Festführer Kreisturnfest 1928

34 fln einem Werktisch angelehnt stehen die Barren, wie ein Wunder erscheint es uns, aus solch einer kalten, rohen Stange ein Kunstwerk wie dieses erstanden zu sehen. Der Künstler ist sein eigener Schmied, der das Stahlstück im Holzkohlenfeuer bis zur Rotglut erhitzt und dann auf dem Rmbofo mit schweren Hammern auf die gröbste Form, die Urform, bringt, die dann unter Benützung von Schrot und Schrotmeißel von der Stange abgetrennt wird. Drehstahl und Grobfeile helfen mit, dem Stücke die genauere Umrißform zu geben. Run ist der Schmied fertig und der Künstler darf mit seinem Werke beginnen. Hls Grund­ lage dient ihm eine Werkzeichnung, oft find es nur ganz flüchtig hingeworfene Detailstudien. Stift und Papier sprechen ja eine ganz andere Sprache, als Stahl und Werkzeug. Rn ein Ruf- tragen im Pauswege ist auch nicht zu denken, denn die Flächen sind gewölbt, gewunden und bewegt und das Papier macht die Wendungen nicht mit. Da heißt es frisch und direkt ins Material gehen. Mit Pinsel und säurefester Farbe malt sich der Künstler alles auf, auch die Details, und nun kann er arbeiten, mit groben und feinen Bohrern, mit Zeilen und Feilchen aller Rrt, die in einer die Zahl Taufend über- trefsenden Menge auf dem Werktische liegen, bequem für die Hand des Arbeitenden erreichbar und zumeist von ihm selbst geschmiedet und geschliffen, denn die reiche Formenwelt, die der Künstler m i t Stahl i n den Stahl zaubert, erfordert auch eine fortlaufende Reihe von werkzeugerfindungen. £r weiß, auch für die harte gibt es Grenzen. Dann wird das Material spröde und untauglich und darum heifzt es, in sorg­ lichem Verfahren sozusagen mit dem Gefühl abwägen, auf daß der zum Werkzeug bestimmte glühende Stahl im richtigen Momente abgekühlt werde, um jene äußerste härte zu erreichen, die geeignet ist, den edelsten Manganstahl noch immer zu bearbeiten. Mit den vielen Instrumenten nun, deren feinste den Häkelnadeln gleichen, dringt er in die Tiefe. Im Ringen zwischen Werkzeug und Werkstoss werden die Stahlteilchen spanweise entfernt. Die Zeichnung muß unverletzt bleiben, wenn das Innere alles freigelegt, durchsichtig und duftig dasteht, geht der Künstler daran, die Außenseite bildhauerisch zu formen und durchzuarbeiten. von dem Augenblicke der Vollendung der handwerksmäßi­ gen Schmiedearbeit an, wird das Stück auf den Arbeitstisch gebracht. Ein Ausschnitt in der platte desselben erlaubt dem Meister das bequeme Sitzen und gibt ihm die Möglichkeit, die tausenderlei Werkzeuge leicht zu erreichen. Direkt vor dem Meister liegt das angefangene Werk in Kitt gebettet auf der sogenannten kittkugel, einer Eisenhalbkugel, die mit ihrer konvexen Außenseite als Gelenk in einer dazu passenden, auf der Tischplatte ruhenden Gelenkspfanne drehbar ist. wenn dann auch die Oberfläche durchmodelliert ist und die Arbeit bereits den feinen grauen Ton zeigt, der dem Stahle

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