Eröffnung der Feuerhalle in Steyr 1927

Vortrag, gehalten vom Universttä-tsprofessor Dr. J u I i u s Kratte r anläßlich der Gedächtnisfeier am 1. November 1923 im Kasinosaale in Steyr Es ist heute wohl der richtigste Tag, der Tag des Geden- kens an unsere Toten, um von jener Bestattungsform zu spre- chen, die heutzutage leider eine noch viel umstrittene Frage ist: von der Feuerbestattung. Ich muß mich dabei der be- schränkten Zeit wegen sehr kurz fassen, um doch das nohv<:'n- digste sagen zu können. Die alte Naturlehre kannte vier Grundstoffe, dii:' sie Ele- mente nannte, nämlich: Luft, Erde, Wasser und Feuer. Es sind das jene Medien, mit welchen wir auch bei der l,eichenversor- gung zu rechnen haben. Wenn wir also die Versorgung der Toten wie üblich als Grab bezeichnen, können wir von ein0m Luftgrab, einem Wassergrab, einem Erdgrab und einem Feuer- grab reden. Das L u f t g r a b war die älteste Form der L~ichenver- sorgung. Auf einer noch sehr niedrigen Kulturstufe, als die Menschen noch nicht seßhaft waren, sondern in Rotten herum- zogen und sich von der Jagd ernährten, da war es natürlich unmöglich, daß sie ihre Toten in einem gehegten Raume ver~ sorgten, den wir, heute Friedhof nennen. Diese Völker ließen ihre Leichen einfach dort liegen, wo der Tod eingetreten war und ließen sie den wilden Tieren zum Fraße. Schon eine höhere Form der Leichenversorgung war, wie gesagt, das . Luftgrab, und diese Art der Bestattung pflegen heute noch ein- zelne Volksstämme in Zentralafrika, sowie die Eingeborenen Amerikas. Bei dieser Art' von Bestattung wird der Leichnam auf einen Baum gelegt, wo er an der Luft austrocknet und so als eine. Art natürlicher ' Mumie dauernd erhalten bleibt. Die Leichenbestattung der Aegypter war eigentlich auch eine Art Luftbestattung; die Leichname trockneten in dem heißen Wüstenklima zu den bekannt dauerhaften Mumien aus. In In- dien besteht eine religiöse Sekte, die Feueranbeter oder Par- sen. · Diese Sekte pflegt heute noch diese Art der Bestattung. 10

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