Geschichte der Freidenker -Die Freidenkerbewegung in Steyr

Wolfgang Hack, im März 2015 22 Lehrenschlosser im Steyr – Werk beschäftigt, war Mitte 1931 zur KP übergelaufen. Er konnte auch eine Reihe weiterer (Freidenker)Sektionsfunktionäre mitziehen. Die sozialdemokratische Lokalzeitung merkte an, dass es „auch in unseren Reihen etliche (gebe), die mit dem kommunistischen Radikalismus liebäugeln“. Von ihrer Gründung im Juni 1920 schwoll die Bewegung bis Ende 1921 auf 1995 Mitglieder an. Bis 1924 gingen 800 Kirchenaustritte aus ihre ideologische Ausstrahlungskraft zurück. Später verringerte sich die Zahl der Austrittswilligen, sodass 1928 bis 1931 nur noch 188 Austritte aus der katholischen Kirche verzeichnet werden konnten.“38 „Garsten. Die Ortsgruppe hielt am 4. Jänner (1929) ihre Generalversammlung ab. Aus dem Tätigkeitsbericht ist hervorzuheben: Trotz der würgenden Arbeitslosigkeit hat sich der Mitgliederstand von 22 auf 35 erhöht. Auch der Kassastand erweist sich als recht ordentlich. Die Neuwahlen ergaben: Obmann Otto Zinkernell, Kassier Fritz Kranawetter, Schriftführer Ludwig Pöschinger. Das Referat des Gen. Tetschitzegger über „Klerikalismus, Kapitalismus und Freidenkertum“ wurde mit großem Beifall aufgenommen.“39 Der Freidenkerbewegung entwuchs als selbständige Organisation ein Feuerbestattungsverein, der mit dem Zweck, „den Angehörigen alle Schwierigkeiten bei der Bestattung abzunehmen und die Bestattungskosten auf Versicherungsbasis zu organisieren, in Steyr Wurzeln schlagen konnte. Mit dem Verein solle gegen das Erdbegräbnis, das als „Monopolbesitz der Kirche… ihr eine gute Einnahmequelle verschafft“, angekämpft werden. Von 378 Mitgliedern im April 1923 wuchs der Verein bis 1927 auf 6297 Mitglieder an. Ende 1930 zählte er sensationelle 8384 Mitglieder, in ihrer Mehrzahl organisierte Sozialdemokraten, von denen 1793 konfessionslos, 107 altkatholisch, 585 evangelisch und der Rest römisch – katholisch waren. Der Verein strebte die Errichtung eines Krematoriums in Steyr an, welches mit Hilfe einer großangelegten Bausteinaktion finanziert wurde. Nach der Grundzuweisung durch den Gemeinderat und dem Baubeginn im Dezember 1926 wurde die Feuerhalle bereits am 26. Juni 1927, als erstes Krematorium in Oberösterreich und nach Wien als zweites in Österreich, eröffnet. Bis März 1933 gab es 566 Veraschungen. Die Bewegung versuchte nicht nur die Bestattung zu verändern, sie führte ihre eigenen Symbole ein. So sollten Naturstiefmütterchen anstatt der Erdschollen den letzten Gruß an den Verstorbenen ausdrücken. Auch die Vermittlung antiklerikaler Traditionen sah die Freidenkerorganisation als eine wichtige Aufgabe an; beispielsweise am 22. März 1930 bei einer behördlich verbotenen Gedenkfeier „für 100 auf dem Ketzerfriedhof in Kraxenthal verbrannten Waldenser“40 38 Josef Stockinger, Zeit die prägt, Seite 64/65, Eigenverlag Dr. Josef Stockinger, Steyr, 2011 39 Der Freidenker, Seite 54, Nr. 3, 1929 40 Josef Stockinger, Zeit die prägt, Seite 64/65, Eigenverlag Dr. Josef Stockinger, Steyr, 2011

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2