den gestört, er lag mitten im Zeitgeist, und ich habe mich mit Feuer und Flamme dieser Grup pe angeschlossen. Festes statt, setzen den befreienden Weg Got tes mit seinem Volk auf eine neu und radikal zugespitzte Weise fort. Der neue Blick auf Christentum und Politik In ungefähr dieser Zeit kamen mit Hans Wührer und etwas später Rup Federsei zwei ausgesprochen politische, linke Kapläne auf die Ennsleite. Und die vertieften unseren neu en Blick auf Christentum und Politik um ganz wesentliche theologische Dimensionen: näm lich um die biblischen. Die Bibel, also das Alte Testament und insbesondere die Evangelien neu zu entdecken, das war ein gedankliches Abenteuer, das mich eigentlich bis heute nicht loslässt. Was war so neu an diesen Geschichten, die du als Siebzehnjähriger regelmäßig an den Sonntagen schon x-mal gehört hast, was soll daran noch aufregend sein? Beginnen wir am Anfang, also mit dem Schöpfungsbericht: „Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich." (Gen 1,26) und einen Absatz weiter: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild: als Abbild Gottes schuf er ihn." Der Mensch als Abbild Gottes, das ist für mich bis heute das tiefstgründige Fundament der Menschenrechte, was meinen Respekt vor all jenen, die sich aus anderen Motiven heraus dafür einsetzen, keineswegs mindert. Als nächstes Schlüsselereignis galt es den Exodus zu entdecken, den Auszug der Israeli ten aus Ägypten. Jahwe führt sein Volk aus der Sklaverei, und erst aus dieser Befreiungstat leitet er seinen Anspruch ab, diesem seinem Volk ein neues Gesetz zu geben, den Dekalog, die Zehn Gebote. Jahwes Ordnung für das Le ben von uns Menschen ist als Befreiung, als Freiheit grundiert. Das jüdische Pessach- oder Passahfest ist das Erinnerungsfest an diese Befreiungstat Jahwes, und Jesu Tot und Auferstehung fin den unmittelbar im zeitlichen Rahmen dieses Das Leben vor dem Tod Und dann kam plötzlich dieser Satz, wann genau und wie, weiß ich nicht mehr, ich sage heute, er ist vom Himmel gefallen: Ich glaube an ein Leben vor dem Tod! Denn zumindest nach meiner Wahrnehmung war der christ liche Glaube, und ist es z. T. heute noch, auf das Jenseits fixiert. Jesus ist von den Toten erstanden, um uns ewiges Leben zu schenken. Okay, mag sein, aber dann lasst uns dieses ewige Leben doch hier und jetzt im Diesseits beginnen, Jesus hat uns erlöst, damit wir er löst leben. An dieser Stelle muss ein sehr persönlicher Einschub erlaubt sein: In keiner Passage diese Buches ist mir das Schreiben so schwer gefal len, wie hier. Denn dass jemand seinen Glau ben aus der Bibel ableitet, das passiert bei Ka tholiken ganz selten. Ich habe auch überhaupt kein Gefühl dafür, wen von meinen Leserinnen und Lesern das eigentlich interessiert, die ganze innerkirchliche Debatte ist, wenn sie überhaupt geführt wird, auf das Thema Zölibat eingeschränkt, und darüber hinaus ist Sende pause. Eine breite Debatte über Geschichte und Inhalt der Offenbarung findet nicht statt, und den immer noch gültigen Opfercharakter der Eucharistie stellt auch keiner in Frage, ein ganz böses Versäumnis in meinen Augen. „Als Katholik kannst du nur links sein", sagt mein Freund Hannes Hiesimayr. Ja freilich", sage ich, „eh klar, was sonst?" Aber dann komme ich ins Grübeln: Warum sind dann die europäischen Katholiken bes tenfalls bürgerlich rechts angesiedelt (CDU/ CSU in Deutschland, ÖVP in Österreich, die frühere DC in Italien) und in schlimmeren Fäl len (aktuell Polen!) widerlich rechtsnationalis tisch? Warum haben, blickt man etwas weiter zurück, die Kirchen offen menschenverach tende faschistische Regime (den österreichi20
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