·ft St.:Florian
FOHRER DVRCH DAS CHORHERRENSTIFT ST. FLORIAN VON DR· FRANZ LINNINQER 19 51 VERLAQ DER STIFTSBVCHHANDLVNQ ST. FLORIAN
Alle Rechte vorb e h a lt e n Copyright 1951 by Stift sb uchhandlun g St. Floria n (iesamtherslellung: ßud1- und Steindruckerei Emil Pri etzel. Steyr, Pad1ergasse 3 Printcd in Au s tria
Vorwort St. Florian ist eme der bedeutendsten Kulturstätten des Lan.des Oberösterreich. Hier steht seit der Römerzeit ein Gotteshaus zu Ehren des ersten heiligen Märtyrers unserer Gegend, hier besteht seit mehr als 1000 Jahren eine klösterliche Siedlung, hier haben sich im Laufe der Jahrhunderte wertvolle Kunstschätze gesammelt, hier hat der unsterbliche Meister Anton Brudmer seine letzte Ruhestätte gefunden. Kein Wunder, daß Tausende von Fremden hieherkommen, um das alte, ehrwürdige Stift und seine Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Sie werden es begrüßen, einen kleinen Führer in der Hand zu haben, der sie auf das Wichtigste aufmerksam macht und zugleich eine dauernde Erinnerung an die genossene Schönheit bleiben soll. Schon vor 40 Jahren hat Josef Ads:erl einen „Führer durch das Chorherrenstift St. Florian" herausgegeben, der gerne benützt wurde, aber seit mehr als 30 Jahren vergriffen ist. Hollnsteiner hat 1923 ein illustriertes Büchlein „Das Chorherrenstift St. Florian, Bilder zur Kultur- und Kunstgeschid1te", herausge3
bracht, das in zusammenhängenden Kapiteln eine Beschreibung des Stiftes und seiner Kunstsammlungen bietet und später in etwas veränderter Auflage unter dem Titel „Das Stift St. Florian und Anton Bruckner" erschienen ist. Ich kehre wieder zur früheren Form des Führers zurück, weil er doch den Besuchern dienen soll, die sich auf die Besichtigung des Stiftes vorbereiten oder hernach an Hand des Büchleins das Gesehene wieder ins Gedächtnis zurückrufen wollen. In Kürze soll es einen überblick über die Geschichte des Stiftes, eine Würdigung seiner Leistungen und eine Darstellung seiner Sehenswürdigkeiten bieten. Bei der Illustration ist es von vorhandenen Klischees abhängig. Jeder Besucher des Stiftes wird erkennen, daß hier wertvolle Kunstwerke entstanden sind und vor dem Untergang bewahrt wurden. Möge ihre Besichtigung allen viel Freude bringen und die Überzeugung wecken, daß die Klöster immer ein Hort des Glaubens und der Kultur und eine Pflegestätte von Kunst und Wissenschaft gewesen sind und bleiben werden ! Hauptsädilidie Literatur: Jodok Stülz, Geschichte des regulierten Chorherrnstiftes St. Florian. Linz, 1835. Johann faigl, Das Chorherrenstift St. Florian. Öst. Revue , 1867. Albin Czerny, Die Bibliothek des Chorherrenstiftes St. Florian. Linz, 1874. Albin Czerny, Kunst und Kunstgewerbe im Stifte St. Florian. Linz, 1886. Albert Pucher, Das Chorherrenstift St. Florian in Oberösterreich. in „Ein Chorherrnbuch" von Sebastian Brunner. Würzburg- Wien, 1883. · Johann Langthaler, Das Chorherrenstift St. Florian. Steyr, 1904. Engelbert Mühlbacher, Die literarischen Leistungen des Stiftes St. Florian. Innsbruck, 1905. Josef Acker!, Führer durch die Sehenswürdigkeiten und Kunstschätze des rei:ul. Chorherrenstiftes St. Florian. St. Florian, 1907. Johannes Hollnsteiner, Das Chorherrenstift St. Florian. Bilder zur Kultur- und Kunstgeschichte. Steyr, 1923. Erika Kirchner-Doberer, Stift St. Florian. Wien , 1948. 4
Cteschichtlicher Überblick Die Gründung. Der heilige Florian, dem Stift und Markt den Namen verdanken, war Amtsvorsteher des römischen Statthalters in Lorch, also höchster Zivilbeamter in Ulernorikum gewesen. Er wurde im Jahre 304 unter Kaiser Diokletian auf Befehl des Statthalters mit einem Stein um den Hals in die Enns gestürzt. Das Martyrium ist gut bezeugt durch das Marterbuch, das nach dem hl. Hieronymus benannt ist, und durch die älteste Legende, die in Handschriften des 9. und 10. Jahrhunderts erhalten ist.•) Für das Begräbnis des hl. Florian haben wir keine historischen Nachrichten, sondern nur Legenden aus der Karolingerzeit. Das ist sehr verständlich. Denn die Gegend, in der St. Florian liegt, ist das natürliche Tor nach Osten, durch das die Stürme der Völkerwanderung dahinbrausten und alles zerstörten. Nur wenige Romanen mögen sich in versteckten Winkeln des Landes über diese Zeit hinübergerettet haben, worauf auch in unserer Gegend der Name •Walling" (Waliching) hinzuweisen scheint. Nach der Zerstörung der Stadt Lorch durch die Avaren im Jahre 700 blieb das Land zwischen Traun und Enns nur Vorland der bairischen Grenze. In dieser Zeit wanderten Slaven von Süden her durch die Alpentäler In unsere Gegend ein und zogen die Täler und Höhenstraßen entlang hinauf bis in den Nordwald. Aber noch im 8. Jahrhundert begannen auch die Baiern mutig über die Traungrenze nach Osten vorzustoßen und das Gebiet zwischen Traun und Enns zu besiedeln. Sie nannten den Ort nach seiner natürlichen Beschaffenheit "Puch". Durch das Zusammentreffen mit den vorhandenen Romanen wurden sie mit dem heiligen Blutzeugen Florian bekannt, machten ihn zum Schutzheiligen der Ennsgrenze und gründeten zu seiner Ehre ein Heiligtum an der Stelle, wo man sein Grab vermutete. Reliquien des Heiligen sind hier nicht mehr vorhanden. Eine sehr alte Reliquie befindet sich im Schrein von Schienen in der Klosterkirche Reichenau, größere Reliquien seit 1183 in der Florianikirche vor dem Florianitor in Krakau, ferner werden große Reliquien in der Kirche S. Felice e Fortunata in Vicenza als die des Martyrers von Lorch verehrt. Die Zusammenhänge müssen erst überprüft werden. Im 8. Jhdt. entstand auch die Legende von dem Adler; der den Leichnam bewachte, von der Witwe Valeria, die ihn auf einem Wagen mit Zugtieren hieher überführen und hier begraben ließ, und von den Quellen, die zur Tränkung der Tiere entsprangen. Der Adler war das Feldzeichen der römischen Legionen, an dessen Stelle Konstantin das christliche Kreuz setzte. 1 ) Dr. lgnaz Zibermayr, Norikum, Baiern und Österreich, München 1944. S. 17 - 31 und S. 329 - 347. 5
