Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

57 als zum Davonlaufen 150 ) . Scharf tadelte der König di e Bezugnahme der Stände auf die Prager Religionseingabe sowie di e Drucklegung der Verhandlungen, ließ es aber nach einer Treueversi cherung mit einer Verwahrung bewenden. Als auf den 3. Dezember 1543 neuerdings Ge- sandte nach Prag delegiert wurden, verzichtete der Prälatenstand, ein- gedenk der bösen Erlebnisse vom Vorjahre, auf eine Beschickung. Als Begründung schützte er Unvertrautheit mit den Kriegshandlungen vor. 2. Die Visitation von 1544 und ihre Aufschlüsse. Die von besorgten Katholiken und von den Landständen so oft g·eforderte Kirchenvisitation wurde endlich im Jahre 1544 durchgeführt. Man konnte erwarten, daß die Erfahrungen von 1528 verwertet würden. Der Aufgabenkreis der Kommissäre zerfiel in einen rein weltlichen, d. h. finanzi ellen, und in einen kirchlich-rechtlichen Teil. Die Visitation erwies sich von der Sorge des Landesfürst en um die Rettung des ka- tholischen Glaubens und um die Erhaltung der Klöster und Kirchen als wichtiger St euerquellen bes timmt. Auch die Wahrung der Reli- gionseinheit trat bei der Visitation in erster Linie als Angelegenheit des Landesfürsten, nicht des Bischofs hervor. Wie weit die Kirchenfrage bereits in den Umfang staatlicher Aufgaben eingegangen war, zeigte die Zusammensetzung der Visitationskommission im Lande ob der Enns. Ihr gehörten an: der Vizedom, der Steyrer Burgg-raf Hans Hofmann, Wolf Grientaler und Wolf Steinprucker, Vikar zu Freistadt. Der Vize- dom, also der Finanzdirektor des Landes, als Präsident der Kommission und der einzige Geistliche lassen den staatskirchlichen Cha rakter der Visitation scharf hervortreten. Freistadt war bischöfliche Pfarre, der dortige Vikar vertrat wohl den Ordinarius der Diözese. Diese gemischte Kommission ritt nun von Ort zu Ort und nahm nach einer Instruktion die Visitation vor 151 ) . Die wichtigsten Punkte waren die St euerleistun- gen und die Rüstpferde der einzelnen Klöster und Kirchen, Lehenschaft und Vogtei der Pfarren, schließlich di e Erkundung des kirchlichen Le- bens der Pfarre. Die Erhebung der kirchlich-religiösen Verfassung einer größeren Pfarre geschah nach den Gesichtspunkten: Pfarrer, Benefizi a- ten, Kirchmeister, Zechen, Spitalmeister , gemeiner Kas t en. Der schrift- liche Niederschlag· der Visitation an manchen Orten, besonders in Städ- ten, zeigt, daß die Kommission mit einer gewissen Streng·e und Umsicht zu Werke ging. Die Aldenstücke zu den verschiedenen Gegenständen, stark durchgestrichene Entwürfe und von der Kommission ganz zurück- g·ewiesene Ausweise, Rückfragen und zweite Da rstellungen für di e Vi- sitatoren bezeugen , daß sich die Regierung, immer geleitet von ihrem doppelten Gesichtspunkt, klaren Einblick in den Stand der Ding·e ver- schaffen wollte. Gegenüber der Eilfertigkeit und Oberflächlichkeit der Visitation von 1528 stechen Ernst und Gründlichkeit wohltuend hervor, verglichen mit den Auskünften der Visitationen von 1562 und 1566, spricht größtenteils Ehrlichkeit aus den Aussagen der Visitierten und t 50) Annal en , Bd. VII, BI. 174. 151 ) Die Fragen der Visitation bei Wiedemann , Bd. I, S. 91 f.

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