Wolfgang Hack, im März 2015 23 „Auf zum Freidenkertreffen in Steyr – Garsten! Wie bekannt, wurde unsere Gedenkfeier für die von der Kirche verbrannten 100 Ketzer (Waldenser) über Betreiben des Pfarrers von Garsten von der B.H. Steyr – Land verboten. Auch die für den 5. April angemeldete Feier wurde verboten. Die Rekurse dagegen sind von der oberösterreichischen Landesregierung noch immer nicht erledigt. Wir können daher die Feier nicht abhalten. Wir lassen uns jedoch die Versammlungsfreiheit nicht rauben und so veranstaltet der Bund am Sonntag, den 6. Juli von 9 bis 12 Uhr vormittags auf demselben Platz ein Freidenkertreffen. Redner: Bundesobmann Gen. Ronzal und Endres. Mitwirkende: Die Stadtkapelle Steyr und der Bezirksverband der Arbeitergesangsvereine. Wir erwarten, dass ie Bundesmitglieder und die Ortsgruppenleitungen ihre Sympathie für unseren Kampf durch zahlreichen Besuch bzw. durch die Entsendung von Delegationen zum Ausdruck bringen. Wir werden für angenehmen sowie billigen Aufenthalt unserer Gäste sorgen. Führungen zu Steyrs Sehenswürdigkeiten z.B. dem einzigen Freidenkerfriedhof Österreichs, dem Krematorium mit dem schönen Urnenfriedhof usw. Exkursionen zu dem weltberühmten Stahlschneideatelier des Prof. Michael Blühmelhuber und für Montag in die Steyrerwerke. Kleine und größere Ausflüge in die schöne Umgebung Steyrs und in das Salzkammergut sind leicht möglich. Für am Vorabend Ankommende erbitten wir Quartierbestellungen (privat oder Gasthof) Für Gesellschaften von mindestens fünf Personen können durch das Blockkartensystem auf der Bundesbahn 25 Prozent Ermäßigung jederzeit in Anspruch genommen werden.“41 „Der führerlose Demonstrationszug von 2000 – 2500 Personen richtete sich unter heftigen Pfui – Rufen gegen das Gebäude der Bezirkshauptmannschaft (in Steyr) und gegen das Gasthaus Bachinger, in dem die Heimwehr mit 80 Mann Bereitschaft hielt. Schließlich bewegte sich der Zug weiter in Richtung Garsten. Am Ortseingang von Sarning wurde die Straße durch 45 Gendarmen mit „gefälltem Bajonett“ abgesperrt. Da der Zuzug aus Steyr nicht aufzuhören schien und der Gendarmeriekordon der anwachsenden Menge kaum mehr standhalten konnte, wurde eine Kompanie Alpenjäger angefordert. Es kamen 60 Mann mit Handmaschinengewehren. „Sie wurden mit Pfui – Rufen empfangen und während des Vorbeimarsches durch die Demonstranten bespuckt.“ Um 13:30 Uhr trafen noch 23 Mann Sicherheitswache in einem Unfallauto aus Linz ein. Diese Abteilung trat jedoch nicht mehr in Aktion.“42 Die Arbeiter spürten: Durch das Veranstaltungsverbot sollte ein Exempel statuiert werden. Und beim nächsten Mal könnten bereits die Parteiveranstaltungen mit einem Verbot belegt werden. Eine wichtige Aufgabe sah die Freidenkerbewegung auch in der Aufklärung und Erziehung der Kinder: Als Gegenstück zum Religionsunterricht richtete man einen „Lebenskundeunterricht“ ein, der im Schuljahr 1930/1931 von 170 Steyrer Kindern besucht wurde. Um die humanistischen Gesinnung unter Beweis zu stellen, gingen sie in den 41 Der Freidenker, Seite 125, 1925 42 Franz Sertl, Die Freidenkerbewegung in Österreich im zwanzigsten Jahrhundert, Seite 255, WUV 1994
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