Eröffnung der Feuerhalle in Steyr 1927
geäscherten wird niemand gefährdet. Was von einer Ver - aschung übrig bleibt, ist vollkommen keimfreie, sterile Asche, die in jeder Wohnung aufbewahrt und von jedem in die Hand genommen werden kann. Auch vom Standpunkt des Schönheitsgefühles überragt die F euerbestattung alle ander en Arten von Leichenversorgung. Durch meinen Beruf als Gerichtsarzt war ich imstande, die verschiedenen Stadien von Leichenzer setzung anzusehen. Ich habe über gerichtlichen Auftrag Leichen zu behandeln gehabt, die einige' Tage, ander e, die Wochen, Monate und Jahre im Grabe gelegen hatten . Nicht um alles in der Welt könnte ich es ertragen, daß einer meiner Angehörigen oder mein eigener Leichnam jemals in diesen abscheulichen Zustand der ZAr- setzung gerät. So bin ich. durch meinen Beruf ein Anhänger der Feuerbestattung geworden. Den meisten Widerstand findet die Feuerbestattung bei <l l3n Anhängern der verschiedenen Religions - Bekenntnisse. Am intolerantesten sind in dieser Beziehung die ortho- doxen Juden, die die Feuerbestattung, als mit den An- schauungen ihrer Lehre nicht ver einbar, auf das heftigste b ekämpfen. Ebenso erklärt die katholische Kirche, daß die Einäscherung gegen die kirchlichen Normen verstoße und wei- g ert sich, bei solchen Bestattungen mitzuwirken. (Sie kann aber auch anders, wie wir wissen.) Die altkatholische und evangelische Kirche jedoch hat sich mit der Feuerbestattung l ängsLabgefunden und es wird sich auch noch die katholische Kirche in eigenstem Interesse belehren lassen. Ich komme nun von der Gegenwart auf d i e Z u k u n f t d er Feuerbestattung zu sprechen. Die wird, und das sage ich mit vollkommener Ueberzeugung, anders aussehen wie die Gegenwart, insbesondere in jenem Punkte, in dem es sich um die kirchliche Anerkennung dieser Bestattungsart handelt. Ich erinnere Sie nur daran, daß heute noch eine kirch- liche Verordnung besteht, wonach Selbstmörder ohne Mit- wirkung der Kirche in ungeweihter _Erde begraben wer- den müssen. Tatsächlich aber wird heute jeder Selbst- mörder eingesegnet und in geweihter Erde begraben. Die Kirche hat den Uebergang dermaßen gefunden, daß sie sich, wie ich in meiner Praxis oft selbst Gelegenheit hatte zu erleben, bei dem Gerichtsarzte erkundigte, ob der Selbstmörder geistesgestört war. Ein solcher Selbstmörde r 15
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