Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

37 dieser Lehren. Gegen die neue unerhörte Ketzerei der Wiedertaufe und der Verachtung des hl. Sakramentes des Altares forderte er ein G u t a c h t e n d e r L an d s c h a f t ab, das diese erst auf dem zwei- ten Landtag (13. Februar) 1528 vorlegte 78 ) . Die Feststellung, daß sie über das Memorial des Königs bisher nicht beraten hätten, denn ein solcher Rat müsse für alle Lande der Majestät in gleicher Weise vor- genommen werden, mußte Ferdinand die ganze Schwere des zu er- wartenden Widerstandes aufzeigen. Ihr vorläufiger Bescheid lautete auf christliche Bestrafung der Hartnäckigen nach Unterweisung über die Wiedertaufe und das hl. Abendmahl und auf christliche Buße ohne Beschädigung von Ehre und Habe bei reumütigen Täufern. Zur Aus- tragung anderer Artikel, die auf Grund des Gotteswortes beider Te- stamente keine Ketzerei seien und den erwähnten zwei Artikeln nicht gleichgehalten werden könnten, schlugen sie ein a 11 g e m e in e s K o n z i 1 oder eine N a t i o n a 1v e r s am m 1u n g vor. Als bestes Mittel gegen die Weiterverbreitung der Ketzerei empfahlen sie gelehrte christliche Prediger, die den Irrtum mit der Hl. Schrift widerlegen und den gemeinen Mann zum Gehorsam gegen seine Obrigkeit bringen könnten. Der Vorschlag eines Nationalkonzils beleuchtet nicht weniger wie der Hinweis auf die dogmatische Kluft zwischen dem alten und dem neuen Glauben den weit fortgeschrittenen Stand der Glaubens- spaltung·. Auf den zwei weiteren Landtagen des Jahres 15287°) ist vom ,,reinen Evangelium" keine Rede mehr, die Türkenfrage und das Blut- gericht über die Täufer drängte alle anderen Ereignisse in den Hinter- grund. 2. In die J ahre 1527 bis 1529 fielen auch im Lande ob der Enns der H ö h e p unk t u n d d e r U n t e r g an g d e r W i e d e r t ä u- f e r e i 80 ). Die österreichische Reg·ierung leitete die Herkunft der öster- reichischen Täufergemeinden von den Gestaden der Limmat, nicht von Wittenberg, ab 81 ) und schrieb den Wiedertäufern von Anfang an Um- sturzpläne zu. Der verhängnisvolle Einfluß der schweizerischen Täu- ferei auf den großen deutschen Bauernkrieg berechtigte die Regierung 78 ) Annal en, Bd. II, BI. 8 f . 70 ) Auf dem 4. Landtag (18. Dezember) 1528 begegnet zum erstenmal in den Annalen der Ausdruck, sie seien ein „clain arm Länndl". Annalen, Bd. II, BI. 77'. Die Bezeichnung ist nicht sehr häufig. 6 9 ) Zahlreiche Akten im Archiv des BM. für Unterricht in Wien, im Baye- rischen Rauptstaatsarchiv München (Passauer Akten) und in den Stadtarchiven Steyr und Freistadt. Die wichtigste Literatur: Beck J., Die Geschichtsbücher der Wiedertäufer in Osterreich - Ungarn 1526-1785, FRA., Bd. XLIII (1883). Nico- ladoni A ., Johannes Bünderlin von Linz und die oberösterreichischen Täufer- gomeinden in den Jahren 1525-1531, Jäkel J., Zur Geschichte der Wiedertäufer in Oberösterreich und speziell in Freistadt, LMB., Bd. XLVII (1889), derselbe, Kirchliche und religiöse Zustände in Freistadt während des Reformationszeitalters, Freistädter Gymn.-Programm 1889-1890, derselbe, Zur Frage über die Entstehung der Tänfergemeinden in Oberösterreich, Freistädter Gymn.-Programm 1895. Dazu Raupach, Bd. II, S. 51 ff., und Prevenhuber, S. 233 ff. Die ganze österreichische Tänferbewegung und ihr Ausschnitt im Lande ob der Enns verdienen eine neue kritische Bearbeitung. 81 ) So auch die Geschichtsbücher der Wiedertäufer. Vorbeha lte dazu macht Nicoladoni.

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