Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns
39 Österreich ob und unter der Enns und suchte, ausgestattet mit weit- gehenden Vollmachten, die Ketzerei der Wiedertäufer auszurotten 89 ). Soweit Aussagen erhalten sind, zeigen sie Frömmigkeit, teilweise phan- tastisch gefärbt, einseitige Auslegung der urchristlichen Gütergemein- schaft und Bekennermut. Doch bleibe dahingestellt, was aus der ganzen Strömung geworden wäre, hätte nicht Ferdinand ihre Kraft schon im Kreise der ersten Anhängerschaft gebrochen. Die Wiedertäufer ge- rieten in der furchtbaren Entscheidungsschlacht der Geister zwischen zwei Feuer und wurden größtenteils aufgerieben. Das Abklingen der Täuferei erwies die neuerliche Verhaftung von 13 Wiedertäufern in Steyr im Jahre 1530. Gemäß einer Anweisung Ferdinands an den Lan- deshauptmann00), die Belehrung jedes einzelnen Täufers durch eine Kommission von vier Männern (zwei geistlich, zwei weltlich) empfahl und nur gegen hartnäckige Rädelsführer laut eigenen Generalmandates und des Speyrer Reichstagsabschiedes die Exekution anordnete, ver- fuhr man diesmal mit gelindem Prozeß und mit Bekehrung 01 ). Auch später gab es noch Nachzuckungen der Täuferidee 92 ) und immer erwies sich Steyr als Zufluchtsstätte der Täufer 80 ), aber die Blutgerichte von 1527 bis 1528 und nicht weniger die scharfe Bekämpfung seitens beider Konfessionen hatten die Kraft der Bewegung niedergebrochen. Den Erfolg trug ohne Zweifel das Luthertum davon, das einen bedenklichen Nebenbuhler, der viele Anhänger abzog, los hatte 02 ) und dem König gegenüber auf seine Mithilfe bei der Austilgung der „verführerischen Sekte" verweisen konnte. Der wichtigste, freilich nicht unmittelbar greifbare Erfolg für die Anhänger Luthers war ihre Behauptung auf dem Boden des Evangeliums und die Zurückweisung des sektischen Charakters. Zum politischen Standpunkt, von dem aus die Landstände den Kampf für Luther führten, war ein religiöser Standplatz nicht ge- wonnen - er bestand schon früher -, wohl aber in die Strategie der Landtage eingeführt worden. 3. Die Fortschritte des Luthertums und die Überschwemmung der Erbländer mit Sektenpredigern hatte in Ferdinand schon 1527 den Plan einer allgemeinen K i r c h e n v i s i t a t i o n wachgerufen. Eine Reihe von Privilegien, welche den Habsburgern gewisse Rechte in der Kir- chenhoheit einräumten, eine neue Vorstellung von der Vollgewalt des Landesfürst en und das Notrecht angesichts der außerordentlichen Zeit- lage bildeten für den König ebensoviele Rechtstitel auf eine Kirchen- ten, nicht nur der Hingerichteten, oder sie verstehen sich unter Berücksichtigung der vielen aus den Nachbar l ändern geflüchteten Täufer. Nicht in die Gesamt- ziffer inbegriffen sind die Wiedertiiufer aus dem Lande ob der Enns, die . in anderen Ländern hingerichtet wurden , z. B. der Täuferbischof Leonhard Schie- ner aus Vöcklabruck (t 14. Jänner 1528 zu Rattenberg), Ambrosius Spittelmayr (t 1. Februar 1528 zu Kadolzburg), Hans Schlaffer (t 4. Februar 1528 zu Schwaz), Thomas Waldhauser (i" 17. April 1528 zu Brünn). Nicoladoni, S. 101 f. • 0 ) Innsbruck, 11. Mai 1530. 91 ) Prevenhuber, S. 246 f. 92 ) Aus Wels waren z. B . zwei Männer nach Nürnberg geflohen, die Michael Stiefel Luther a ls „in faciem Catholici, sed in dorsum virul enti Sacramentarii" anzeigte. Luther warnte 1528 Wenzel Link in Nürnberg vor diesen zwei Welsern. Raupach, Bd. II, S. 51.
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