Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

52 1538 130 ) sprach sich für ein N a t i o n a 1 k o n z i 1 aus und suchte die arg gesunkene Volkssittlichkeit als Folge der Vernachlässigung des reinen Wortes hinzustellen. · Als Ergebnisse der dreizehn Jahre kirchlicher Revolution im Lande ob der Enns seit 1525 stehen fest: die führende Rolle der weltlichen Stände zugunsten des Luthertums, die weitgehende Ausnützung der Türkengefahr für ihre Konfessionspolitik und ein tiefreichender re- ligiöser Verfall infolge der Glaubensspaltung. Im Jahre 1525 hatte sich die Landschaft das erstemal zum reinen Evangelium bekannt. Ver- geblich suchten Ferdinand 1527 und der Administrator von Passau 1529 der Glaubenszerreißung durch Generalmandate Einhalt zu gebieten. Seit 1534 begann die Einführung der A C auf Schlössern, 1536 warf Ferdinand den Landständen offen Gehorsamsverweigerung vor, 1538 bekannte sich die Landschaft unter Vermeidung des Namens bereits ausgesprochen zur AC. Die religiöse Verwilderung und die er- schreckend gesunkene Volksmoral, welche den ersten Abschnitt der großen kirchlichen Umwälzung begleiteten, traten so deutlich zutage, daß sich durchreisende päpstliche Gesandte wiederholt in düsteren Berichten über ihre Wahrnehmungen äußerten 137 ). Da die kirchlichen 'Verhältnisse der angrenzenden Länder ähnlich geartet waren, sahen sich die Vertreter der alten Kirche vor ernste Ereignisse gestellt. II. Vom Beginn der „öffentlichen Religions- änderung" bis zur Stellungnahme der Stände zum Augsburger Religionsfrieden, 1539-1556. 1. Die Umwandlung des Luthertums zu einer öffentlichen Religionsform, 1539-1544. Die V o r g ä n g· e i n U n g a r n hatten Ferdinands Aufmerksam- keit in den Jahren 1539-1541 so festgehalten, daß die Erbländer und die sich in ihnen abspielenden Ereignisse in den Hintergrund traten. Schon 1539 hatte der König einen neuen Feldzug des Sultans erwartet und selbst die Kosten eines Heeres getragen. Als Johannes Zapolya am 22. Juli 1540 starb, schien der Krieg zwischen Ferdinand, der Ost- 13 ') Die Haltung der Vertreter Innerösterreicbs auf der Linzer Tagung bei Loserth J., Die Reformation und Gegenreformation in den innerösterreichischen Ländern, S. 68 f . 137 ) Nuntius Giovanni Morone, der 1536 über Baiern nach Wien reiste, ent• setzte sieb über die Verödung der Seelsorge und über die r eligiöse Verwahr- l osung des Volkes . Am 9. September 1538 meldete Nuntius Girolamo Aleander von Linz nach Rom, der Religionszustand gleiche einem großen Chaos. Sein Begleiter Fabio Mignanelli bestätigte auf Grund seiner Beobachtungen von Trient nach Linz die Verödung zahlreicher Kirchen und Klöster nnd das Erlöschen der Volks- frömmigkeit. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd . V 10 -", S. 254 ff.

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