Aus diesen beiden Zeichen ist auch das Wappen des Stiftes entstanden, das unbewußt römisches Heidentum und erstes Christentum in unserer Heimat vereinigt. Ein Gründer des Stiftes ist nicht bekannt. Es bleibt nur die Annahme übrig, daß es von den Baiern, die sich hier angesiedelt haben, gegründet worden ist. Dafür spricht auch die anfängliche Armut des Klosters. Um 800 begegnen uns die ersten Nachrichten von einem Kloster St. Florian. Der älteste Passauer Traditionskodex überliefert aus der Zeit 788 - 800 die Schenkung einer Liutswind und einer Prunnihil an St. Florian. Die nächste Etwähnung von St. Florian ist noch im Original vorhanden , und zwar im sog. Münchmünstererkodex, der in der königlichen Bibliothek in Brüssel (3595) erhalten ist und von einem der beiden Diakone Dignus und Ellenhard, den Hauptschreibern der Schreibstube Regensburgs zur Zeit des Bischofs Baturic ( 817 - 848 ), während des Kriegszuges gegen den Slavenfürsten Liudevit im Hunnenlande (das ist in Westungarn) begonnen und am 13. 9. 819 in St. Florian beendet wurde. 1 ) Eine Urkunde, die Kaiser Arnulf am 1. 4. 888 in St. Florian für Kremsmünster ausstellte, erwähnt ausdrücklich schon ein Kloster in St. Florian. Dieses während der Ungarneinfälle von 900 - 955 zerstörte Kloster wurde zwar von den Passauer Bischöfen wieder errichtet, verlor aber seine rechtliche Unabhängigkeit und wurde ein Eigenkloster von Passau . Aus dieser Zeit sei noch die älteste Originalurkunde von Oberösterreich erwähnt. Sie befindet sich im Stiftsarchive und berichtet, daß Kaiser Heinrich der Heilige auf die Fürbitte seiner Gemahlin Kunigunde am 20. 7. l002 den verarmten Brüdern im Kloster St. Florian eine Hube an der lpf geschenkt hat. Die Besiedlung durch die Augustinerchorherren. Eine neue Periode in der Geschichte des Stiftes beginnt mit der Einführung der Augustinerregel durch Bischof Altmann im Jahre l071. Vorher war St. Florian ein Stift weltlicher Chorherren nach der Aachener Regel , die zum ersten Mal in einer Urkunde zur Zeit des Bischofs Richar von Passau ( 899 - 903) erwähnt werden, in der Graf Gunther dem Wellpriesterverbande in St. Florian eine Schenkung machte. Diese Tatsache wird noch dadurch erhärtet, daß der Codex XI 722 aus dem Beginn des 11. Jhdt. als älteste Statuten des Stiftes noch die Aachenerregel überliefert, während der Codex XI 249 aus dem Ende dieses Jahrhunderts schon die Regel des hl. Augustinus und die Aachenerregel ohne die Kapitel 6 - 8 enthält, die dem ') Oermain Marin, 0. S. B. , Un manu cr ipl bavarois a la Bibi. roy ale de Bruxelles. Stud. und Mill. des Ben. Ordens 1937 6
Gel!ibde der Armut widersprechen. Die Einführung der Augustinerregel machte die Chorherren zu Ordensleuten und legte ihnen die Ordensgelübde auf. Da aber auch die weltlichen Chorherren ein gemeinsames Leben unter einem Oberen und in Ehelosigkeit führten , fiel besonders der Verzicht auf den Privatbesitz im Gelübde der Armut als hauptsächlicher Unterschied in die Augen. freilich wurde infolge der Geldverteilungen anläßlich der Chorfunktionen das Armutsideal nie vollkommen erreicht. Aber die Reform, die durch den Geist Clunys getragen war, führte zu einem großen Aufschwung des geistlichen und religiösen Lebens. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Patrozinium der Stiftskirche verändert, die der Himmelfahrt Mariens geweiht wurde, während St. Florian nur zweiter Patron blieb. Von nun an erfüllte der Chorherrenorden seine großen Aufgaben, feierlichen Gottesdienst zu halten , nach Vollkommenheit zu streben und Seelsorge zu !iben. Denn der Chorherrenorden war zum Unterschied von anderen vom Anfang an ein Priesterorden und so zur apostolischen Tätigkeit in der Seelsorge bestimmt. Deshalb erwarb der Orden sogleich die Pfarrechte an der Stiftskirche und allmählich auch andere Pfarreien, die mit Chorherren besetzt werden konnten: 1109 Niederwaldkirchen, 1111 M!inzbach und Wartberg, 1122 Ried in der Riedmark, 1125 Lasberg und Katsdorf, 1143 Feldkirchen a. D., 1151 St. Marienkirchen und Wallern, 1159 Vöcklabruck, 1162 St. Michael In der Wachau. So hatten die Chorherren schon bald nach Ihrer Einführung in St. Florian die großen Landstriche des M!ihlviertels zwischen Übergabe d. Regel durch St. Au gustin M!ihl und Rodel u. zwischen Gusen und Aist von der Donau bis zum Nordwald, ferner die Umgebung des Stiftes, die Wachau, die Gegend v. Vöcklabruck und Wallern seelsorglich zu betreuen ; das gleiche Gebiet, In dem heute noch die 33 Pfarreien des Stiftes liegen. 7
Daneben wuchs auch der zeitliche Besitz des Stiftes durch bedeutende Schenkungen der Adeligen und Freunde des Stiftes, von denen wir nur Eppo von Windberg nennen wollen, der dem Stift die Pfarren Niederwaldkirchen, St. Peter und St. Johann mitsamt ihren Filialen und all seinen Besitz vom Ebersbach am Einberg bei Feldkirchen bis zur Grenze von Böhmen übergab. In den vielen Schenkungen und der liebevollen Sorge der Bischöfe von Passau liegt ein ehrenvolles Zeugnis für die Achtung, die sich die Chorherren durch Zucht, Eifer und Frömmigkeit erworben haben. Allmählich gewann das Stift eine größere Unabhängigkeit von Passau und die Befreiung von den weltlichen Vögten, so daß es bis zum Aussterben der Babenberger freie Verfügung über seinen Besitz, freie Abtwahl. die Befreiung aus dem weltlichen Gericht und von den Vögten erlangte. Die Herzoge waren nur mehr Schirmvögte des Klosters . Aus dem 12. Jahrhundert haben wir auch im Codex XI 250 überlieferte Statuten, die genaue Vorschriften für das Leben im Kloster, das Streben nach Vollkommenheit, den Gottesdienst und die Arbeit geben. Darin wird den Chorherren neben Studium und Abschreiben von Büchern, auch Handarbeit aufgetragen. So scheint ein Ordensbruder sogar den Glockenguß geleitet zu haben , bei dem die erste Glocke in St. Florian für das Stift gegossen wurde. Aus dieser Zeit sind schöne, in der Schreibstube von St. Florian entstandene Handschriften mit ausgezeichneten Miniaturen erhalten. Die erste Blütezeit. Obwohl die politischen Verhältnisse nicht günstig waren und viel Unglück uber das Stift hereinbrach, hat doch St. Florian gerade im 13. und beginnenden 14. Jahrhundert ganz außergewöhnliche Leistungen zu verzeichnen. Denn es ist die Zeit der ersten großen Bautätigkeit. 1235 wurden Kirche und Kloster ein Raub der Flammen . Aber Propst Bernhard (1224 - 1240) ging sofort daran, die Kirche wieder aufzubauen und zu vergrößern. Als die Chorherren den Chor über der Krypta vollendet hatten, stürzte im Jahre 1250 das Gewölbe ein. Reste dieser Kirche im Übergangsstil sind in der Krypta unter dem Hochaltar noch zu sehen. Innere Zerwürfnisse, eine strittige Prälatenwahl steigerten die Mutlosigkeit der Chorherren. Diese allgemeine Niedergeschlagenheit teilte nur die in einer an die Stiftskirche angebauten Zelle lebende Klausnerin Wilbirg nicht, obwohl nach dem Aussterben der Babenberger unsichere Zeiten angebrochen waren und die friedliche Herrschaft Ottokars von Böhmen mit einem Kriege endete , der Kriegsheere auch wieder in unsere Gegend brachte, daß selbst Wilbirg ihre Klause verlassen und in die feste Ennsburg flüchten mußte. 1274 begann man mit dem Neubau der Kirche. Es fanden sich viele Wohltäter, die Bischöfe von Passau ver8
