Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

33 reichen Interzessionen von hoher und höchster Seite die Lage Käsers verschlimmerten. Bei den angenommenen Zusammen.hängen durchaus begreiflich. Sie mußten bei dem Administrator Ernst und bei Herzog Ludwig die Überzeugung , erstärken, in Käser gerade den wichtigsten Lutheraner in die Hand bekommen zu haben. Luther sandte den Kur- fürsten von Sachsen und den Markgrafen Kasiinir von Brandenburg vor, die Stände des Landes ob der Enns zwei bedeutendste Mitglieder des Herrenstandes. Wenn irgend etwas, so mußte die Verwendung der zwei Fürsten Herzog Ludwig und die Fürbitte des Schaunbergers und Starhembergers Herzog Ernst erbittern. Die ersteren hatten in den kurbairischen Interessenkreis mit seinem betonten Regensburgerkurs, die letzteren in die Jurisdiktionsrechte Passaus im Lande ob der Enns gegriffen. Daß die Gesandtschaft des obderennsischen Herrenstandes auch in München abgewiesen wurde, bildet für mich den Schlußbeweis, daß der Prozeß Käser zwar auf hochstiftisch passauischem und herzog- lich kurbairischem Gebiete abgeführt wurde, daß er aber in s e i n e m K e r n e i n e o b d e r e n n s i s c h e An g e 1e g e n h e i t war, näm- lich ein Ausschnitt aus dem erbitterten Kampf zwischen Passau und den lutherfreundlichen Landständen um die religiöse Zukunft des Lan- des ob der Enns. Eine Reihe von Schwierigkeiten schwinden bei dieser Auffassung. Vor allem die Fruchtlosigkeit der hohen Interzessionen, die Überzeugung Käsers, daß er doch freigehen werde, und die merk- würdige Inkonsequenz, daß m&n Käsers zahlreiche lutherfreundliche Verwandte und Bekannte, den Schulmeister Ulrich und die lutherischen Büchlein des Verurteilten ungeschoren ließ 70 ). Der Hauptzweck war die Ab s c h r e c k u n g von der „Luther e i", besonders für den Klerus des Landes ob der Enns. Dieser Zweck wurde zunächst erreicht, die Hinrichtung Käsers, die nicht einmal so hohe Gönner vereiteln konnten, verbreitete Schrecken und Bestürzung im Lande, nicht -zuletzt unter dem Adel. Das politisch~ Tagesschrifttum bemächtigte sich des Falles, Luther selbst griff zur Feder und übergab den Prozeß Käser der breitesten Öffentlichkeit. Christoph Jörger von Tollet ließ seinen Schloßprediger Michael Stiefel nach Wittenberg ziehen und Luther bil- ligte dieses Vorgehen. Die blutigen Täuferprozesse verstärkten die Angst unter den Freunden der neuen Richtung. Bezeichnenderweise verschwinden nach 1528 die Einzelnamen der Lutheranhänger unter dem Klerus. Nicht, als ob das Luthertum im Klerus verschwunden wäre. Aber der erste Sturmangriff, der verschiedene Kleriker an der Spitze sah, war abgeschlagen und der große Geisterkampf erstarrte zum Stellungskrieg. Es begann der innere Abdorrungsprozeß -der alten Re- ligion unter stärkster Beeinflussung durch die Zeitereignisse und nach zwanzig Jahren erst setzte die öffentliche Religionsänderung ein. Die weiteren Schicksale des Luthertums ruhten in den Händen derer, die es seit 1525 begierig ergriffen hatten, der Landstände. 70 ) Diese grundsätzliche Seite der Frage ist besonders Roth, a. a. 0., S. 24 f., aufgefallen. 3

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