Josef Drausinger - Führer durch Steyr 1959

insbesondere der achten, entstanden in dieser Abgeschiedenheit, und in Steyr wurde auch das erste Brucknerdenkmal überhaupt enthüllt. D er Meister ist in ei1er I-Ialtung wiedergegebe11, als hord:ie er den vertrauten Klängen der nahen Chrismann-Orgel. Anton Bruckner l1at den größten Teil seiner S01nmerferien in den letzte11 zehn Jahren seines Lebens in Steyr verbracht und wollte auch auf dem Taborfriedl1of begraben sein, falls die erbetene Be- stattung unter der großen Orgel zu St. Florian nicht durchführbar gewesen wäre. Der jeweilige Chorregent wohnte im sogena1111ten Mesner hause nahe am Nordportal der Kirche, zu dem wir jetzt hinüberschreiten. Es ist ein uraltes, gotisches Gebäude, dessen nördliche Hausfront tief in die Pfarrgasse hinabsteigt und dessen Südseite eine überaus reizvolle Gestaltung aufweist. Ein gedeck- ter Stiegenaufgang, eine mit Vorbau versehene spätgotiscne Ein- gangstür, ein anscnließendes Tor mit schönem R e n a i s s a n c e - g i t t er, das in die Pfarrgasse hinabführt und ein Fliedergärt- chen an der ehemaligen, mit vielen Epitaphien versehe11en Fried- hofsmauer vereinigen sich zu einem zauberhaften A11blick, der völ- lig vergessen läßt, daß wir im Zeitalter der Technik und des Terr1.- pos leben. Anton Bruckner ist diese Wege oft gegangen, denn hier wohnte ja sein Freund, der hervorragende Chorregent Franz Bayer, den der Meister für den tüchtigsten von Oberösterreich hielt. Steyr war schon im Mittelalter der Musik überaus zugetan. Sogar in einem Meisterlied aus Straßburg (1597) werden die Steyrer Mei- stersinger gerühmt, und während der Reformationszeit wirkte in den Jahren 1602 bis 1625 in dieser Stadt Paul Peu r l, der als Schöpfer der Variationensuite bekannt geworden ist, als Orga- • n1st. Nun aber wenden wir uns um und schenken dem N o r d p o r t a l unsere Aufmerksamkeit. Dieser überaus reich gegliederte, spätgo- tische Baldachinvorbau birgt kostbare S t e i n p l a s t i k e n aus der Zeit um 1410, eine hl. Dorothea mit dem I(örbchen, einen hl. J akobus und eine 111. Anna und darüber ein B o g e n f e l d - r e l i e f, das zur Zeit der Reformation entfernt und schwer be- schädigt worden war (Tod und Krönung Marias). An der Seiten- wand prangt ein Renaissance-Epitaph aus dem Jahre 1591. Das Innere der Kirche betreten wir durch das Hal1ptportal an der Westseite, da die überaus edle und feierliche Wirkung dieses drei- schiffigen Innenraumes von dieser Stelle aus am eindrucksvollsten 23

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