liehen den Gläubigen, die hilfreiche Hände zum Kirchenbau boten, Ablässe, es wurde mit großem Eifer gebaut. So konnte Wilbirg vor ihrem Tode noch die Entstehung der neuen Kirche sehen und seit 1279 auch wieder dem Gottesdienst Im Chore von ihrer Zelle aus beiwohnen. Am 11. 12. 1289 beschloß sie ihr frommes, opferreiches Leben. Am 15. 6.1291 wurde die neue Kirche von Bischof Wernhard von Passau feierlich geweiht. Eine ungeheure Menge Volkes wohnte dem Feste bei. Bei dieser Gelegenheit empfingen mehrere Kleriker die Priesterweihe und einige Jungfrauen aus der Hand des Bischofs den Schleier. Es lebten damals 24 Priester, 3 Diakone, mehrere Profeßkleriker und Laienbrüder und einige Mitglieder des Frauenordens des hl. Augustinus im Stifte. Der Baumeister der Kirche hieß Meister Otto. Seine Tochter Gisela vermählte sich mit Meister Wolfhart, dem die Kirche die bunten Glasfenster verdankte. Vielleicht stammt di e schöne Rundscheibe mit der Mutter Gottes und dem Jesukind in den Sammlungen des Stiftes noch von ihm. Der Glasmaler Wolfhart ('1- um 1330) war ein Zögling der Klosterschule, die sich damals eines ausgezeichneten Rufes erfreute und viele bedeutende Männer hervorbrachte ; auch Schriftsteller und Dichter. Wir erwähnen die beiden Chorherren Altmann, von denen der ältere ('1- 1224) die Legende des hl. Florian und das Leben des hl. Blasius in vielen Hexametern besang, der zweite (t um 1300) einen metrischen Kommentar zum Hohen Lied, ein umfangreiches Werk über das kirchliche Recht, ein Gedicht über die Bedeutung der Kirchweihe und über die Aufnahme Mariens in den Himmel verfaßte. Propst Einwik Weizlan (1295 - 1313) schrieb das Leben der Klausnerin Wilbirg, eine wertvolle Quelle über die Geschichte und das Leben in jener Zeit, und die Kirchweihchronik, die für die Baugeschichte des Stiftes von größter Bedeutung ist. Schließlich soll noch der Geheimsekretär des Propstes, Albert von Gmunden, erwähnt werden, der im Auftrage des Stiftes zweimal nach Krakau reiste und 1324 von dort Reliquien des hl. Florian mitbrachte. Im nächsten Jahre reiste er zum Papste nach Avignon. Aus der Schreibstube von St. Florian sind eine große Zahl von Handschriften erhalten, darunter mehrere mit herrlichen Miniaturen verzierte, von denen wir die Meßbücher des Propstes Heinrich von Marbach (1306), Heinrichs von lhlinge (1320) und Friedrich Toblers (1340) und die berühmte Biblia pauperum ( 1310) nennen. Zwei bedeutende Holzstatuen des hl. Florian aus der Zeit um 1250 und 1300 bilden jetzt noch die Zierde unserer Pl as tikensammlung. 1318 und 1319 wurden je 2 Glocken gegossen, die bis heute erhalten geblieben sind, und 1323 der Turm der neuen Kirche vollendet. Daneben erfolgte der Neubau und 1285 die Weihe 9
der Kirche des hl. Johannes im Markte, deren erste Weihe aus 1116 überliefert ist. Die große Beanspruchung des Spitales vor den Toren des Stiftes zur Beherbergung der fremden veranlaßte Propst Heinrich Piber ( 13301350), es zu vergrößern. Dabei erhöhte er die Zahl der Pfründner von 8 auf 32. Für diese umfangreiche Bau- und Liebestätigkeit und für die gewissenhafte Erfüllung der Ordenspflichten erntete das Haus auch reiches Lob von Seite der Bischöfe und die Wohltätigkeit der Gläubigen . So nennt Bischof Wernhard 1303 das Stift eine Leuchte des Ordensstandes, ein Vorbild religiösen Lebens, das fremde erquickt und Einheimische tröstend erfreut, sich aller Wohlwollen erwirbt und im Dienst an den Gästen den Platz der Martha einnimmt. Dabei geriet das Stift aber in Schulden, Besitzungen wurden ihm von Laien entzogen. Zur Sicherung des Besitzes wurde 1378 das erste Urbar angelegt. Die Bischöfe suchten der Not abzuhelfen, indem sie dem Stifte die Jahreseinkünfte erledigter Pfarren zuteilten, Statue d. hl. flmian um 1300 ja Bischof Albrecht ordnete 1327 sogar eine Sammlung an, um es von der Last der Schulden zu befreien . Er gab allen nach Ablegung der Beichte einen Ablaß, die der Not des Klosters zt: Hilfe kamen. Das Zeitalter der Reformation, Die politische Lage in Deutschland während des 15. Jahrhunde1ts ist durch Rechtsunsicherheit, dauernde Fehden und Kriege gekennzeichnet. Wiederholt zogen feindliche Heere von Böhmen und Ungarn auch in unsere Gegend und plünderten die Untertanen. Dem Stifte wurden hohe Brandschatzungen und andere Abgaben auferlegt . Die Hussiten fielen in Oberösterreich ein und verwüsteten die Pfarren des Mühlviertels bis in die Riedmark . Auch die eigenen Heere, die in der Nähe lagerten, richteten großen Schaden an, indem sie die ganze Gegend aussogen und alles aufzehrten. Zweimal mußten die Herren aus dem Stifte flüchten. 1482 befahl der Kaiser, das Stift zu befestigen, was wieder große Kosten verursachte. Auf kirchlichem Gebiet wirkten sich die Reformkonzilien günstig aus. 1419, 1432, 1451 kamen Reformkommissionen nach St. Florian, die nütz10
liehe Vorschriften für das Kloster hinterließen. Ihre Untersuchungen deckten keine großen Übelstände auf. Im Gegenteil, St. Florian hatte sogar die Ehre, 1451 in dem Cho1herrn Wolfgang Kerspeck ein Mitglied der dreiköpfigen Reformkommission zur Visitation zu stellen. Mit der Visitation war der Kardinal Nikolaus v. Cues betraut. Als seine Stellvertreter für die Chorherren der Salzburger Kirchenprovinz bestimmte er die Pröpste von St. 0orothea In Wien und Rohr In Baiern sowie den genannten Kerspeck von St. Florian. Auch in diesem Jahrhundert stand die Klosterschule in großem Ansehen, hatte guten Besuch und brachte bedeutende Leute hervor. 