Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

54 Liturgie anzunehmen. Verschiedene Anzeichen kündeten den entschei- denden Umbruch an. Im Februar 1541 befahl der Rat von Steyr der Bürgerschaft Gehorsam in den Religionssachen, verbot Irrungen über das hl. Sakrament und Winkelpredigten und gab Weisungen über Oster- beichte, Kommunion, Kindertaufe, Fasttage und das christliche Be- gräbnis, ein klarer Hinweis auf die an den genannten Punkten einset- zende Neuerung. Noch auffallender verrät ein Vorschlag des Prälaten- standes, der auf dem Mailandtag 1541 zum erstenmal selbständig her- vortrat, den hohen Ernst der Lage. Die Prälaten verlangten ein a 11- g e m e i n e s K o n z i 1 oder ein N a t i o n a 1 k o n z i 1 und bis dort- hin bei sonstiger Gefährdung der Türkenhilfe R e 1 i g i o n s f r i e d e n. Ihr Hinweis auf die Mutlosigkeit in weiten Kreisen, auf die zahlreichen Mißbräuche und Irrlehren, auf den Untergang der Volksfrömmigkeit und auf die Verödung der Klöster war nur zu berechtigt, wie die Vi- sitation von 1544 zeigen sollte. Den weltlichen Ständen bot der nächste Generallandtag die erwünschte Gelegenheit zur straffsten Fortsetzung ihrer Religionspolitik. Das Unglück vor Ofen hatte dem schon früher geäußerten Wunsche nach einem Generallandtag der österreichischen und böhmischen Länder Gehör verschafft. Dieser wurde für den 16. Oktober 1541 nach Linz ausgeschrieben, wegen schlechter Beschickung aber nach Prag verlegt Der Pra ge r Genera 11 an d t a g von 1541/42 143 ), auf dem zum erstenmal die Gesamtstaatsidee der einst igen österreichisch-ungarischen Monarchie zum Ausdruck kam, rückte trotz der militärischen und finan- ziellen Notwendigkeiten die kirchliche Frage in den Vordergrund. Die Vertreter der niederösterreichischen Ländergruppe überreichten am 13. Dezember 1541 eine Bittschrift, auf die sich jedes einzelne Land in Zukunft immer wieder berief 144 ) . Für das Land ob der Enns fertigten Siegmund Ludwig Herr von Pollheim, Erasmus Herr von Starhemberg, Achaz Hohenfelder, Wolf Hohenfelder, Linz, Steyr und Enns 145 ) . Die Stände erbaten vom König unter Berufung auf die gesunkene Volks- sittlichkeit und das überall eingerissene Freileben als Sofortprogramm die Predigt des höchsten Artikels der Justifikation allein aus dem Ver- dienst und Leiden J esu Christi und das hl. Sakrament unter beiden Gestalten, in weiterer Folge eine Reformation aller anderen Mißbräuche gemäß dem jüngsten Reichstagsabschied. Hoch beklagt wird die Ver- ödung vieler Pfarren . Sehr geschickt sind ihre Forderungen zur Türken- hilfe in Beziehung gesetzt. Nur auf Grund des „gewissen Glaubens" 143 ) Loserth-Men si , Die Prager Länderta gung von 1541/42, AöG., Bd. CIII, 1. H. (1903), S. 435 ff., und Bu choltz, Bd. VIII, S . 154 ff. 144 ) Abgedruckt u. a. bei Raupach, Bd. II, Beilagen, S. 75 ff., wo Raupach, Bd. I, S. 36 ff. verbessert ist. Die Da ti erung der Supplikation bei Raupach , Bd. I , S 38, 13. Dezember 1542, ist unri chtig. Die Bittschrift wurde am 13. Dezember 1541 überrei cht. "•) Der obderennsischen Del egati on gehörten außer den Genannten noch an : Ludwig Abt von Lambach , Wolfgang Abt von Garsten, Johann Graf zu Schaun• berg, Georg von Perkham und Erasmus Häckelsberger. Die Städtevertreter, die nicht persönlich, sondern mit dem Namen ihrer a ls juristischer Person aufge- faßten Stadt zeichneten, waren Thomas Enenckl , Hans Schwaber und Peter Hof- männcll.

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