Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

40 visitation. Die Ankündigung 93 ) sprach von Visitation und Inquisition gegen die Sekten Luthers, Karlstadts, Zwinglis, ökolampadius' und an- derer. Die Kommission sollte den Glaubensbestand der einzelnen Orte aufnehmen, die Durchführung der könig·lichen Mandate überprüfen, Mißbräuche feststellen und Beschwerden entgegennehmen. Die Visita- tion von 1528 eröffnete eine Reihe ähnlicher Versuche, die kirchlichen Zustände durch Kommissionen aufnehmen zu lassen und zu verbessern. Es gab allgemeine und besondere Visitationen, die letzteren nur für die Klöster, staatliche und kirchliche. Da der Anteil des Staates weit- aus überwog, bildeten die Visitationen ein wichtiges Element für die Ausbildung des Staatskirchentums. Es sollte endlich Gemeingut aller Geschichtslehrbücher werden, daß das StaatskiTchentum in Österreich mit so kräftigen Wurzeln bereits im fünfzehnten Jahrhundert verankert war und im Zeitalter der Glaubensspaltung eine solche Selbstverständ- lichkeit wurde, daß Maria Theresia und Kaiser Josef II. nur diesen Zu- stand vollendeten. Trotz aller Mangelhaftigkeit sind die Visitations- berichte eine wertvolle Geschichtsquelle, da an ihnen wie an einem Pegel das Ansteigen des Luthertums abgelesen werden kann. über das Ergebnis der Visitation von 1528 im Lande ob der Enns sind wir leidlich unterrichtet 04 ). Die Kommissäre waren, wie überall in den niederösterreichischen Ländern, Christoph, Bischof von Laibach, Christoph von Zinzendorf und Wolfgang Matscher 95 ), im Lande ob der Enns noch dazu der Passauer Offizial, der aber erst später zur Kom- mission stieß, und möglicherweise ein Vertreter der Wiener Universi- tät. . Der Kommissäre harrte eine dreifache Aufgabe: die Abnahme des Huldigungseides, die Entgegennahme der Türkensteuer und die Kirchenvisitation. Im Juni 1528 ritt die gemischte Kommission von Ort zu Ort. Mit starker Übertreibung behauptete sie, den Abschied bei allen Städten, Märkten und Pfarren „in der gemain" g·elassen zu haben. Von einem Besuch aller größeren Orte und Pfarren kann keine Rede sein. Diesen gemeinen Abschied sandten sie von Waldhausen, dem Schluß- punkt ihrer Inquisition, am 27. Juni 1528 an den König 00 ) . Der Gesamt- eindruck fiel günstiger aus, als sie und andere zu hoffen wagten, und war ihrer Ansicht nach eine Wirkung der Edikte und des General- mandates des Königs. Von allgemeinen üb e 1s t ä n d e n hob die Kommission vor allem die B e s e t z u n g v i e 1e r K 1o s t e r- 98 ) Notification vom 24. März 1528. Abgedruckt bei Raupach, Bd. II, Bei- lagen, S. 69 ff. 94 ) Die Relation der Visitatoren vom 27. Juni 1528 (bei Nicoladoni, S. 182 f. nur gekürzt) im Papierkodex C. 23. Fasz. 4, 2. Sign a tur IV. A . 3 des Archivs des Bundesministeriums für Unterricht in Wien. Dort auch die angeordneten Maß- nahmen, der Bericht der niederösterreichischen Regierung an Ferdinand I. vom 4. Juli 1528 und ein Gutachten des Administrators von Passau vom 6. September 1528 an den König. ..) Die Verweisung Nicoladonis auf Raupach, Bd. II, Beilage 7, ist richtig zu stellen in Raupach, Bd. II, S. 47 ff. 06 ) Ihre Verfügungen auf Beschwerden ohne Abschied trugen sie in ein be- sonderes Buch ein. Alle Handlungen und den Abschied ihrer Visitation s tellten sie für die Statthalter und Regenten in einer Schrift zusammen, die aber noch nicht fertig war.

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