1458 erwirkte der Herzog Albrecht bei Papst Pius II. den Pröpsten von St. Florian den Gebrauch der Pontifikalien (Infel und Stab), 1493 wurde das Dorf St. Florian vom Kaiser Friedrich lll. zum Markt erhoben, für den Pro~st Peter 1521 eine umfangreiche Marktordnung erließ. Als gegen Ende des Jahrhunderts ruhigere Zeiten kamen, erfolgten große Leistungen für Kirche und Kunst. Es wurden neue Chor- und Kirchenstühle angeschafft, ein neues Refektorium gebaut, der Turm erhöht, 2 neue Orgeln aufgestellt, 1471 eine große Glocke gegossen und alle Altäre der Stiftskirche zwischen 1458 - 1487 erneuert. Von diesen ist noch der Dreifaltigkeitsaltar des Propstes Leonhard Riesenschmied aus 1485 erhalten. Wertvolle Goldschmiedearbeiten ließ Propst Caspar ( 1467 - 1481) für die Kirche anfertigen: ein goldenes Bild des Erlösers im Gewichte von 12 Mark 2 Lot, mit Perlen und Edelsteinen verziert, zum Preise von 1366 Pfund Pfennig, ein großes Ma,ienbild von 38 Mark Silber mit Vergoldung und Perlen, ein Bild des hl. Florian und Augustinus und noch ein kleines Marienbild, ein Beryllkreuz mit wertvollen Edelsteinen, Pektorale, Ringe, Meßkännchen und Pastorale, alles aus Silber oder Gold. Daneben entstanden schöne . Bauten, Glasfenster und andere Zieraten in der Kirche. Auch auf den Pfarreien begann eine große Bautätigkeit. Der Großteil der noch bestehenden Kirchen stammt aus dieser Zeit. 1509 ließ Propst Peter Maurer (1508 - 1545) den berühmten Sebastianialtar von Albrecht Altdo1fer malen, der heute die größte Sehenswürdigkeit der Stiftsgalerie ist. So hatte das Stift nochmals einen Wohlstand erworben und auch geistige Kräfte gesammelt, um gewappnet In die neue Zeit einzutreten. Denn es kamen zwei große Gefahren über Land und Klöster. Von Osten drangen die Türken vor. Bald standen sie vor den Toren Wiens, und Streifseharen drangen selbst über die Enns, um hier zu brennen und zu plündern. Vom Westen drang der Geist der lutherischen Reformation in Österreich ein und auch die Bauernerhebungen griffen von Deutschland auf Österreich über. 11
Die Türkenkriege erforderten namentlich nach der ung lücklichen Schlacht bei Mohacs große Opfer. Die Kirchen und Klöster mußten, außer den gewöhnlichen Steuern, 1527 die Hälfte des Kirchenschatzes und ein Drittel der Jahreseinkünfte, 1528 drei Viertel der Jahreseinkünfte , 1529 zuerst die Hälfte der Einkünfte, später den 4. Teil ihres Besitztums abliefern. 1531 sollten sie zur Bestreitung der Befestigungskost en Wiens alle goldenen und silbernen Kelche ausfolgen, doch wurde ihnen erlaubt, die noch nicht eingeschmolzenen gegen Geld abzulösen. St. Florian kam seiner vaterländischen Plicht allzeit nach Vermögen nach. In den Jahren 1535 und 1541 war es sogar gezwungen, viele Besitzungen zu veräußern oder zu verpfänden, um die geforderten Auflagen entrichten zu können. Eine solche wirtschaftliche Bedrängnis ist auch geeignet, der religiösen Neuerung den Eingang in die Klöster zu öffnen . Unter Propst Peter konnte zwar der Protestantismus in St. Florian nicht Wurzel fassen . Jedoch war die Bevölkerung den Geistlichen so feindselig gesinnt, daß der Propst 1534 vom päpstlichen Nuntius die Erlaubnis erwirken mußte, außerhalb des Klosters weltliche Kl eidung tragen zu dürfen . Spuren des neuen Geistes treten zum ersten Mal unter Florian Muth ( 1545 - 1553) in St. Florian auf. Wohl hielt die ältere Generation am Glauben fest. Als sich aber das Stift mit jüngeren Leuten füllte, die in der Zeit der Verwirrung herangewachsen waren, wurde es anders. Sigmund Plaffenhofer ( 1553 - 1572) neigte den neuen Grundsätzen stark zu und er schickte sogar 2 Theologiestudenten nach Wittenberg. Die kaiserliche Klosterkommission stellte 1561 verschiedene Mängel fest. Insbesondere war 1 Konventuale im Stifte beweibt, mehr dagegen auf den Pfarren, der Schulmeister war protestantisch . Der Propst versprach , die Anordnungen der Kommission zu erfüllen, im Kloster kein Konkubinat zu dulden und di e hl. Kommunion unter einer Gestalt zu spenden. Auf den Pfarreien könne er den- Kelch und das Konkubinat nicht ändern , erklärte er. Von den 8 inkorporierten Pfarren waren 6 mit Chorherren besetzt. 1563 befanden sich im Stift und in den Pfarreien 17 Konventualen , von denen noch 5 beweibt waren. Die päpstliche Visitation durch Kard. Commendone 1569 besichtigte nur das Stift und stellte unter anderem fest, daß die 9 Kanoniker nicht lateinisch sprechen können. Der Visitator ordnete die Lektüre katholischer Bücher, das Erlernen der lateinischen Sprache und den Gebrauch von Purifikatorien an . Propst Sigmund erbaute ein neues Spital bei der St. Johanneskirche im Markte. Auch in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden den Klöstern große Lasten in den Antizipationen aufgelegt. Sie mußten nämlich für Darlehen des Kaisers Pfand leisten und die Zinsen abdienen, zuweilen auch das Kapital zurückzahlen. Gegen Ende des Jahrhunderts kam es noch einmal zu einem Bauernaufstand, der auch Unterl Z
tanen des Stiftes besonder im Mühlviertel erfaßte. Im Großen und Ganzen hielt sich das Stift wirtschaftlich gut, war nie entvölkert und wahrte trotz der Durchdringung mit protestantischen Anschauungen das katholische Gesichl.1) Auf den Pfarreien gestaltete sich die Rückkehr zum katholischen Leben viel schwieriger, weil die Pfleger der örtlichen Schlösser und Burgen und selbst die Bewohner lange vom katholischen Gottesdienst nichts wissen wollten und oft die katholischen Pfarrer wieder vertrieben und evangelische Prediger einsetzten. Aber allmählich kam auch auf dem Lande das katholische Leben wieder zum Durchbruch. Die grot!en Bauherren. In der ersten Hälfte des 17. Jhdl. hatte St. Florian einen ausgezeichneten Prälaten in der Person Leopold Zehetners (1612 - 1646). Er war 31 jährig gewählt worden und besaß die besten Fähigkeiten, auch in diesen schweren Zeiten das Stift umsichtig zu leiten. Denn die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, der Bauernaufstand 1626, die Durchführung der katholischen ~eformation verlangten einen Mann von außergewöhnlicher Begabung. Propst Leopold zeigte sich diesen Anforderungen gewachsen. Er wurde der erste Landrat aus dem Prälatenstande; denn diese Stelle war bis dahin dem Herren- und Ritterstande reserviert gewesen. Durch sein Verdienst erlitt St. Florian im Bauernkriege keinen Schaden. Ja die Bauern selbst verlangten ihn als Partner zu ihren Verhandlungen. Bei vielen wichtigen Anlässen war er Verordneter der Stände. Daneben gestaltete sich seine Wirtschaftsführung so gut, daß er dem Staate öfter große Schulden erlassen konnte. Er hat auch für das Kloster treu gesorgt, die Bibliothek von 486 auf 3946 Bände vermehrt. Die Schule, die du1ch den Einfluß protestantischer Lehrer sehr an Ansehen gelitten hatte, verwandelte er in eine Vorbereitungsschule für die Lateinschulen in Linz oder Steyr. Die Ausbildung genoß der Ordensnachwuchs durch Hausunterricht oder auf den Universitäten in Wien, Graz, Krumau oder Ingolstadt. Dann ließ er die gotische Kirche barockisieren, indem er den Lettner entfernte und dafür ein großes Gitter in der Mitte der Kirche errichtete. Die gotischen Fenster verwandelte er in barocke und setzte anstatt der Glasgemälde Butzenscheiben ein. An die Stelle verschiedener alter Altäre traten neue. Er baute auch jenen Trakt des Stiftsgebäudes an der Südseite des Kreuzganges neu, der heute noch die Nordseite des großen Hofes bildet und durch seine Maße für den Neubau des Stiftes bestimmend wurde. ') DDr. Eder , Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns 1525 - 1602, Linz 1936 S. 95, 1931, 375 - 380. 13
