Eine österreichische evangelische Parochie

4 mit ausgedehnten Promenaden geschmückten Höhen bis 51t 700 Meter ansteigen, liegt die fast tausendjährige Stadt. Hier residierten im altersgrauen Schloß einst die Bischöfe von Freisingen, jetzt hat beu Sitz der Kirchenfürsten der Handelssürst und Geldkönig Baron Albert von Rotschild hüte. Wie vieles ließe sich noch erzählen von manch anderem schönen Punkt des Landes, wohin eittzelne Evangelische verschlagen sind! In Windischgarsten und im Ursprungstal der Steyr, in dem uralten Spital am Pyhrnpaß, das 1190 von Bischof Otto II. von Bamberg als Hospiz für die Neisettden auf der alten Römerftraße gebaut wurde, in dem oberen Mbstal hinein zu den ragenden Mauern der Voralpe, in den Fabriksorten des unteren Mbstales gegen Amstetten 51t sind „hie und her Fremdlinge", denen der Pfarrer wohl einmal zu einer Taufe einen Besuch abstattet und mit denen er sich freut des herrlichen Landes als Ersatz für manche Entbehrung der Diaspora. Der Sommer zumal führt evangelische Sommerfrischler und Kurgäste bald hier, bald dort her in das Parochie- gebiet. Es wird, wie bereits an vielen Orten im schönen Alpenland so auch hier, eine besondere Aufgabe der suchenden Liebe werben, diesen Sommergästen der Pfarr- gemeinden Gottesdienste zu veranstalten und sie von der Pracht amSchemel Gottes zum Glanz und zur Wonne an seinem Herzen zu führen. — Schwer ist der Dienst eines österreichischen Pfarrers, sonderlich beiseit, der int Hochgebirge eine Gemeinde zu bedienen hat. Kärglich ist der Lohn an äußerem Gut. Streit und Kampf gegenüber der römischen Kirche, auch oft selbst gegenüber den staatlichen Behörden um Durch­ setzung der Grundrechte unserer Kirche, ist den meisten beschieden. Schmalhans ist in sehr vielen Pfarrhäusern Küchenmeister. Verzichten auf viele Freuden nachbarlichen Verkehrs, auf tieferes Studium und geistige Anregung, weil Mittel und Ansprache 'fehlen, ist selbstverständliches Opfer. Wie viele Stellen in den Alpenländern haben ein Einkommen unter 700 fl.! Wir haben Stellen, die etwa 300 fl. Fixum, an Naturalien 120 fl. und Stolgebühren 50 fl. tragen. Mancher Pfarrer führt denn auch daheim eine durchaus bäuerliche Lebensweise in Nahrung und Kleidung. Da wirb das Fasten auch ohne Kirchengebot Gesetz und Ordnung. Die Bürde des Amtes muß zumeist bis zum Tode getragen werden, denn wer kann von den jetzigen Ruhe­ gehalten leben! Das höchste Ausmaß an Ruhegehalt beträgt nach 40 jähriger Dienst­ zeit 420 fl. Aber nächst dem wackeren evangelischen Leben und dem frommen Sinne der einfachen und bei kümmerlicher Nahrung zufriedenen Menschen in den fast durch­ weg kirchlichen Gemeinden entschädigt ein kostbarer Vorzug: Die ewigen Freuden, welche Gottes Statur in den wunderbar gelegenen Pfarrsprengeln bietet. Welche Fülle frischer Bergnatur, welche Herz und Geist erquickenden Herrlichkeiten der Landschaft, die er sein eigen nennt! Mag auch „drunten im Unterland" in mancher Stadt und wohlhabenderen Gemeinde eine behaglichere Stellung winken, den österreichischen Pfarrer der Diaspora in den Alpen hält's doch dort fest. Hier in den Bergen bleiben ihm Herz und Mut gesund: „Sein Herz ist im Hochland", wo er sich den ewigen Bergen Gottes ein gut Stück näher vorkommt. An der reichen, intereffanten Geschichte der Alpenlande hat auch die Parochie Steyr vollen Anteil. Hier ließe sich vieles berichten von den alten Kelten, die in dämmernder Geschichtszeit in unseren Gegenden nach Eisen gegraben, von den Römern, die hier die Provinz Roricum eingerichtet hatten, deren Straßen durch unsere Orte geführt waren, von den Klostergründungen in bajuvarischer Zeit, von der Herrschaft

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