Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

42 als Unrecht bezeichnet, da jeder Pfarrer zur Aufschreibung seiner Pfarr- leute in ein Register und zur Beschreibung der Pfarrmenig· verpflichtet sei. Einern Verreisenden habe der Pfarrer den Zettel bei sonstiger Straf- fälligkeit ohne Geld zu reichen. Doch untersagte die Kommission unter Verweisung auf die Regensburger Ordnung nicht das Beichtgeld. Schließlich empfahlen die Visitatoren an Sonntagen die V e r k ü n d i- g u n g d e r E p i s t e 1 neben dem Evangelium, an Mittwochen und Freitagen zur Hebung des Messebesuches die Verlesung der Epistel und des Evangeliums ohne Predigt nach dem Text und die strengere Hand- habung der Kirchenzucht während des Gottesdienstes 100 ) . Die Vor- schläge stellen sich als echtes Beamtengutachten, Befolgung eines Be- fehl es der Obrigkeit, dar und waren wenig geeignet, dem fortschreiten- den Verfall Einhalt zu gebieten. Die Furcht beider Teile, Streitfälle vor die Visitationskommission zu bringen, bestätigt die Auffassung von der Kommission als einer Sache des Landesfürsten 101 ) . Daß es über dieser Visitation im Zusammenhang mit der Täufer- bekehrung zu einer nachträglichen Auseinandersetzung zwischen Passau und Wien kam, liegt ganz auf der allgemeinen Entwicklungslinie der Religionspolitik, die der Hand des Ordinariates immer mehr entglitt und immer ausschließlicher in die Hände des Königs überging. Admini- strator Ernst hatte zwecks Absolution der Wiedertäufer je einen Ver- treter in das Land unter und ob der Enns geschickt 102 ) . Dem Verord- neten des Landes unter der Enns hatte sich innerhalb der zwei Monate seines Aufenthaltes niemand gestellt, beim obderennsischen Vertreter waren nur wenige Getaufte erschienen. Seither wendete sich niemand mehr nach Passau. Die Erteilung der Absolutionsgewalt an alle Pfarrer hielt das Passauer Ordinariat für untunlich, da im Lande ob der Enns 10 0 ) Der Bericht spri cht von „Klaffen" (nicht „klassen", Nicoladoni , S. 183) und Spazierengehen während des Gottesdienstes, ein Bild, das man von manchen Holzschnitten dieser Zeit her kennt. E s braucht nicht an absichtliche Störung gedacht zu werden. 101 ) In Steyr s t and die Bürgerschaft im scharfen Kampf mit Abt Pankraz von Garsten. Die Bürger beschuldigten den Klerus der Vernachlässigung der Stiftungen und zogen den Mangel an gelehrten Predigern und die Abschaffung der geschickten Prediger an, so daß die Wiedertäuferei aufgekommen sei. Der Abt warf dagegen den Steyrern Lust an der Neuerung und an fremden Lehren vor unter Hinweis a u f Calixtus, Forster und Weinberger. Die Nichteinhaltung der Stiftungen begründete er mit der Abnahme der Andacht und des Unterhaltes der Geistlichen. In der Pfarre wolle sich niemand mehr zum Gesellenstand brauchen lassen. Die Steyrer verteidigten dagegen die Wendung des Salve r egina auf Christus und nahmen besonders die Predigermönche auf das Korn. Prevenhuber, der nur „summariter di e Hauptsache" angibt, meint, wer Recht oder Unrecht gehab t ha be, könne nicht mehr disputiert werden , ,,vielleicht ist beides bei beiden ges tanden' '. S. 241 f. Die zwei P a rteien li eßen jedoch ihre Streitsache nicht zur Erkenntni s der Vis itationskommission gelangen, sondern verglich en si ch nächstes Jahr untereinander. Die Änderung des Salve su chten die Steyrer mit der oft- maligen früheren Umstellung weltlicher Lieder in geistliche und mit deren Verwen- dung auf dem Kirchenchor zu entschuldigen. Nie h abe die Geistlichkeit dagegen geredet oder geschrieben . Daher sei das a uf Christus und nicht zu Spott seiner lieben Mutter, der hochgelobten Jungfrau, gerichtete Salve mit Unrecht zu sch elten. 102 ) Bericht Ernsts von P assau a n König Ferdinand vom 6. September 1528.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2