Damit war der Anfang der Bautätigkeit gemacht, die am Ende des Jahrhunderts das ganze Stift erneuern sollte. Mit einer Großzügigkeit Wie sonst nirgends in Österreich wurde alles Alte entfernt und Kirche und Kloster zu einem einheitlichen Bau umgeschaffen. St. Florian ist das letzte Kloster, das umgestaltet wurde, und das in der größten Periode der österreichischen Barockkunst ') Hier ist alles barock von den mächtigen Fronten bis zum letzten Einrichtungsgegenstand. Es wurde fast 70 Jahre an Bau und Inneneinrichtung gearbeitet und das Gesamtwerk dadurch so zu einem lebendigen Bild künstlerischer Entwicklung. Propst David Fuhrmann ( 1667 - 1689) hatte bald nach seinem Regierungsantritt die Finanzen so weit geordnet, daß er 1676 an den Neubau des Meierhofes gehen konnte. Ein Jahr später vergrößerte er das Spital bei der St. Johanneskirche, die 1681 barockisierl wurde. Im gleichen Jahr wurde von Carlo Carlone in dem Gartenpavillon mit breiter Freitreppe im Garten des Stiftes der erste kunstvolle Barockbau geschaffen. Während dieser Bautätigkeit, im Jahre 1679, hat das Stift die Verbindung mit den Chorherren am Lateran in Rom, die es schon 1290 geknüpft hatte, wieder aufgenommen. Seither heißen die Florianerchorherren auch Lateranenser Chorherren und tragen die Pröpste den Titel Lateranenser Abt. Der Sieg über die Türken, besonders die Befreiung Wlens 1683, gab der Bautätigkeit neuen Aufschwung und spiegelt sich in den Werken der Kunst immer wieder. Am 15. 8. 1686 wurde der Grundstein zur Kirche gelegt und damit der Neubau des Stiftes und der Kirche begonnen. Als Baumeister berief Fuhrmann den Mailänder Carlo Carlone, der den Plan entwarf und bis 1708 den Bau leitete. Er hatte zuerst eine einfachere Lösung vorgeschlagen , bei der der Marmorsaal außerhalb der Stiftsfront geplant war. Später aber hat er ihn in den Hof hineingesetzt und so die Regelmäßigkeit und Einheitlichkeit des Bauwerkes erzielt, die noch heute so bewundert wird.') Die bauliche Anlage war durch die örtlichen Gegebenheiten bedingt . Denn die neue Kirche wurde auf den Grundfesten der alten gotischen erbaut. Dadurch Ist die Kirche nicht der Mittelpunkt der klösterlichen Anlage geworden, sondern steht an der Nordfront des ganzen Baues, wo vor 1000 Jahren schon das erste Kirchlein an die Berglehne zwischen hohe Abhänge hineingezwängt war. Große Erdbewegungen und mächtige Unterbauten waren notwendig, um an dieser Stelle den Platz für das Klostergebäude zu gewinnen. 1 ) Grlessmayr, Ös terreich, Landschaft und Kun st , Wi en 1950, Nr. 123 2 ) Klrchner-Doberer, Stift St. Florian , Wi en 1948, S. 19. 14
Die weiteren Bauherren waren die Pröpste Matthäus von Weißenberg (1689 - 1700), Franz Claudius Kröll (1700 - 1716), Johann Baptist Födermayr (1716 - 1732) und Johann Geörg Wiesmayr (1732 - 1755). Nach dem Töd Carlones 1708 wurde der berühmte österreichische Klosterbaumeister Jakob Prandtauer als Bauführer berufen; aber auch ihm war die Vollendung des Werkes nicht gegönnt; denn er starb schon 1726. Ab 1725 leitete der Florianer Baupolier Jakob Steinhuber nach den vorhandenen Rissen den Bau. 1744 wurde der Bau der Bibliothek noch dem Steyrer Baumeister Gotthard Hayberger anvertraut. Der großzügigste Bauherr war Johann B. Födermayr, ein Bauerssohn aus Hohenbrunn bei St. Florian. Trotz kaiserlichen Verbotes, die Bautätigkeit fortzusetzen, verstand er es, die hervorragendsten Werke der Baukunst in St. Florian zu schaffen: den Marmorsaal, das Sommerrefektorium und das Schloß Hohenbrunn an der Stelle, wo sein Vaterhaus stand. Er starb gerade in dem Jahre, in dem seine großen Schöpfungen vollendet waren. Seinem Nachfolger Johann Georg Wiesmayr blieb noch die Aufgabe, mit der Ostfront und der Bibliothek den Bau zu vollenden. (1751) Die literarischen Leistungen. Johann Georg Wiesmayr, der Sohn eines Bürgers und Gastwirts im Markt St. Flori;m, legte den Grund für die späteren Leistungen der Chorherren auf dem Gebiete der Wissenschaft. Als treuer Verwalter des ihm anvertrauten Hauses sorgte er für eine gediegene religiöse und wissenschafllche Ausbildung des Nachwuchses. Der Ruf und das Ansehen des Stiftes war damals so bekannt, daß sich unter seiner Regierung in 23 Jahren 53 Novizen um die Aufnahme bewarben, während unter seinen Vorgängern in 65 Jahren 93 eingetreten waren. Er ordnete durch kluge Statuten das Leben im Hause und auf den Pfarreien, erließ für den Gottesdienst umfangreiche Anweisungen, kaufte zur Verschönerung der Kirche neue Paramente, die Wandlungsleuchter und bestellte die Marmorkanzel aus Lilienfeld. Die Sammlungen vermehrte er durch den Ankauf der Münzensammlung des Hofdichters Karl VI. , Apostolo Zeno. Groß sind seine Verdienste für die Wissenschaft. Er baute nicht bloß die Bibliothek, sondern stattete sie auch mit den bedeutendsten Werken der Theologie und der Geschichte aus. Selbst ein eifriger Forscher, hinterließ er 103 handschriftliche Bände, von denen er den größten Teil eigenhändig geschrieben hatte. Er war auch im öffentlichen Leben von größtem Einfluß und überragender Bedeutung und wurde deshalb von Kaiserin Maria Theresia öfter ausgezeichnet und empfing von ihr zwei wertvolle Pektorale als Beweis ihrer Hochschätzung. Unter seiner Regierung hat das Stift eine zweite Blütezeit auf religiösem und wissenschaftlichem Gebiet erlebt, die ihm auch die innere Kraft gab, die Zeit der Aufklärung gut zu bestehen. 15
