Dieser Zusammenhang zwischen Bildung und Kultur bedeutet, daß nur jemand, der im Bildungssystem auf Geschichte in einer bestimmten und ausreichenden Weise vorbereitet wurde, sich die Objekte einer Ausstellung oder eines Museums „sinnvoll" aneignen kann. Diesen Zusammenhang bestätigen auch Statistiken, wonach der Hauptanteil der Museums- und Ausstellungsbesucher (bis zu 85 Prozent) aus der schmalen Schicht der Bildungselite (acht Prozent der Bevölkerung) stammen (!FES-Studie 1975). Auch der gigantische Medieneinsatz für Großausstellungen hat daran nichts wesentlich geändert. Die auch noch so großen und ehrlich gemeinten Bemühungen, durch verschiedene attraktive Angebote, Großausstellungen und Museen für breitere Teile der Bevölkerung zu öffnen, sind bisher in eine falsche Richtung gegangen. Massenbesuch von Ausstellungen heißt noch lange nicht Teilnahme der Massen an kulturellen Aktivitäten. Ebensowenig sind Museen (auch das „Museum Arbeitswelt" kann sich nicht ausschließen) demokratische Inseln, die unabhängig vom Bildungssystem und dem herrschenden Kulturbegriff den Zugang zu kulturellen Institutionen prinzipiell erleichtern können. Eine gewisse Schwellenangst und verschiedene Berührungsängste sind auch nicht durch die Schaffung neuer Museen mit neuen Inhalten abzubauen. Hier stehen wir erst am Anfang einer langfristigen qualitativen Breitenarbeit. Die Forderung sollte nicht in die Richtung der Erweiterung des Museums für alle gehen, sondern es sollte gegen den elitären Anspruch nutzbar gemacht werden. Das „neue" Museum ist gesellschafts- und praxisbezogen zu machen, in dem Sinne, daß Lernprozesse initiiert werden, die helfen, Fremdbestimmung und Abhängigkeiten zu erkennen und durch Lernleistung Veränderung der eigenen Situation zu bewirken. Geschichtsvermittlung In vielen Bereichen des alltäglichen Kommunikationsfeldes sind konstante Erwartungen und Fragehaltungen gegenüber der Geschichte festzustellen, in denen eine Art vorwissenschaftliches Geschichtsbewußtsein aufbewahrt wird. So wie eine Gesellschaft ohne Geschichte nicht denkbar ist, so hat auch der einzelne das Bedürfnis, sich in Raum und Zeit zu orientieren und Identitäten zu finden. Das kollektive wie das individuelle Erinnerungsvermögen sagen viel über den Zustand einer Gesellschaft aus. Doch das hat noch wenig damit zu tun, was vorrangig Aufgabe der Geschichtswissenschaft ist und was man allgemein als das Aufspüren von Sinn- und Bedeutungszusammenhängen von Gegenwart und Vergangenheit nennen kann. Erst der strukturelle Zusammen26
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