Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

38 jedenfalls zu größter Wachsamkeit. Doch t1"itt der gutartige Charakter der Bewegung im Lande ob der Enns hervor und aus den Bekennt- nissen einzelner Täufer spricht trotz mancher Verirrung so viel christ- liche Frömmigkeit, daß gerade der religiöse Mensch sich davor beugen wird. Die harten Blutgerichte sind unter den Gesichtspunkten der Vor- beugung und der Abschreckung zu beurteilen. Das Zentrum der österreichischen Bewegung war die Gemeinde von Nikolsburg in Mähren, gegründet von Dr. Balthasar Hubmayr, im Lande ob der Enns bildete den Mittelpunkt Steyr. Wie stets erwies sich auch diesmal die alte Nord-Südverkehrslinie Steyr-Enns-Freistadt als Heerstraße neuer Ideen. Gleichzeitig mit Steyr trat die Bewegung in Freistadt hervor 82 ), etwas später wurde Linz der Sitz der „Gmain im Land ob der Enns". Hier wirkten unter anderen der erste Täufer- bischof Wolfgang Brandhuber 83 ) und der fähige Ambrosius Spittel- mayr84). Vorübergehend standen diese Gründungen unter dem Ein- fluße des bekannten Hans Hut 85 ). Zellen bildeten sich in Enns, Maut- hausen, Perg, Grein, Kreuzen, Gallneukirchen, Lembach, in Gmunden, Vöcklabruck, im Hausruck, Wels, Pichl, im Gebiet von St. Florian, in Weyer a. d. E. 86 ). Rege Verbindung unterhielt man mit Passau. Die Führer waren meist Prädikanten und Lehrer, die Anhänger Handwerker. Adel und Bauernschaft hielten sich fast gänzlich ferne. Der Adel teilte mit Ferdinand die Befürchtung eines neuen Volksaufstandes und lieh der Regierung seinen Arm gegen die Täufer. Landeshauptmann Cyriak von Pollheim war eifrig bestrebt, die Täuferverordnungen durchzuführen 87 ). Im November 1527 begannen unter Vorsitz des W o 1 f K ü n i g 1 die Prozesse in S t e y r und F r e i s t a d t 88 ) und wurden im folgenden Jahre in allen Städten des Landes durchgeführt. Die Gesamtzahl der im Lande ob der Enns hingerichteten Täufer betrug nach den kritisch nicht verläßlichen Geschichtsbüchern der Wiedertäufer 168 89 ). Eine eigene Exekutionstruppe unter dem Kommando des Hauptmannes von ödenburg, Dietrich von Hart i t s c h, durchzog im Jahre 1528 82 ) In Freistadt gab es im niederen Volke schon vor 1527 Wiedertänfer. Maade J., Freistadts Handelsgeschichte und Handelsleben, 2. Teil, 12. Gymn .- Programm (1882) S. 45, Anm. 1. 83 ) Mit Hans Niedermayr und angeblich 70 Gefährten 1531 in Linz ent- hauptet und verbrannt. 84 ) Ein gebürtiger Linzer. Hingerichtet am 1. Februar 1528 zu Kadolzburg in Brandenburg. 8 ') 1527 zu Augsburg im Gefängnis gestorben. 86 ) Ihre Zusammenkünfte hielten sie 1527 bei der Taverne im Moos. Hofer R., Markt Weyer a . E., UBLT. 190H, Nr. 38. 87 ) Das Schreiben des Landeshauptmannes vom 1. Februar 1528 an die .Städte des Landes bei Nicoladoni, S. 92, an den Abt von Garsten vom 26. Fe- bruar 1528 in den Garstner Akten (Linzer Landesarchiv), Bd. XCVI. Als zu Pfingsten 1528 Vöcklabruck mehrere Wiedertäufer auf den Gründen der Pfarr- kirche hinrichten ließ, verlangte Cyriak von Pollheim als geschädigter Erbvogt 1000 fl. rh. Pönale. Stülz J., Vöcklabruck, S. 57 f. 88 ) Die wichtigen Aktenstücke bei Nicoladoni, S. 160 ff. 89 } Die Geschichtsbücher geben an: Gmunden 2, Enns 2, Krophhof (1) 2, Steyr 30, Wels 10, Gramastetten 2, Lambach 22, Freistadt 10, Mauthausen 2, Vöcklabruck 8, Weißenbruck 2, Linz 72, Ried (bei Mauthausen) 1. Die Zahlen von Linz, Steyr und Lambach geben entweder die Gesamtziffern der Abgestraf-

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