Schon zur Zeit Maria fheresias machten sich im Staate kirchenfeindliche Bestrebungen bemerkbar. Unter Josef II. kamen sie zum vollen Durchbruch. Die Kirche sollte der staatlichen Macht untergeordnet werden. Deshalb maßte sich der Staat auf dem Gebiete der kirchlichen Gesetzgebung Rechte an, die ihm nicht zustanden. Immerhin haben sich im Laufe der Zeit manche Änderungen als nützlich erwiesen, so die Errichtung neuer Bistümer, Pfarreien und Schulen, die Abstellung verschiedener Auswüchse und Mißbräuche. Um die gegründeten Bistümer dotieren und die Pfarren erhalten zu können, stand der Kaiser nicht an, Klöster aufzuheben . Pius VI., der den Kaiser eigens besuchte, konnte es nicht abstellen. Aber St. Florian hatte die Freude und Ehre, den Papst in der Nacht vom 23 . auf 24. April 1782 zu beherbergen. Auch St. Florian sollte aufgehoben werden . Der Landrat Eybl wollte den Propst bereden, auf seine Würde zu resignieren. Aber Propst Leopold Trulley ( 1777 - 1793) ließ sich nicht beirren. Mutig antwortete er dem schlauen Unterhändler: ,,Nie werde ich zum Verräter an meiner Braut werden." Trotzdem wurde das Stift aufgehoben und der Propst hatte durch 5 Jahre nur die administratorische Verwaltung. Doch kam am 1.10.1784 an das Stift die Mitteilung, daß seine Majestät angeordnet habe, daß das Stift nicht aufgehoben werden solle, sondern daß es den Überschuß an den Religionsfond abzugeben habe, die Seelsorge weiter leisten müsse und die Kleriker nicht entlassen brauche. Diese wurden allerdings an das Generalseminar in Wien geschickt. Es mußten alle Weingärten und die Lesehöfe in Krems, Kritzendorf und Königstetten verkauft werden, alles Stiftssilber (Gerätschaften, Becher etc. ) im Gewicht von 711 Pfund, der ganze Kirchenschatz im Werte von 10.142 fl. abgeliefert werden . Damals sind die letzten wertvollen Kunstschätze zugrundegegangen. 1811 mußten anläßlich der Silberablieferung auch die Gebrauchskelche abgegeben werden, so daß Glaskelche zur hl. Messe genommen werden mußten. Das Hausstudium mußte aufgelassen werden, dafür wurde dem Stifte aufgetragen, einige wissenschaftliche Fächer besonders zu pflegen. St. Florian wählte Bibelstudium, Profangeschichte und Münzkunde. Die Filialkirchen in Samesleiten, Rohrbach und Kurzenkirchen wurden aufgehoben und mußten abgetragen werden. 1785 wurde das Stiftshaus in Linz beschlagnahmt und erst 1792 zurückgegeben. Mit dem Tode des Kaisers war die Gefahr überwunden. Die kommenden Herrscher bezeigten dem $tifte wieder ihr Wohlwollen, Franz I. übergab dem Propst Leopold die Würde des Erbhofkaplans, die bislang der Abt von Garsten bekleidet hatte. Propst Michael Ziegler (1793- 1823) studierte in Rom, war Bibliothekar und Novizenmeister und übte auf seine Schüler einen so nachhaltigen Einfluß aus, daß er sie nicht bloß für Frömmigkeit und Theologie, sondern 16
auch für wissenschaftliche Tätigkeit begeisterte und so die Grundlage für das blühende wissenschaftliche Leben am Beginn des 19. Jhdt. in St. Florian schuf. 1794 wurde unter seiner Mitwirkung das theologische Studium in Linz wieder eröffnet, zu dem das Stift neben finanziellen Zuschüssen auch bedeutende und berühmte Lehrer stellte. 1807 hat Kaiser Franz 1. auch das Gymnasium in Linz dem Stifte zur Leitung und Besetzung mit Lehrkräften, die es allerdings auch besolden mußte, überwiesen. Der Propst wurde zum Direktor bestellt. 1809 erhielt er das Ritterkreuz des öste rr. kaiserl. Leopoldsordens "in Erwägung seiner vorzüglichen Verdienste . . " Propst Michael Arneth war bis 1848 sein Nachfolger als Direktor des Gymnasiums. In den Franzosenkriegen kamen feindliche Heere des öfteren durch St. Florian, im Jahre 1809 wurde im Stifte ein Spital eingerichtet. In allen Räumen außerhalb der Klausur, _selbst in den Kaiserzimmern und -auf den Gängen, waren Verwundete und Kranke untergebracht, von denen in der Zeit vom 22. 10. 1809 bis 23.4.1810 im ganzen 304 Personen gestorben sind. In der ersten Hällte des 19. Jhdt. überwiegen die wissenschaftlichen Leistungen der Chorherren . In der Theologie sind Franz Freindaller und Franz von Schwinghaimb zu nennen. Freindaller gab schon von 1802 -- 1821 ei ne „Theolog.-Prakt. Monatsschrift zunächst für Seelsorger" heraus, von der 34 Bände erschienen. Aus einem kleinen Dichterkreise, in dem auch Karoline Pichler gerne weilte, ragen Josef Frener, Josef Reiter und Josef Gugge r hervor. Die größte Bedeutung aber erlangte St. Florian auf dem Gebiete der Geschichtsforschung und Geschichtschreibung. Mit den Werken des Historikers Franz Kurz ist der Beginn der Geschichtschreibung in unserem Vaterland überhaupt anzusetzen. Er ist nicht bloß als der BPgründer da österreichischen Geschichtsforschung zu bezeichnen, sondern verstand es auch, St. Florian zu einer hervorragenden Pflegestätte der Geschichtswissenschaft zu machen. Hier sind besonders zu nennen: Jodok Stlilz, Josef Chmel, der als Archivar und Vicedirektor des Haus-, Hof- und Staatsarchives in Wien das Streben des Stiftes auf den fruchtbaren Boden der Reichshauptstadt verpflanzte, Josef Gaisberger und Franz Pritz, der c\ie erste und einzige Geschichte des Landes ob der Enns schrieb. 1 ) Auch die fortschrittliche Führung der Landwirtschaft wird von den Besuchern des Stif tes in der damaligen Zeit begeistert gelobt und hat sich für die Bauern in der Umgebung ungemein nützlich ausgewirkt. Josef Schmiedberger schrieb Werke von dauernder Bedeutung über Obstbau und Schädlingsbekämpfung. 1 ) Zibermayr, das oberöslerreichische Landesarchiv, Linz 1950 S. 238 - 257 17
))ie letzten hundert Jahre brachten hinsichtlich der Existenzgrundlage des Stiftes wesentliche Änderungen und stellten es auf eine harte Probe. Das Stift war bis dahin in seinen Einnahmen hauptsächlich auf die Gefälle der Untertanen und den Zehent angewiesen. Diese Einnahmen betrugen unge fä hr 57.000 fl., denen Verwaltungskosten in der Höhe von 17.000 fl. gegenüberstanden. Durch die Grundentlastung im Jahre 1848 trat hier eine vollständige Änderung ein. Die Gefälle und der Zehent fielen weg, es bli eb aber immerhin noch der Ertrag der Grundentlastungsrente von 37.750 fl. Die Geldentwertung nach dem ersten Weltkriege machte auch diese Renteneinnahme völlig zunkhte. Das Stift mußte dennoch die Lasten für die See lso rge in den inkorporierten Pfarren tragen, denn auch diese warfen fü r das Stift nichts ab, sondern waren im Laufe der Zeit durch die staatlichen Gesetze zu einer finanziellen Last geworden. In diesen Jahren war das Stift sogar gezwun~en, Kunstschätze zu verkaufen , um seinen dringendsten Aufgaben und Verpflichtungen nachkommen zu können. Di e re ichsdeutsche Steuergesetzgebung in den Jahren nach 1938 drohte schließlich dem Hause als Wirtschaftskörper vollends das Ende zu bereiten. Da wurde am 21. Jänner 1941 das Stift von der Gehe! men Staatspolizei beschlagnahmt, die Chorherren , selbst di e Seelsorger der Stiftspfarre, mußten am 10. 