Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

32 sein, clie ihn so auffällig in den Vordergrund der Aufmerksa1nkeit dieser wahrh aft nicht zartbesaiteten Zeit gerückt haben. Den a llg·emeinenHinte r- grund bildeten ohne Zweifel die schwere Spannung· zwischen den zwei Erschütterungen des großen deutschen Bauernkrieges und der mächtig vorbrechenden Täuferwelle, sowfo die Bedrohung c1er sta:ülichen unrl kirchlich en Gruudlag·en durch di e Glaubensspaltung. Der nähere Hin- terg rund ist in den Abmachungen des Regensburger Konventes 1.11 er- blicken, dessen Vereinbarungen die beteiligten Fürsten zu energ· isch er Abwehr der Neuerung verpfli chteten. Der Schlüssel zur Lösung der Unklarheiten um diesen P rozeß ist jedoch in den üb c r a u s g· e r c i z- t e n B e z i e h II n gen z w i s c h e n Pas sau u n d cl c 111 La n cl e o l> d e r E n n s z u s u c h e n. Das Passauer Ordinariat hatte bisher in der Abwehr des Luthertums g·erade im Lamle ob der Enns Ni ederlage auf Niederlage und in der Angelegenheit des Ca lixtus mit Steyr auch eine öffentl iche Bloßstellung erlitten. Der geistli che Arm war zur Olm- macht verurteilt, der weltliche Arm wurue durch die allmächtigen Land - stände aufgehalten. Die Axt war au die Wurzeln der bischöflichen Ju - risdiktion in Österreich gelegt. Es galt daher mit unbeugsamer Strenge dem Lande ob der Enns ein absch reckendes Beispi el vorzusetzen. Das Opfer dieses A b s c h r e c k u n g s v e r s II c h e s wa.r Leonhard Käser. Eine gute Handhabe bot das Moment der Rückfälligkeit, beziehungs- weise des Eidbnrches. Eine Reihe von Umständen machten diesen Mann für die Fortschritte der Neuerung besonders gefährli ch. Er entstammte Yornehmer Familie, hatte unter ande rem in Leipzig studiert, besaß zahlreiche wohlhabende Verwandte und einen großen Anhäng·e rkreis im Klerus uncl bei den Laien, war ein tüchtiger Prediger und in seinem Lebenswandel durchaus einwandfrei. Er zählte zu den frühesten An- hängern Luthers im Weltklerus , suchte sofort Fühlung mit Luther 6 " ) , wirkte nach der Abschwörung der „Lutherei" im Sinne Luthers weiter, ließ durch seinen geliebten Schulmeister Ulrich an einem ungenannten bairischen Ort auf eigene Kosten Kinder im neuen Glauben unterrich- ten, unterhielt zahlreiche Beziehungen zu Lutherfreunden im Lande, besonders zu dem ersten Prädikanten Michael Stiefel, der auch Luther über Käsers Verhaftung untenichtete, und wurde sch ließlich in Witten- berg Luthers Schüler und Freund. Käser war also nicht ein beliebiger Lutheraner, sondern ein führender Kopf, wenn nicht das geistige Haupt des Luthertums im Lande ob der Enns. Aus einer Rei he von Wahr- nehmungen geht hervor, daß er ni cht nur im Lande, sonde rn auch in Passau und Schärding zahlreiche Bekannte und Anhänger hatte. Se ine volkstümliche Person hätte jedenfalls der Überführung· des L:Lndes in den Vorstellungskreis Luthers sehr genützt. Dieses persönliche Moment darf bei dem Prozeß nicht übersehen werden. Nicht als ob an Käser die Rache des Passauer Ordinariates g·ekühlt werd,en sollte, aber di e Wirkung der Abschreckung mußte sich, vollzog·cn an einer so lchen Persönlichkeit, steig·ern. Besonders deutlich tritt zutage, daß die zahl- • 0 ) Um 1523 sind be rnits Studenten au s Waizenkirclien i11 Wittenberg.

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