Eine österreichische evangelische Parochie

17 an die Staatskasse zahlen; 5. nur solche Gewerbs und Landleute, die nachweisen können, das; ihre Vorfahren vor 50 Jahren dem augsburgischen Bekenntnis zugetan waren, werden geduldet, doch erstreckt sich die Duldung auf ihre Kinder und Haus­ genossen; 0. alle Beamten müssen katholisch sein; 7. alle giftigen und sektischen Bücher sind binnen einem Monat abzuliefern. Es kamen die Schrecknisse und Drang­ salierungen, als diese Befehle durchgesetzt wurden, und es wurde das Land wieder katholisch bis auf jene Tausende, die in den versteckten Gebirgswinkeln des Salzkammer­ gutes und in den einsamen Bauernhöfen des Flachlandes südlich der Donau ihren Glauben bis zum Anbruch der Freiheit zu bewahren vermochten. Als die Sonne der Huld Kaiser Josef II. über den zertretenen Gefilden des Protestantismus in Österreich aufging, da sproß fast überall neues Leben und wurde durch Glaubensmut und Opferwilligkeit neu genährt. — Steyr wurde damals eine der unglücklichsten Städte. Im Jahre 1652 standen 141 Häuser öde ohne Eigentümer. 17 leer, obwohl sie Eigentümer hatten, 174 hatten gänzlich verarmte Eigentümer. Doch wurden in dieser trostlosen Zeit gebaut: Das Kapuzinerkloster (1615—1617), das Jesuitenkollegium mit Gymnasium und Seminarium (1632, vollendet 1662), die Michaelerkirche (voll­ endet 1677), das Zolestinerinnenkloster (1662—1670), die renovierte Dominikanerkirche (1642—1647). Vier Männerorden, Benediktiner, Kapuziner, Jesuiten, Dominikaner und ein Frauenorden, die Zölestinerinnen, besorgten das wieder katholisch werden aufs gründlichste. Die Jesuiten ließen an die Front ihrer Kirche den Sturz der bösen Engel malen. Ihre und der anderen Arbeit geschah im Geist des kategorisch über derselben Kirche stehenden Wortes: Hio Deum adora. (Hier bete Gott an.) Die Protestanten hielten versteckte Gottesdienste im Dorf an der Enns, bis auch diese verhindert wurden. Doch es wird Zeit, daß wir die untergegangene evangelische Gemeinde in Steyr- verlassen und uns der gegenwärtigen neuerstandenen zuwenden. Bei ihrer Bildung ist es hergegangen, wie es ähnlich oft in den neueren evangelischen Stadtgemeinden geschehen ist. Ihre Entstehung und ihr Zusammenschluß hat etwas typisches an sich. Ein paar glaubensfreudige und kirchlich Gesinnte in der Diaspora tragen schwer die Entbehrung der Kirche und der Gottesdienste. Sie forschen nach Glaubensgenoffen in der Nähe, machen welche ausfindig und schließen sich mit ihnen zusammen. Ein Komitee, ein Vorstand bildet sich. Ein Verein der evangelischen Glaubensgenoffen wird gegründet. In langsamer, oft Jahrzehnte hindurch fortgesetzter Bemühung er­ wächst aus ihm eine kleine Gemeinde. Mit mehr Mut als Mitteln, bettelnd und betend, opferbereit und oft auch selbst Opfer von Feindschaft und Undankbarkeit, machen sie sich an die kirchlichen Einrichtungen. Unter vielen Hindernissen, Kümpfen und Sorgen entstehen ein Kirchlein, ein Pfarrhaus, werden mit Jubel begrüßt, um doch, kaum fertig im Verein mit den dadurch neu entstandenen Lasten und Pflichten eine andere Sorgenquelle zu werden. Die Gemeinde in Steyr erwuchs aus dem Wurzelstock der seit der Toleranz Kaiser Joses II. im Jahre 1782 im Landbezirk Steyr entstandenen Landgemeinde Neukematen. Die wenigen dorthin eingepfarrten und hier wohnhaften Glaubens­ genoffen und Zugezogene aus anderen evangelischen Gemeinden Oberösterreichs lvaren der erste Grundbestandteil. Daran schloffen sich dann die durch die jetzt leider im starken Niedergang befindliche österreichische Waffenfabrik aus allen Ländern, zum

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