meistens in der Marienkirche auf dem Stadt platz, hin und wieder auch in der 1946 erbau ten kleinen Kirche in Münichholz. In der Mari enkirche saßen wir immer links in der 4. Reihe, schräg unterhalb der Kanzel, von der die Jesu iten mit kräftiger Stimme herunterpredigten. Wenn einer besonders laut schimpfte, bezog ich, ohne sinnerfassend zu verstehen, dies auf mich und duckte mich in die Bank. Die latei nischen Messen dauerten für Kinder viel zu lange, bewirkten aber ein beständiges Her umwandern der Augen. Ich kenne alle Figuren, Symbole, Engel und Ornamente in der Mari enkirche, die man von der 4. Reihe aus sehen kann. Ich kenne sie für immer. Und vor allem die goldglänzende Madonna mitten im Altar. Die Baustelle Am 14. September 1959 erfolgte der erste Spa tenstich zu Pfarrhof und Pfarrsaal auf der Ennsleite, entworfen von den Architekten Johann Georg Gsteu und der Arbeitsgruppe 4 aus Wien. So führte von da weg mein Schulweg durch das Baugelände. Über die 3m hohen zusammenge baggerten Erd- und Lehmhügel entstanden sehr bald ausgetretene Pfade. Ich war vom ersten Tag und an allen weiteren Tagen in der Früh und in der Mittagszeit auf der Baustelle und verfolgte die Ausgrabungen der Keller, die Fundamentierung und die Betonarbeiten. Besonders span nend wurde es, als die neuartigen, die Gebäude tragenden Stahlbetonkreuze angeliefert und aufgestellt wurden. Nach zwei Jahren, am 14. Ok tober 1961, wurde die neue Seelsorgeanlage mit einer Feierstunde eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren Pfarrhof, Pfarrsaal und Jugendheim fer tiggestellt. Als Kirchenraum diente der Pfarrsaal. Am Sonntag, 15. Oktober 1961 wurden um 7,9 und 10.30 Uhr die ersten Gottesdienste gefeiert. Am 10. Dezember 1961 wurde die neue Seelsorgean lage von Diözesanbischof Dr. Franz Zauner ein geweiht. Als Seelsorger wurden Pfarrkurat Alois Reiter und ab 1. August 1962 Kaplan Ferdinand Arbinger bestellt. 5.547 Personen lebten 1962 im Pfarrbereich. Beton Brut Oer Bau der Kirche wurde in Sichtbeton - Beton Brut - gestaltet. Diese architektonische Richtung bezeichnet die Verwendung von Be ton in seiner nach dem Ausschalen sichtbaren Bauform. Spuren des Schalungs- und Herstel lungsprozesses wie Unebenheiten in der Über fläche kennzeichnen die Betonoberflächen dieser Bauwerke. Oer Neubau in der damals modernsten Architektursprache war zweifel los der inspirierende räumliche Hintergrund, der die Entstehung einer neuen kirchlichen Jugendkultur mitermöglichte. Mit der Anord nung der Bänke rund um den Altar und dem vielen Tageslicht wurde der Gemeinschafts charakter der erneuerten Liturgie sogleich er fahrbar. Am Beginn der zweiten Klasse Hauptschu le 1963 hat mich unsere Religionslehrerin Maria Gieß zum Vorbeten in den Kindergot tesdiensten berufen. Ich weiß nicht, warum sie mich auserwählt hat. Jedenfalls begann Die Ennsleitsn-Kirche
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