Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

36 deutlich auf die Täuferbewegung. Die Aufforderung an den König, auf diese Artikel und ein früheres Landschaftsschreiben wegen des Wortes Gottes Antwort zu geben, war reichlich unverfroren 73 ). Die durch die Beschwerde neuer Predigervertreibungen wiederholte Anschuldigung auf dem zweiten Landtag (15. Mai) 1527 zwang Ferdinand zur Abgabe einer grundsätzlichen Erklärung über seine Haltung 74 ) zur Religions- neuerung75). Prediger, die das Wort Gottes verkündeten, doch ohne eigensinnige Auslegung und nicht um Ungehorsam im Volke zu er- wecken, hätte er nie gewehrt. In der Erwartung, daß sie in sich gin- gen, habe er sie mit einer Antwort verschont, jetzt sehe er, daß sie davon nicht ablassen wollten, ,,des vnns aber nit gemaint ist". Er gebe Befehl, ihn künftig mit Begehren, wo u n t e r d e m S c h e i n d e s W o r t e s G o t t e s d i e L u t h e r i s c h e n, Z w i n g 1i s c h e n und dergleichen verführerische Lehren einge- h r a c h t würden, unangelangt zu lassen. Zur Prädikantenabschaffung äußerte Ferdinand, sie mögen nicht Prediger ins Land bringen, die dann wieder ausgewiesen werden müßten, ein Beweis, daß die Über- fremdung des Landes mit ausländischen Predigern, eine Erscheinung, die das ganze Zeitalter der Glaubensspaltung beherrscht, schon begon- nen hatte. Ein G e n e r a 1m a n d a t Ferdinands für Böhmen, Ungarn und die Erbländer vom 27. August 1527 70 ) verurteilte unter Bezugnahme auf den Wormser Reichstag, die Regensburgische Einigung und die früheren Mandate die Wiedertaufe und die Abendmahlstreitigkeiten bei Nennung von Karlstadt, Zwingli und ökolampadius, wandte sich gegen alle Neuerungen, unter anderen gegen Bilderstürmerei und Vielweiberei, und schrieb der falschen Lehre von der christlichen Freiheit das letzte große Blutvergießen zu. Der König versprach sich von der Schärfe des Aktenstückes, das zehn Jahre hindurch zu Weihnachten und zu Ostern von allen Kanzeln verlesen werden sollte, jedenfalls einen Er- folg. Die Tatsachen redeten eine andere Sprache. Immerhin richtete sich dieses Mandat gegen das Täufertum und brachte der Lutherrich- tung eine Entlastung. Auf dem ersten Landtag (7. Jänner) 1528 77 ) beschuldigte Ferdinand die Stände des Ungehorsams gegen seine Mandate wider die Lehre Luthers und anderer und bezeichnete den Bauernaufstand als Folge 73 ) Annalen, Bd. I, Bl. 658. ") Schreiben von Olmütz, 24. April 1527 in den Annalen, Bd. I, Bl. 687. 75 ) Hier sei ein für allemal angemerkt, daß der Ausdruck ,Reformation' urspriinglich ein zweifaches: Niederschrift und Ergänzung von Rechtsnormen so- wie Verbesserung der Sitten und des religiösen Lebens bedeutete. Noch nach 1555 verstand man unter R. nicht ein Glaubensbekenntnis, sondern die neu auf- gerichteten Kirchenordnungen. In den Annalen heißen die Lutheraner nicht Pro- testanten, sondern „der Augsburgischen Religion Verwandte" . 1648 bürgerte sich der Ausdruck „Reformierte" für Evangelische außerhalb der A C ein. Erst seit 1717 drangen die Lutheraner mit der Zusammenziehung von Luther und Reformation durch. Heute hat sich der Begriffsinhalt wieder verbreitert, man bezeichnet jetzt mit Reformation die religiöse Spaltung, ihre Schöpfungen und das ganze Zeitalter von 1517- 1555. Vergl. Gebhardt-Meister, Handbuch der Deut- schen Geschichte, Bd. II 6 , S. 5 ff. 18 ) Abgedruckt z. B. bei Raupach, Bd. II, Beilagen, S. 60-68. 17 ) Annalen, Bd. II, Bl. 62'.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2