Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

47 Abwehr des türkischen Vergeltungsfeldzuges zu treffen. Nach den Landtagen von 1530 und 1531 brachte das Entscheidungsjahr 1532 die finanziellen Höchstansprüche Ferdinands, über die auf dem I n n s- b r u c k e r Au s s c h u ß 1a n d t a g der niederösterreichischen Länder vom 9. Jänner bis 22. Februar 1532 verhandelt wurde 115 ). Hatten die Landstände schwere Geldforderungen des Königs zu erwarten, so mußte Ferdinand mit einem Vorstoß der Stände in der Religionsfrage rechnen. Der Vorstoß erfolgte, und zwar unter Führung des Landes ob der Enns. Die obderennsischen Ausschüsse waren Abt Leonhard von Wilhering, Propst Konrad von Waldhausen, Veit von Zelking, Chri- stoph von Traun, Eberhard Marschall von Reichenau, Christoph Jörger zu Tollet, Michael Weigl, Bürger von Steyr, und Wilhelm Kaufmann, Bürger von Gmunden. Nach der gemeinsamen Beschwerde aller nieder- österreichischen Länder gegen das Passauische Generalmandat von 1529 erhob zum erstenmal ein Ausschußlandtag die Forderung nach dem klaren Worte Gottes ohne jeden Menschenzusatz und ersuchte den König, wegen gelehrter Pfarrer und Prediger bei den Ordinariaten vor- stellig zu werden. Ein Markstein in der Geschichte der Glaubens- spaltung in den österreichischen Erbländern! Das Luthertum war ge- meinsame Angelegenheit der erbländischen weltlichen Stände geworden und förderte unter dem Gesichtspunkt des gemeinsamen Vorgehens das nicht sehr starke Zusammengehörigkeitsgefühl der einzelnen Erbländer. Trotzdem wich Ferdinand nicht und erhärtete so die Tatsache, daß die katholische Sache ihm nicht etwa Hausinteresse, sondern tiefverwurzelte Überzeugung war. Von den angeforderten 200.000 fl. hatten das Land ob der Enns 20.320 Pf., seine Städte und Märkte 6.730 Pf. zu über- nehmen. Der türkische Vormarsch im Frühjahr 1532 zwang den Kaiser zu Verhandlungen mit den Schmalkaldnern. Der Nürnberger Religions- fri ede vom 23. Juli 1532 sprach die Duldung der evangelischen Reli- gionsübung bis zu einem Konzil aus, worauf die Reichsstände dem Kaiser die Türkenhilfe gewährten. Soliman, der bis zum 30. August vor Güns aufgehalten worden war, wagte keinen Angriff auf des Kaisers Heer zwischen Wien und Neustadt, sondern trat in einer Seitenbewegung durch Steiermark den Rückmarsch auf Belgrad an. Türkische Kavallerie aus dem Streifkorps Kasimbegs erschien am 8. September vor Steyr und am 9. September übersetzte der Vortrab bei Ernsthofen die Enns und verheerte die Gegend von Gleink und Dietach 110 ) . Das durch endlose Truppendurchzüge aufgeregte Land hatte zum ersten- und letztenmal Bekanntschaft mit dem türkischen Erbfeind g·emacht. Schien durch den Abzug der Türken die militärische Lage ent- spannt zu sein, so verdichtete sich infolge der Wahl Ferdinands zum Römischen König die politische Atmosphäre zu einem Gewitter. Die 1 ") Das :Material findet sich zerstreut in den Annalen, Bd. II, besonders BI. 455 f., 243 ff., 378 und 464 f. Die finanziellen Leistungen der einzelnen Länder im Oberösterreichischen Landesarchiv, Landtagsakten, Bd. XLIV, Nr. JH9. D;tzu Raupach, Bd. II, S. 27 f. 116 ) Prevenhuber, S. 248 ff. Mit Befriedigung meldet der Steyrer Chronist. daß Kasimbeg beim Rückmarsch „zum Teufel fuhr".

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