Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

51 Der W i e n e r Au s s c h u ß 1a n d t a g vom 12. Dezember 1536 bis März 1537 132 ) stellte nicht nur die Zerrissenheit der Predigt infolge der Glaubensspaltung und die Verödung „ziemlich vieler" Pfarrkirchen und Filialen fest, sondern holte zu einem entscheidenden An g r i f f a u f d i e R e g e n s b u r g e r O r d n u n g aus. Die Stände forderten die Einstellung der Gottesdienste nach der Regensburger Ordnung, Fer- dinand dagegen erklärte die „Regensburgische Reformation" als sein Vorbild, bedauerte den Mangel an guten Geistlichen und versprach eine Visitation. Nach weiteren Verhandlungen wiederholte Ferdinand die Zusage einer Visitation und Reformation zwecks Durchführung der Regensburgischen Reformation und wies die auf Nichtwissen lautende Entschuldigung ihrer „ganz landmärigen" Verfehlungen zurück. Nichts spricht mehr für die grundlegende Bedeutung der Regensburger Ord- nung als dieser einer neuen Defensivordnung angehängte Religions- kampf in Wien. Die Vereinbarungen von 1524 waren Rechtsgrundlage und Reformprogramm zugleich, für ihre Einhaltung war Ferdinand auch den anderen katholischen Fürsten verantwortlich. Der König blieb trotz seiner bedrängten Lage den Abmachungen treu. Daher lautete der Feldruf auch in Zukunft: Hie Regensburg, hie Augsburg! Die vernichtende Niederlage des christlichen Heeres bei Esseg am 10. Oktober 1537 verschlang die Hilfe der Erbländer' 3 ") und bot den Landständen eine günstige Gelegenheit, in ihrer religiösen Haltung einen weiteren Vorstoß zu wagen. Auf der Frühjahrstagung 1538 be- trat zum erstenmal die 1u t h e r i s c h e D o g m a t i k die Landtags- stube. Die Stände bekannten sich zur Rechtfertigung aus dem Glauben und zur Ohrenbeichte, forderten das hl. Abendmahl unter beiden Ge- stalten und verwahrten sich gegen Strafen wegen Einschreitens „wider offenbare :Mißbräuche" und wegen Disputationen darüber 134 ). Vergeblich suchte Ferdinand den Adel zu isolieren, indem er die Städte wie schon 1523 135 ) als Kammergüter erklärte. In voller Einmütigkeit entgegneten die Stände, daß sie bereits seit hundert Jahren als die vier Landstände beisammen und anerkannt seien, und beriefen sich zur Erhärtung dieser Tatsache auf die Schadlosbriefe im ständischen Archiv und auf beweis- kräftige Urkunden in den Städten. Dieser Kampf um die staatsrecht- liche Stellung der Städte zieht sich durch die ganzen Reformations- kämpfe der Zukunft hindurch. Es ist bemerkenswert für den Geist der Zusammengehörigkeit der Landschaft, daß die Prälaten in dieser Frage trotz der lutherfreundlichen Haltung der Städte gegen den katholischen König standen. Ein Linz e r Aus s c h u ß 1an d t a g vom Juli ' ") Annalen, Bd. VI, BI. 166 ff . Prevenhuber, S. 255 ff. Die Landesvertreter waren Abt Heinri ch von Baumgartenberg, Siegmund Ludwig von Pollheim, Hans von Prag, Georg von Landau, Georg Perkheimer, J akob Ottmar , Bürgermeister von Lin z, und Thomas Enckl, Richter zu Enns. 133) Berichte in den Annal en Bd. VI, BI. 258 f., 268 f., 280 f. Dazu Bucholtz, Bd. V, S. nn ff., und Prevenhuber, S. 257 f. 134) Das „Schreiben an den König in Religionssachen" in den Annal en, Bel . VI, BI. 286'. 135 ) Prevenhuber, S. 258. 4 *

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