4. das Haus ver lassen, und das Stift wurde samt allen seinen Besi tzu ngen zugunsten des Reichsgaues Oberdonau enteignet. Propst Dr. Vinzenz Hartl wurde landesverwiesen. Di e Chorherren und Kleriker, soweit sie nicht in der Pfarrsee lsorge Platz fanden oder zum Wehrdienst eingezogen wurden , erhielten im Meierhof Pulgarn ein bescheidenes Asyl, wo sie trotz aller Hindernisse das klösterliche Leben fortsetzen konnten. Den inkorporierten Pfarren kam zustatten, daß nunmehr das Stift für sie Anteile aus den neueingeführten Kirchenbeiträgen erhielt. Das Haus selbst ge riet durch die Enteignung in die Verwaltung des Reichsgaues Oberdonau . Es sollte zunächst ein Barockmuseum werden. Im Jahre 1942 wurde es jedoch an die Reichsrundfunkgesellschaft verpachtet. Außerdem waren das historische Forschungsinstitut des Reichsgaues Oberdonan und die Weinkellereien des Gaues hier untergebracht. Am Ende des Krieges wurde hier noch ein Sanitätspa rk der deutschen Wehrmacht aufgerichtet, bis schließlich am 5. Mai 1945 die amerikanischen Truppen einzogen und mit dem Armeekommando im Stifte Quartier nahmen. Propst Dr. Vinzenz Hartl starb am 10. Juni 1944 in der Verbannung. Am Tage seiner Beerdigung im Priesterfriedhof in St. Florian wurde sein Nachfolger gewählt, Propst Leopold Hager. Ihm war es beschieden, mit einigen Chorherren am 24. Juni 1945 ins Stift zurückzukehren und das 18
Haus wieder in Benützung zu nehmen. freilich konnten die Stiftsräumlichkeiten erst nach und nach, Zimmer für Zimmer, den Ordenszwecken zurückgegeben werden . Erst durch das gesetzliche Rückstellungsverfahren wurde das Stift mit allen enteigneten Besitzungen mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 8. September 1949 den Chorherren in das Eigentum zurückgegeben. Nun galt es aber zunächst dem Stifte nach all den schweren, großen Heimsuchungen · eine Existenzgrundlage zu geben und es für seine geistlichen und kulturellen Aufgaben wieder aufzubauen. Der geringe Grundbesitz konnte für sich die wirtschaftliche Grundlage nicht bilden. Der Forst war durch die Borkenkäferkatastrophe zu 50 °lo vernichtet. Der Initiative des Propstes Leopold Hager ist es zu danken , daß die gewerblichen Betriebe, die in Ansätzen vorhanden waren, durch weiteren Ausbau zu einer tragfähigen Wirtschaftseinheit wurden. Er fand in der Ordensgemeinschaft die Mitarbeiter, die den Wirtschaftskomplex modern organisierten und für die Aufgaben des Stiftes dienstbar machten. So stellt das Stift auch in wirtschaftlicher Hinsicht wieder den Mittelpunkt der 33 inkorporierten Pfarreien dar. Es konnte die Fert igstellung der Pfarrkirche in Attnang wirksam unterstützen, den Bau der Pfanhöfe in Timelkam und Scharlinz in Angriff nehmen und in sozialer Hinsicht durch Beistellung von Siedlungsgrund in St. Florian und auf den Pfarren, durch Förderung des Siedlungsbaues und durch den Bau mehrerer Familienwohnungen Gutes schaffen . Daneben wurden die Einrichtungen des Stiftes und seine historischen Aufgaben wieder aufgenommen, die philosophisch-theologische Lehranstalt Im Stifte wieder errichtet, die Kunstschätze und Sammlungen, die während des Krieges zum Großteil verlagert waren , wieder gesammelt und aufgestellt. Aus dieser Zeit ragt als einzigartiges Werk die Restaurierung der Großen Orgel hervor, die fast zur Gänze neu aufgebaut wurde. Das Gedächtnis Anton Bruckners, das mit der Großen Orgel zu St. Florian unvergänglich verbund e n ist, hat wesentlich mitgeholfen, daß dieses Werk vollendet werden konnte . Auch die wissenschaftlichen Traditionen des Stiftes wurden in den vergangenen 100 Jahren treu gepflegt. Es sei nur auf dem Gebiet der Geschichte auf Albin Czerny, in der Naturwissenschaft auf Mathias Rupertsberger, in der Musik auf Franz X. Müller,') der als geistiger Schüler Bruckners mehrere _Messen, eine Symphonie und das große Oratorium "Augustinus" schuf und viele liturgische Texte vertonte, in der Theologie auf Dr. Vinzenz Hartl, Dr. Johann Chrysostomus Gspann und Dr. Alois Nikolussi verwiesen. 1 ) geb . 15. 5. 1875 in Dimbacl, , 1' 3. 2. 1948 in Linz. 19
In dieser Zeit des Ringens um die Existenz des Stiftes und der Wiedererweckung seiner Aufgaben vollzieht sich auch eine kirchliche und geistliche Erneuerung in der Gründung der "österreichischen Kongregation der regulierten lateranensischen Chorherren" im Jahre 1907, deren neue Konstitutionen am 21. Mai I 940 vom HI. Stuhl genehmigt und im Gesamtkapitel am 20. November 1947 von Propst Leopold Hager promulgiert wurden . So steht das Stift nach mehr als tausendjähriger Tradition neu gerüstet vor den Aufgaben der Zukunft und wird mit Gottes H ilfe auch kommenden Geschlechtern das sein, was es in Vergangenheit und Gegenwart erfüllt : ein Hort des Glaubens und eine Pflegestätte von Kunst und Wissenschaft. 20 !. Hartmann 2. lsimbert . 3. Dietmar 1. 4. Heinrich 1. . 5. Engelbert 1. 6. Otto 7. Altmann .. 8. Bernhard 9. Dietmar II. . 10. Arnold 1. 11. Siboto . . 12. Arnold II. 13. Konrad . 14. Ulschalk . Reihe der Pröpste ( von 1071 an) 15. Ulrich von Patnanger 16. Ainwik Weizlan 17. Heinrich II. von Marbach 18. Werner von Winkhel .. 19. Heinrich III. von Piber . 20. Johann 1. von Volkenstoif 21. Weigand Mosinger 22. Albert von Rana . . 23. Peter 1. . . . . . . 24. Stephan Zainkgraben 25 . Jodok 1. Pernschlag . 26. Kaspar I. Seisenecker 27. Lukas Fridensteiner von Maur . 1071 -1099 . 1099 - 1123 . 1124-1152 . 1152-1172 . 1172-1202 . 1203-1213 . 1213-1224 . 1224-1240 . 1240-1250 . 1250-1256 . 1257 -1258 . 1258-1271 . 1272 - 1277 . 1277 -1283 . 1283-129.5 . 1295-1313 . 1314-1321 . 1322 - 1331 . 1331-1350 . 1350- 1354 . 1354-1372 .1372 - 1381 . 1381-1381 . 1382-1407 . 1407-1417 . 1417 - 1436 . 1436-1459
28. Johann II. Stieger 29. Kaspar II. Vorster 30. Peter II. Sieghartner 31. Leonhard Riesenschmied 32. Peter lll. Maurer . . . 33. Florian Muth . . . . . 34. Siegmund Pfaffenhofer 35. Georg 1. Freuter . . 36. Vitus Widmann 37. Leopold I. Zehetner . 38. Matthias Gotter 39. David Fuhrmann (erster Lateran. Abt) . 40. Matthäus I. von Weissenberg 41. Franz Klaudius Kröll ... 42. Johann B. III. Födermayr . 43. Johann Georg II. Wiesmayr 44. Engelbert II. Hofmann 45. Matthäus II. Gogl 46. Leopold II. Trulley 47. Michael I. Ziegler . 48. Michael II. Arneth 49. Friedrich Mayer 50. Jodok II. Stülz . 51. Ferdinand Moser 52. Josef Sailer . 53. Vinzenz Hartl 54. Leopold Hager . 1459-1467 . 1467-1481 . 1481-1483 . 1483-1508 . 1508-1545 . 1545-1553 . 1553-1572 . 1573 - 1598 . 1599- 1612 . 1612-1646 . 1646-1666 . 1667 -1689 . 1689-1700 . 1700-1716 . 1716-1732 . 1732-1755 . 1755-1766 .1766-1777 . 1777-1793 . 1793-1823 . 1823-1854 . 1854-1858 . . .. 1859-1872 .1872-1901 . 1901 -1920 . 1920-1944 . 194421
