Josef Drausinger - Führer durch Steyr 1959

• Die Sierninger Straße wird zur rechten Seite ein Stück von der schon Ende des 16. Jahrhunderts bestehenden Handwerkersiedlung Wie - s e r f e l d begleitet, an deren Anfang eine barocke Mariensäule, das sogenannte M e s s e r e r k r e u z , an die Errettung aus Pest- gefahr erinnert (1715). Wenige Schritte vom Lebzelterhaus stadteinwärts führt rechts eine steile Gasse in den „Wehr graben« hinab. Ehe wir uns aber dahin begeben, betreten wir den H o f d e s H a u s e s K i 1· - c h e n g a s s e 1 6 und damit den stimmungsvollsten und größten, den Steyr at1fzuweisen hat. Seine Arkaden sind im älteren Teil von spätgotischen Säulen verschiedener Ornamentik getragen und auch die I-Iauswa11d mit reichem Maßwerkband geschmückt. Zu den Arkaden gelangt man iiber eine steile Stiege durch ein reichgeglie- dertes Vorhangbogenportal. Im baumbestandenen Hofe selbst, der zur Zeit der Renaissance seinen rückwärtigen Abschluß fand, sind a11 den Rundbogentiiren noch eingeschnitzte Handwerkszeichen aus dem 16. Jahrhundert zu sehen. Das Gebäude war zweifellos einst ein Herrensitz. Sogar Reste eines Turmes sind nocl1 vorhanden. Daß wir uns nun in den Wehrgraben hinabbegeben, geschieht aus dem Grunde, weil wir auf diesem Wege eine Reihe von sehr reiz- vollen Blicken genießen können. Nun baut sich die Sierninger Str~ße mit der Rückseite ihrer Häuser vor uns auf, hoch über dem Flußbett der Steyr auf steilem Felsen dahinziehend, an derem Fuße die Fabrikstraße verläuft mit ihren sehr alten, dafür aber auch sehr malerischen, von hohen Bäumen begleiteten Häusern. Dicht an ihrer Seite rauscht der Weh r g r a b e n, einer der Arme der schon im Mittelalter künstlich geteilten Steyr, an dem noch vor wenigen Jahrzehnten zahlreiche Wasserräder betrieben wurden, deren Gehäuse zum Teil noch stehen. Gege11über, in der Wehr - graben g a s s e, liegen die ärmlichen, meist nur einstöckigen Häus- 'chen1>der Handwerker, die in den Schmieden, Schleifen und Mühlen beschäftigt waren. Nur das fast am Ende der langen Hauszeile liegende „ V o g l h a u s« (Nr. 34) besitzt ·kunsthistorischen Wert. Es ist reich mit Rokokostuck versehen, hat ein Walmdach und ein 1765 datiertes Fresko über dem Eingang. Reizend nimmt sich das Bruderhauskirchlein von dieser Tiefe aus, und auf dem Rückwege durch die Wehrgrabengasse erscheinen wieder die eindrucksvollen Silhouetten der Türme von St. Michael und der ehemaligen Spitals- kirche. 2 17

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