Eine österreichische evangelische Parochie
jugendlicheren, idealistisch-rosenfarbenen Weltauffassung, welche alle frommen, herz lichen Gefühle bestärkt."*) Als Kaiser Rudolf den Protestanten Religionsfreiheit bewilligen mußte, blute im Jahre 1608 das Gymnasium unter dem Rektorat des Egidius Weixelberger von Regensburg wieder aus. Viele auswärtige adelige und bürgerliche junge Leute be suchten es und es stand der Anstalt in Linz durchaus nicht nach. Doch dauerte diese neue Blüte nur kurze Zeit. Im Jahre 1624 ließ Ferdinand II. abermals alle evan gelischen Geistlichen und Lehrer vertreiben. Die Gegenreformation siegte völlig. Die Dominikaner zogen in die Schulgebäude ein und später, im Jahre 1632, errichteten die Jesuiten ein katholisches Gymnasium. Heute hat eine ständige Jesuitenmission' die Kirche inne und die ehemaligen Schul- und Klosterräume besitzt ein Weinhändler. An der Nordwand des Gebäudes gegen den Klosterhof mit seinen Kreuzgängen berichtet eine In schrift von den wechselnden Schicksalen des Hauses. In den riesigen, tief unter das Enns bett reichenden, aus Tuffstein gebauten Kellern der Kirche la gern Weinfässer. Das ehema lige, noch mit drei fast unkennt lichen Deckengemälden (Hochzeit zu Kana, heiliges Abendmahl. Fußwaschung) geschmückte Re fektorium dient als Comptoir und Lagerraum. Sonst weist kein Denkmal in jene Tage zu rück, wo hier die evangelische Jugend die Wissenschaften be trieb. Roch eilt anderes Haus auf dem Stadlplatz weckt wehmütige protestantische Erinnerungen auf. Es ist das Haus Nr. 33, welches einst dem unglücklichen Wolfgang Madlseder, Stadtrichter von Steyr, gehörte. Als die evangelischen Bauern im Jahre 1626 unter dem grausamen Regiment des Statthalters Graf von Her- berstorf das äußerste erlitten, was ein Mensch um des Glaubens willen erleiden kann, standen sie zur verzweifelten Gegenwehr im ganzen Lande auf. Stephan Fa- dinger von St. Agatha ward der Oberhauptmann der christlich-evangelischen Armee oder der versammelten Bauernschaft in Oberösterreich. Auf ihren Fahnen stand ge schrieben. „Vom bairischen Joch und Tyrannei Und seiner großen Schinderei Mach uns, o lieber Herr Gott frei. *) Vgl.Nagl und Zeidler, deutsch-österreichische Literaturgeschichte, Wien 1899, Haupt band, Seite 575. 12 Steyr im Jahre 1582 .
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2