Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

48 protestantischen Fürsten schlossen mit Baiern, dem natürlichen Bundes- genossen Österreichs in der Erhaltung der katholischen Religion, einen Bund gegen Ferdinand, dem auch Frankreich beitrat. Auf dem Wege über Zapolya setzte sich dieser deutsche Fürstenbund sogar mit den Türken in Verbindung. Erst im Vertrag von Linz am 1. September 1534 schloß der König mit Baiern Frieden, der seit 1526 zu bestehen aufgehört hatte. Die gefährliche Lage Ferdinands während dieser di- plomatischen Einkreisung hatte zum Erlöschen der Landtagstätigkeit im Jahre 1533 geführt. Die auf den 31. März anberaumten Landtage aller niederösterreichischen Länder entfielen nach zweimaliger Termin- verlegung schließlich ganz. Den Wiederzusammentritt des Landtages am 25. Februar 1534 benützten die Stände des Landes ob der Enns zur Fortsetzung ihrer Religionspolitikm). Sie behaupteten den fast völligen Mangel gelehrter und in der Schrift gegründeter Prediger im Lande ob der Enns und eine größere Freiheit der Predigt besonders auch in den Stiften vor zwanzig Jahren und früher; ein Zeugnis für die vorrefor- matorische Schriftpredigt, das vermerkt zu werden verdient. Die Gegen- überstellung von aufrichtigen „Prädikanten" 118 ) und ihren „Miß- gönnern"110) lenkt die Aufmerksamkeit auf die i n n e r e n Zu s t ä n d e d e s Lu t h e r t um s. Die heftigen Bezichtigungen gegen Passau wegen Vorgehens gegen die Prädikanten legen die Vermutung eines Erfolges des Ordinariates nahe. Richtig ist nur, daß der Widerstand des Ordinariates im Bunde mit dem Landesfürsten eine völlige Über- flutung des Landes mit Luthers Lehren verhinderte. Die kampflose Auslieferung der Pfarrkirchen unterblieb, wohl aber bahnte sich die zukünftige Rechtslage des Luthertums an, indem der Adel auf seinen Schlössern Prediger der AC anstellte. Diese Schloßkapellen und Adels- ldrchen begannen durch den starken Zulauf aus Stadt und Land die eigentlichen Mittelpunkte der Religionsneuerung zu werden. Die Kanzeln der Stadtkirchen folgten 120 ) . Die Machtgebiete der Landstände, Schlösser und Städte, erwiesen sich als Haupthercl~ des Luthertums. Der von den Ständen als Folge des Predigermangels gedeutete Auf- ruhr und Ungehorsam des „Pofels" zeigt das Ansteigen der revolutio- nären Gärung unter dem Einfluß der Glaubensspaltung. Wie ein Idyll mutet inmitten dieses Geisterkampfes der B r i e f w e c h s e 1 z w i- s c h e n Luther und Frau Dorothea Jörger auf T o 11 e t 121 ) an. Die Witwe nach Landeshauptmann Wolfgang Jörger (t 1524) erscheint nicht nur als fromme, für Luthers Lehre begeisterte Frau, sondern bei ihrer Gewissensberatung durch Luther 122 ) und durch 11 7 ) Annalen, Bd. VI. BI. 13 ff. 118 ) In den Annalen hier zum erstenmal gebraucht. 11 ') Einer der verschleierten Ausdrücke, deren sich die protestantischen Stände im Konfessionskampfe auf den Landtagen bedienten. "") Vergl. die richtige Beobachtung bei Prevenhuber, S. 255. 121 ) Raupach, Bd. II, S. 60 ff . '") Der katholische Pfarrer von Tollet erlaubte Frau Jörger einen Prediger für sie und ihre Hausgenossen . Auf einen Zweifel wegen Mangels der Priester- weihe schrieb Luther derb zurück: ,,Laßt euch nicht irren, 01;> die Prediger nicht beschmiert oder beschoren sind vom Weihbischof, denn dieselben sind nicht zum Predigtamt, sondern zur Winkelmesse geweiht und sind die Priester Baal und

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