Das Stift St. Florian Das Stift liegt am Südabhang der nördlid1en Hügelkette, die das Tal des Ipfbaches von Westen nach Osten begleitet. Der Boden, auf dem seine Fundamente ruhen, besteht aus altem Schlier, einer Ablagerung des Terciärmeeres, fest wie Stein. Rundum ist fruchtbares Ackerland mit behäbigen Bauernhöfen inmitten waldgekrönter Hügel. Mit vornehmer Bescheidenheit fügt sich der mächtige Bau des Stiftes in das Landschaftsbild. Dem Besucher, der von Osten mit dem A~to oder vom Lokalbahnhof kommt, bietet sich gleich ein schöner Anblick der 195 m langen Ostfront des Stiftes mit dem imposanten Vorbau des Sommerrefektoriums, das die prunkvollen Außenfronten des großen Stiftshofes von dem einfacheren Wohngebäude der Stiftsherren trennt. Auf dem Marktplatz steht zwischen alten Bürgerhäusern der Marktbrunnen aus dem Jahre 1606, mit einer Waffe aus dem Bauernkrieg vom Bildhauer Franz Forster stilvoll gekrönt und nach dem Marktbrande 1814 renoviert. Das Haus mit der barocken Madonna links war das Wohnhaus des im Stifte von 1711 - 44 beschäftigten Bildhauers Leonhard Sattler. ') Rechts kommen wir wieder zu einem Hause, an dem eine Marienstatue zur Erinnerung an die Cholera in den Jahren 1833 und 1855 angebracht ist. Eine Gedenktafel unter dem letzten Fenster des 1. Stockwerkes erinnert, daß hier Anton Bruclmer als Schullehrer und Organist des Stiftes von 1850- 55 wohnte. Zwischen 2 Linden steht eine mächtige Statue des hl. Johannes Nepomuk aus der Werkstätte Leonhard Sattlers. Dann führt der Weg über den Speiserberg hinauf zum Stift. Vor dem Einfahrtstor in den großen Stiftshof, das 1815 unter Propst Michael Ziegler neu erbaut wurde, sehen wir das Denkmal des berühmten Pomologen, Chorherr Josef Schmidberger (t 1844), von dem schon erwähnten akad. Bildhauer Franz Forster in St. Florian. Nun überrascht 1 ) er stammte aus Altstetten im Allgäu, heiratete 1713 in St. Florian , t 1744 in St. Florian. 22
den Eintretenden der Blick auf die gewaltige Westfront des Stiftes, die 204 m lang, durch das Portal mit dem Bläserturm gegliedert und durch die 84 m hohen Kirchtürme abgeschlossen ist. Alle Fensterstöcke sind aus Granit, die plastischen Arbeiten Stiftsportal 23
d;irauf und die Kapitelle auf den Lisenen aus Sandstein gemeißelt von -Bianko. 1 ) Ein besonderes Kunstwerk sind die eisernen Fensterkörbe, deren Rosetten und Bekrönung einst vergoldet waren. Das Portal wurde 1713 vollendet. Sein Aufbau reicht über alle 3 Geschoße und öffnet sich in den beiden Obergeschoßen zu 2 Balkonen. Der erste wird von 4 mächtigen Telamoniden und Säulen getragen, die auf Sockeln mit Löwenköpfen stehen. 4 Statuen , Tugenden darstellend (Eintracht, Standhaftigkeit, Frömmigkeit, Fleiß), zieren die Brüstung. In der Mitte sieht man das Wappen des Propstes Franz Claudius Kröll. Auf dem breiten Gesimse steht die Inschrift: ,,Franciscus Claudius Kröll MDCCXIII Praepositus ad S. Florianum". Die zweite Altane stützt sich auf zwei Hermen (Brustbilder auf nach unten spitz zulaufenden Pfeilern). Auf großen Voluten an der Mauer sitzen 2 Engel mit Mühlstein upd Mitra. Der Entwurf stammt von Jakob Prandtauer; Die Architektur schuf Franz Bianko, die Figuren Leonhard Sattler. Der Turm über dem Eingang heißt Bläsertu rm. In früheren Jahrhunderten war dort ein Orgelwerk eingebaut, das zur Begrüßung der Gäste gespielt wurde. Auch Trompetenfanfaren wurden bei feierlichen Anlässen vom Turm aus geblasen. Stiftshof Es lohnt sich, em1ge Schritte in den Stiftshof zu machen, der im Geviert ein Joch (57 a) umfaß t. Der Springbrunnen in der Mitte stammt aus dem Jahre 1757, Adler und Muschel sind von Johann Jakob Sattler, 2 ) einem Sohne Leonhard Sattlers, die 1 ) J ohan n B. Bianko s tammt e aus Genua, heira tete 1686 in S t. Flo1ian und erwa rb hie r 1703 das Bürgerrecht und das Haus Nr. 8, t 9 . 9. 1722 in St. Fl ori an. 2 ) Bildhauer in St. Florian , geb . 171 3, t 1783. E r schuf für das Stift den Adlerbrunnen , den Tabernakel (1769), ein Cruci fix (1780), den Sarg der Kön igin Kat harina von Polen (1781) 24
übrigen Arbeiten vom Linzer Steinmetzmeister Simon Heußler. Der Brunnen mit allem Zubehör kostete 2000 fl. Der Adler, der eine Schlange in den Krallen hat, setzt eben zum Fluge an, deshalb ist der 2. Flügel noch nicht ausgebreitet. Von der Mitte aus machen wir uns eine Übersicht über die Räume, die wir Stiegenhaus 25
besuchen wollen. Vor uns sehen wir das herrliche Stiegenhaus, das schon nach den Plänen Carlones sich in zweigeschoßigen, ansteigenden Arkaden in den Hof öffnen sollte, dem aber Prandtauer erst durch die waagrechten mit Rankenwerk ausgefüllten Arkadenreihen des Obergeschoßes und durch die Gestaltung der Mittelloge einen besonderen Reiz verlieh. Die Rankenornamente wurden 1709 - 1714 von Johann Bianko ausgeführt. Die Westfront birgt im ersten Stock die Wohnung des Prälaten, Musik- und Gastzimmer, im 2. Stock die Kaiserzimmer. Zur Linken tritt der mächtige Bau des Marmorsaales aus der schlichten Innenfront des Hofes hervor. Den Ostteil des Gebäudes nimmt im ersten Stock die Bibliothek, im 2. Stock die Bildergalerie ein. Der Bibliotheksaal tritt ebenfalls aus der Front mit überhöhtem Dach hervor. Die Figuren auf dem Bibliotheksdach stammen von Johann Paul Sattler 1 ) und stellen folgende Tugenden dar: rechts Jungfrau mit Pfeilen und brennender Fackel - Geistesschärfe, links nachsinnende Matrone in einem Buche lesend und eine Feder in der Hand haltend, zu ihren Füßen ein Adler, neben ihr eine brennende Lampe - Studium, eine alte Matrone mit Helm, sitzend, einen runden Schild in der Hand mit einer Taube - Weisheit, eine alte Matrone mit den Gesetzestafeln - Gottesfurcht. Die Nordfront bietet Raum für Kanzleien, Werkstätten und einige Wohnungen. Dort ist der alte Ziehbrunnen aus 1603 sehenswert. Dieser Trakt ist übrigens der älteste im jetzigen Stiftsgebäude; er wurde 1630 erbaut. Das Stiegenhaus Nun betreten wir das Stiegenhaus von innen. Die allegorisd1en Figuren, die Vasen in den Nischen und die Putti auf der Balustrade im 2. Stock sind wieder Werke Leonhard Sattlers. Zwei herrliche Gitter aus 1730 mit den Initialen J.B.P. (Johann 1 ) Sohn des Leonhard Sattler, heiratet 1748 in St. F'. orian, 1753 von hier weggezogen. 26
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