Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

41 p f a r r e n m i t O r d e n s 1e u t e n wider die Regensburger Ordnung hervor. Mangel an Brüdern in den Klöstern, Verfall des Gottesdienstes und sittliche Gefährdung der Ordensleute seien die Folgen dieses Zu- standes. Die Abforderung dieser Geistlichen von den entlegeneren Pfarren möge den Prälaten durch ein Generalmandat aufgetragen werden° 1 ) . Die deutsche Sprache bei E pi s t e 1 und Eva u- g e 1i um, über deren Forderung sie der König verständigt habe, sei von ihnen nicht verlangt worden. Gegen die üb e r f o r d e r u n g d e r a r m e n L e u t e wegen der großen Absenzen der Vikare an ihre Kirchherren beantragte die Kommission die Erleichterung dieser Bürde. Zwecks leichterer Rückkehr der Wiedertäufer empfahl sie die Betrauung der Dekane mit der Absolutionsgewalt, damit die Leute nicht mit dem Hin- und Herreisen nach Passau zur Verzweiflung ge- bracht würden. Als schwerer Übelstand wurde bei vielen Geistlichen das K o n k u bin a t ruchbar. Sie verfügten die Wegschaffung der Konkubinen binnen acht Tagen unter Vorbehalt der Strafe und trugen dem Offizial die Bestrafung der Konkubinarier auf. Schließlich be- hauptete die Kommission die F r e u d e d e s a r m e n Ma n n e s über die Visitation und besonders über die Eröffnung der Regensburger Ord- nung, die bisher an vielen Orten und den meisten Leuten unbekannt war. Dem Passauer Offizial verweigerte sie die für den Ordinarius erbetene Abschrift aller Artikel bis zu einem kgl. Befehl und lieferte so den Nachweis für den staatlichen Charakter dieser Visitation. Trotz der Verbeugungen nach oben und einer verschleierten Ausdrucksweise muß der Bericht die Verödung der Klöster, die sittliche Verwilderung des Klerus und die überhaltung des armen Volkes mit kirchlichen Ab- gaben zugeben. Der Widerspruch zwischen der angeblichen guten Wirkung der königlichen Erlässe und der fast unbekannten Regens- burger Ordnung verstärkt den Verdacht auf amtliche Beschönigung des ernsten Zustandes der Kirche. Die Ge g e n m aß n a h m e n der Kommissäre schärften in erster Linie die R e g e n s b u r g e r O r d n u n g ein, deren Anschlagung an Kirchtüren und Ratshäusern und deren wenigstens zweimalige jährliche Verlesung auf der Kanzel vorgeschrieben wurde. Unpriesterliche Auf- führung der Pfarrer, Vikare und Benefiziaten mit Weibern, Spiel, Trinken, Fechten und Vernachlässigung des Gottesdienstes sollte als Verfehlung gegen die Regensburger Ordnung· mit P f r ü n d e n e n t- s e t z u n g geahndet werden. Zwei abergläubische Bräuche, der Aber- glaube mit der „E r s t tauf e" (,,Eetaufe") 98 ) der Kinder zu Ostern und Pfingsten und die Beschwerung mit Taufgeld und das Bestreichen des am Boden niedergelegten Kr u z i fix e s am K a r f r e i t a g mit Eiern, Brot, Käse usw. 99 ) sollten verschwinden. Die Vor e n t h a l- t u n g der Beicht e bei Verweigerung des Beichtzettelgeldes wird 07 ) Randbemerkung von anderer Hand. ' 8 ) Noch heute knüpfen sich an die erste Taufe mit dem an der Oster- und Pfingstvigil neugeweihten Taufwasser in manchen Gegenden Oberösterreichs abergläubische Vorstellungen. ") Der Bericht spricht von großem Unglauben, Mißbrauch und Zauberei.

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