Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

63 werden. Andreas Ungnad ermahnte die Stände zu werktätiger Näch- stenliebe, da nach Paulus der Glaube ohne die aus dem Glauben fli e- ßenden Werke tot sei, und stellte den Ausschüssen die Juden als Bei- spiel für die Nächstenliebe hin 100 ) . Die Frucht dieser Vorstellungen war eine V i s i tat i o n der S pi t ä 1 er, die von den Landschaften im Jahre 1545 im eigenen Wirkungskreis durchgeführt wurde. Ein Einzel- fall, die Visitation des Spitals in Grein, möge den Vorgang erläutern 170 ) . Am 16. April 1545 bestellten die Landschaftsausschüsse den Andre von Prag und N. Salchinger, Bürger zu Perg, zu Visitatoren des Spitals und Siechenhauses in Grein. Sie hatten laut Instruktion die Greiner Rats- leute vorzuladen, den Stiftbrief vom Spital und Siechenhaus abzuver- langen, das sichere Jahreseinkommen, die Nutzung der Armen und das ungefähre tägliche Almosen zu erkunden und die letzte Jahresrechnung des Spital- und Kirchmeisters entgegenzunehmen. über Annahme, Un- terhalt und Wartung der Armen war ein schriftlicher Bericht einzusen- den. Besonders hatten sich die Visitatoren zu erkundigen, warum man so viele bresthafte Leute vor der Kirche liegen ließ, ob diese nicht im Spital untergebracht, oder ob nicht durch eine Sammlung oder durch ein Haus Vorsorge getroffen werden könnte. Nach dieser Handlung mit den Ratsherren hatten die Kommissäre das Spital zu besuchen und sich bei jedem Spitaler im geheimen über sein Hereinkommen, die Ver- pflegung, Reinlichkeit, Wartung bei Bettlägerigkeit, das Pflegepersonal und den Besuch des Priesters in Todesnot zu erkundigen. Zum Schluß schrieb die Instruktion die Visitation der Kammern, des Bettgewandes und des Spitalsgebäudes vor. über die Visitation war ein schriftlicher Bericht an die Landschaft zu erstatten. Vom Erfolg dieser Visitation der Spitäler ist zwar nichts Näheres zu ermitteln, doch dürfte sie die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf die gefährdete Einrichtung des Spi- tals gelenkt und irgendwie Anstoß geg·eben haben, daß in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts wieder Stiftungen an die Spitäler fielen und eine Anzahl dieser Häuser erweitert oder neugegründet wurde. 3. Von der Visitation des Jahres 1544 bis zur Salzburger Generalsynode von 1549. Die Jahre 1545-1548 sind auch im Lande ob der Enns beherrscht durch die weltgeschichtlichen Vorgänge in Deutschland, die im Schmal- kaldner Krieg die Kaiserkrone Karls V. bedrohten und nach dem Sieg des Kaisers bei Mühlberg ihn auf den Höhepunkt seiner Macht führt en. Die heranreifende Entscheidung -steig·erte die Versammlungstätigkeit der Landstände aufs höchste. Im Lande ob der Enns tauchen zum erstenmale im Jahre 1545 neben den Landtagen die sogenannten „Ver- sammlungen" auf, Ausschußsitzungen, welche Beschlüsse vorbe- 1 &•) Annalen , Bd. VIII, BI. 189' ff. 170) Einen Auszug aus der Visitation des Greiner Sp i tals fand ich als loses Einlegblatt in den Annalen, Bd. VIII.

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