Festführer Kreisturnfest 1928

61 jahrtaufendlanger Arbeit gegraben hat. hier mag der Turner, mag der Kletterer seine Kunst erproben, wenn er geradewegs zum Flusse strebt. Den Bedächtigeren führen enge Steige in viel­ facher Windung in die Tiefe, zu den einsamen Auen, zu den blinkenden Kiesbänken und tiefblauen Tumpfen der Steyr, hier gilt es nun die Kunst zu zeigen, die scheue Forelle oder muckende Asche zu überlisten. Und wenn uns Petriheil beschieden war, die Sonne hinter der kremsmauer versunken ist, kehren wir im Gasthof des Herrn Grawatfch ein, dem beliebten Aus­ flugsziele der Steyrer und Linzer. Des nächsten Tages wandern wir talauf, dem Felde neuer Tätigkeit zu. Don Efeu umrankt liegt zur Rechten das altehrwürdige, malerische Kirchlein Leonstein, bald darauf erinnert uns der muntere hämmerklang, dafj wir uns in einer Gegend befinden, die feit Jahrhunderten der Mittelpunkt einer blühenden Sensen- und Messerindustrie ist. heute noch erzeugen die Nachkommen der ureingefeffenen Familien der Seitlinger, der weinmeister und der pieftlinger ihre weltbekannten, gesuchten Erzeugnisse, nur allmählich ver­ drängt der Maschinenbetrieb die altererbte hcmderzeugung. Die Forste jenseits der Steyr, das ganze TRollnertal, gehören zur Fideikornrnisherrschaft JCamberg. sie waren einst durch ihren Wildreichtum bekannt und selbst heute, nachdem Krieg und Krankheiten den wildstand stark verringert haben, drängt in schneereichen wintern das Hochwild ohne Scheu zu den Fütte­ rungen ins Tal. wieder verengt sich das Tal, die Straße führt bergauf, bergab, doch immer anregend zwischen Fluß und Bahn dahin. Dort, wo die Bahn die Stahe mit einer kühnen Brücke übersetzt, die trotz neuzeitlichster Ausführung sich har­ monisch in das Landschaftsbild einfügt, find wir beim Steyr­ durchbruch, einer klammartigen Enge der Steyr und damit an einem ihrer schönsten Punkte angelangt. Die Gunst der natür­ lichen Verhältnisse ausnützend, errichtete man hier ein Kraftwerk und eine haushohe Talsperre. Dem Steyr-Stausee, der sich hier gebildet hat, gilt unser Besuch. Er ist berühmt ob seiner Forellen, die als ein bis zwei Kilogramm schwere Räuber die nassen Gefilde beherrschen, doch gingen auch Prachtstücke von vier bis fünf Kilogramm an die Angel. Gern weilen wir an diesem Wasser inmitten der schönsten Gegend des Steyrtales. Freundlich grüßt das Bergkirchlein von Zrauenstein herab, ein beliebter Wallfahrtsort feit alter Seit; im Hintergrund ragt der Hohe Priel, wem find sie nicht zu rasch entschwunden, die scheinbar langen, aber doch so kurzen Stunden vom dämmernden Morgen, bei Sonnenhitze oder Regenschauer, bis zum verschwinden der Sonne hinter den rotgolden leuchtenden Berggipfeln des Hoch­ gebirges. Doch wenn das Tagwerk getan, die Natur ihre Rechte geltend macht, dann wenden wir die Schritte aufwärts zu dem Bergkirchlein, das uns — der liebe Gott verzeihe uns um Petri willen — heut nicht mehr Ziel, sondern nur Weg­ weiser sein soll. Hart an der Kirchenmauer steht die gastliche

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