxenburg stammender G l a s g e m ä l d e (als Ersatz für dort- hin abgegebene), reich geschnitzte Kir c h e n s t ü h l e aus der Zeit des Wiedera11fbaues, eine in Eisen getriebe11e Sa k r i s t e i - t ü r mit verschiedenen Landeswappen, ein kostbares Tauf b e k - k e n aus den1 J ahr 1569 mit reichen, ursprünglich vergoldeten und bemalten Zinnreliefs, eine V es p erb i l d .g r u p p e (um 1400), vor allem aber ein wundervolles S a k r a m e n t e n h ä u s - c /1 e n m i t G i t t e r t ü r in vergoldeter Eisenschnittarbeit (lcerb- sclmittartige Maßwerkornamente). Künstlerische Verarbeitung des Eisens hat es in Steyr wohl immer gegeben, worauf schon die Fülle an Wirtsl1ausschildern, Fenster- körben, Stiegengittern und Laternenträgern aus allen Epochen der Kunst hinweist. Aber auch der sonst seltene Eisensch11itt wurde in dieser Stadt gepflegt und hat in den Werken des Stahlschnittmeisters M ich a e l B l ü m e l /1 u b er, der am 23 . September 1865 in Christkindl bei Steyr geboren wurde, neuerlich europäischen Ruhm erworben. Aus der Reihe der kostbaren Arbeiten dieses 1936 ge- storbenen Künstlers seien erwähnt: die Nobel-Schere, das Fürsten- berg'sche Jagdmesser, das Kalksburger Kreuz, der Linzer Dom~ 24
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