Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns
43 Wiedergetaufte bei der Auflegung von Absolution und Buße mit dem passauischen Vertreter in Beisein der Obrigkeit in der Kirche zu dispu- tieren begonnen hatten. Von den strafwürdigen Geistlichen, welche die Visitatoren zur Stellung nach Passau verpflichtet hatten, erschien kein einziger. Scharfe Kritik forderte in Passau der Strafzug des Dietrich von Hartitsch heraus 103 ) . Sein Kaplan legte den Wiedertäufern Buße auf und schaffte sie wegen der Absolution zu ihren Pfarrern. In diese drang Hartitsch unter Drohungen und zwang sie zur Absolution. Besonders erpicht war das Ordinariat auf die Überstellung des Pfarrers Georg Endelhauser nach Passau. Der Mann war 1527 wegen Ketzerei und schlechten Lebenswandels in Passau eingekerkert, aber gegen Ver- schreibung und Eid, der Widerruf, Buße, Dispenseinreichung an den Papst und Amtsenthaltung versprach, freigegeben worden, beging je- doch Eid- und Sieg·elbruch. Hartitsch setzte ihn wieder als Pfarrer von Grein ein. Das Auslieferungsbegehren an den Landeshauptmann auf eigene Kosten Passaus blieb wohl auf dem Papier. Auch die Beschwerde an den König zeitigte keinen Erfolg. Ferdinand erklärte vielmehr, Har- titsch habe auf königlichen Befehl gehandelt, verlangte vom Administra- tor die Ratifikation der Absolutionen und künftig die Betrauung einiger geschickt en Geistlichen mit der Absolution. Ein Erfolg der Anweisung an den Landeshauptmann, strafmäßige Kleriker auf Anforderung nach Passau zu überstellen, darf bei der Einstellung Cyriaks von Pollheim bezweifelt werden. Setzten auch die Ketzerinquisition und die Kirchen- visitation der umsichgreifenden Religionsbewegung zunächst Schranken, so erreichten sie ihren eigentlichen Zweck nicht. Das Luthertum er- hielt neuen Auftrieb und die bischöfliche Jurisdiktion über das Land ob der Enns hatte eine verhängnisvolle Niederlage erlitten. Die nächste Abfolge von Kämpfen drehte sich nicht mehr um die Besetzung der Pfarren, sondern um Sein und Nichtsein der bischöflichen Jurisdiktion im Lande. D. Bischof und Landesfürst unter dem politischen Druck der Land- stände. 1. Die Bindung des Königs durch die Thronfolge in Ungarn und in Böhmen und die immer bedrohlicher heraufziehende Türkengefahr boten dem Adel die Gelegenheit, in den J ahren 1526 bis 1528 die alten kirchlichen Rechtsverhältnisse zu durchstoßen und die Kirchenherrlich- keit an sich zu reißen. Durch die Verweigerung der Unterstützung bei der Unterdrückung des Luthertums kündigte der Adel das bisherige mittelalterliche Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt auf. Viele Adelige besetzten die erledigten Pfarren mit ihren Predigern, ohne sich um Passau zu kümmern, zogen die Kircheneinkünfte ein, ver- weigerten für sich und ihre Untertanen das geistliche Gericht in Ze- hentstreitigkeiten, Kirchengutshändeln, Ehefragen und Priestertesta- menten. Vergeblich verwies Ferdinand auf die Regensburger Ordnung 103 ) Bericht Ernsts von Passau an König Ferdinand vom 11. September 1528. Gekürzt bei Nicoladoni, S. 183 f.
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