Rudolf Kropf Industrielle Arbeitswelt und Museum Zur Entstehung des wissenschaftlichen Konzeptes Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erlebte West- und Mitteleuropa nach dem „Wiederaufbau" eine bisher nicht gekannte Hochkonjunktur, die für den arbeitenden Menschen einen Wohlstand in bis dahin ungeahntem Ausmaß brachte. Man war bereit, Gemeinsames über Trennendes zu stellen und Konflikte durch Kompromisse zu ersetzen. Diese Zeit des Wohlstandes veranlaßte die ~enschen zur Erneuerung der materiellen Kultur und zu einem „Uberbordwerfen" von Traditionen und traditionellen Normen. Eine Periode der Modernisierung mit einer bestimmten Distanz zur Vergangenheit und Geschichte erfaßte alle Bereiche des Menschen. Seit Mitte der sechziger Jahre ist erstmals eine neue Dimension in der sozio-ökonomischen Entwicklung erkennbar, nämlich die Mikroelektronik. Seit wenigen Jahren bestimmt sie alle Lebensbereiche des Menschen und läßt ihm bewußt werden , daß diese Revolution einen völligen Wandel seiner gesamten Daseinsform darstellt. Die Arbeitswelt befindet sich seither in einem völligen Umbruch, dessen Dimensionen auch heute noch nicht absehbar sind. Immer rascher beginnen sich unser Umfeld und auch wir uns selbst zu verändern. Kinder verstehen heute die Welt ihrer Eltern und Großeltern nicht mehr. Bruchlinien entstehen, die von den Menschen zwar wahrgenommen, aber nicht verstanden werden. Zur Orientierung und als Anhaltspunkt versucht man, den Blick zurück in die Vergangenheit zu richten. Der Frage nach dem Wohin dient zur Standortbestimmung aber auch die Frage nach dem Woher. Man begann sich für die industrielle Revolution und die eigene Vergangenheit, für die Geschichte der industriellen Arbeitswelt zu interessieren. Dabei handelt es sich aber um eine historisch weitgehend unbelichtete Perspektive, die Strukturgeschichte der industriellen Arbeit, die wir kennen müssen, um mögliche Entwicklungen für die Zukunft erkennen und beurteilen zu können. 1 ) Unsere heutige Arbeitswelt zeigt dabei keinen uniformen Charakter. Manchmal treffen wir noch auf vorindustrielle Strukturen, die es als resistente Faktoren verstanden haben, sich mit einer bescheidenen Mechanisierung gegenüber der Industrie zu behaupten. Diese im Rückzug befindlichen Produktionsstätten werden vermutlich die nächste Generation nicht überleben. Daneben existiert 32
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