Maria Gabriele Treschnitzer Meinen Glaubensweg gefunden Ich war 15 und auf der Suche. Im Glauben fühlte ich mich allein gelassen. Nach einer recht intensiven Jungschargruppe in Dietach bei Steyr gab es dann für heranwachsende Jugendliche außer den Gottesdiensten in der Pfarrkirche im Dorf keine Möglichkeiten mehr, sich in Gemeinschaft intensiv mit dem Glauben zu beschäftigen und sich auszutauschen. Bald bemerkte ich auch, dass die meisten Jugend lichen um mich herum kaum mehr Interesse an solchen Fragen hatten. Die Religiosität der Dorfkirche empfand ich mehr als Brauchtum, das mich nicht besonders ansprach und die ich, auch der Überheblichkeit der Jugend ge schuldet, oft als unaufrichtig und wenig tief beurteilte. Wie können sie so leben, wenn ich doch Sonntag für Sonntag in den biblischen Texten etwas ganz anderes höre? Wie können sie zufrieden sein, wenn sie wohlhabend, bür gerlich, abgegrenzt leben? Kurzum: Ich war mit meinen Fragen und Zweifeln allein. Dann kam das FlO. In der Schule hatte ich davon erfahren, ich glaube über den Religions professor. Dort wurde ich mit Gemeinschaft, aber was für mich genauso wichtig war, mit der Radikalität des Glaubens konfrontiert. Plötzlich waren da viele, die wie ich dem Evan gelium, Christus intensiv nachfolgen wollten, die mich nicht für eine hysterische Spinne rin hielten und mit mir die Freude am Beten, Glauben, Feiern und Singen teilten. In den vielen Gesprächen und Liturgien, die wir sehr jugendlich und frei gestalten durften, erlebte ich eine christliche Gemeinschaft, die mir half, meinen Glaubensweg zu finden. Ich war im Club „Spektrum" mit sechs Mit schülerinnen aus meiner Klasse. Der Clubna me „Spektrum" hat uns gefallen, weil er das Bild hervorrief, wie das Licht durch ein Prisma die Farben des Regenbogens entstehen lässt. Jede von uns suchte sich eine Farbe, und wir strickten uns Pullover, nähten uns Kleider in „unserer" Farbe: ich hatte die Farbe Rot und war die Leiterin. Somit war ich auch in der Leiter*innengruppe und lernte kennen, welche Schwerpunkte andere Gruppen hatten. Das war eine große Bereicherung, aber auch eine Herausforderung, z.B. in den immerwähren den Diskussionen: Brauchen wir mehr Kon templation oder mehr Aktion? Meine Eltern waren, da selber sehr gläubig, angetan, dass sich die jüngste Tochter so in tensiv mit dem Glauben auseinandersetzte, andererseits war die Art und Weise, wie es dort geschah, für sie befremdlich und auch et was suspekt. Die Einfachheit im Leben und im Umgang mit Besitz radikaler zu werden, wurde mir nicht zuletzt durch unsere gemeinsamen Taize-Reisen zur lebenslangen Herausforderung. Christ*in sein spielt sich jenseits bürger licher Religion ab. Das darf so sein und darin bin nicht allein. Für die Erfahrungen im FlO, die mich auf den Weg gebracht haben, bin ich bis heute sehr, sehr dankbar. Maria Gabriele Treschnitzer, Theologin, Mitbegründerin der Krankenseeisorge in Salzburg, Seeisorgerin für Laientheoiog*innen, zuletzt Referentin für Citypastoral und soziai-caritative Dienste, im Fi01972-1974 15
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2