Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns
35 gesprochene Wi edertäufer in ihren Diensten 72 ). Es scheint, daß ein Teil der abgefallenen Kleriker anfangs vom Adel in Schutz und Versorgung genommen, später aber von der großen Täuferwelle mitgerissen und größtenteils hingeri chtet wurde. Die grundsätzliche Stellung des Adels gegen die Wiedertäufer war von Anfang an zurückhaltend und ver- schlechterte sich unter dem Eindrucke der Ausschreitungen der Täufer in anderen Ländern bis zu ausgesprochener Gegnerschaft. Von größter Tragweite wurde die Täuferbewegung für den Kampf der protestanti- schen Landstände um die Behauptung des Luthertums im Lande eines katholischen Fürsten. Durch die scharfe Ablehnung des Täufe r- tums konnten die Stände die Vorwürfe von katholischer Seite auf die Wiedertäufer abwälzen und in gewissem Sinne bei der Bekämpfung der Sektiererei neben den katholischen F'erdinaud treten. Der Aufmarsch und der Ausbau ihres eigenen Bekenn1tnisses spielte sich vielfach unter dieser Deckung ab. Diese Rolle des Täufertums für die Förderung des Luthertums, seines· ursprünglichen Nebenbewerbers, scheint mir ebenso bedeutungsvoll zu sein wie seine eigene Geschichte, sie tritt jedoch in den bisherigen Darstellungen nur undeutlich hervor. Daher rechtfertigt sich ein zusammenhängender überblick über die Täuferfrage gerade in einem Werk über die Konfessionspolitik der Landstände. Die Unter- suchung zerfällt in drei Abschnitte, in das parlamentarische Vorspiel, in den großen Täuferprozeß in Steyr und in anderen Städten des Lan- des und in die Kirchenvisitation von 1528 als Auswirkung der Erkennt- nis über den Umfang der anabaptistischen Bewegung. 1. Der Kampf um die religiöse Frage auf den Landtagen nahm in den J ahren 1527 bis 1529 zusehends schärfere Formen an. Das Andrin- gen der Landstände wurde ungestümer, die Sprache Ferdinands deut- licher, seine ablehnende Haltung entschiedener. Als neues Element tauchte die Wiedertäuferfrage auf, und zwar in der Form, daß der König die Stände zur Überwindung dieser Gefahr heranzog. Wenn Fer- dinand dadurch die lutherischen Stände von ihrer Zuneigung zur reli- giösen Neuerung überhaupt abdrängen wollte, so erlitt er eine Nieder- lage, denn die Unterscheidung der Stände, ,,verführerische Sekten" und das „Evangelium", setzte Luthers Anhänger in den Vorteil. J a, sie gingen aus dieser Episode bereichert um den Schein der Ergebenheit für die königliche Majestät hervor und hatten die für die Grundherr- schaften nicht unbedenkliche Täuferbewegung im Lande beseitigt. Der erste Landtag (1. April) 1527 wiederholte die im J änner anläßlich der Landesrechte erhobenen Bezichtigungen gegen Passau, schweres Ge- fängnis für Prediger ohne öffentliches Verhör und Verschwinden man- cher Personen zum großen Verdacht des gemeinen Mannes. Als Delikt hätte das Urteil unchristliche Predigt wider Gottes Wort angegeben. Der Hinweis auf den Zusammenschluß der Leute ohne Prediger zielte 72 ) So war J ohannes Bünder!in 1527 Prädikant des Bartholomäus von Star- hemberg, Thomas Waldhauser, vordem Kaplan in Grein, a ls Pfleger im Dienste des Herrn von Hardegg auf Kreuzen, Hans Schlaffer hielt s ich nach seinem Abfall von der alten Kirche (1526) eine Ze itla ng bei den Herren von Zelking a uf. Jakob Portner, Schloßkaplan des Herrn von Roggendorf a uf Schloß Steyr, war ein führender Täufer. 3*
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