Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

27 Ernngelium uud göttliche Wort an. Angr iffe auf das Rechtsverfahren, der Hinweis auf die verletzte Staatsautorität und auf die Nichtüber- windung des Irrtums durch die Schrift und die Forderung eigenen Ge- richts im Lande kennzeichnen diese Schrift zur Genüge als grundsätz- liehen Angriff auf jede Autorität. Czerny sagt, es sei schwer, diese Kundg·ebung·en keine Satire auf die bischöfliche Gewalt zu nennen 55 ) . Sie bedeuten indes mehr, nämlich auch die Gehorsamsaufsendung· an die weltliche Obrigkeit, allerding·s in einer Ketzereisache. Am 26. Jän- ner verwies Ferdinand Calixtus und Fredeng·ast seiner Lande und wie- derholte am 25. August die Landesverweisung des Calixtus. Bald dar- auf dürfte Calixtus das Land ob der Enns verlassen haben""). Siche r haben sich weder er noch der Vikar von Linz ihrer geistlichen Behörde in Passau g·estellt. In diesem Zusammenliange handelt es sich um die grundsätzli che Seite des Falles. Ohne Zweifel wollte der Passauer Offizial zum ersten- mal gegen einen größe ren Kreis von Geistlichen des Landes ob de r Enns scharf vorg·eben und hatte eine Anzahl von Klerikern nach Passau zitiert. Nur wenige gehorchten, der größere Teil weigerte sich, ge- stützt auf die weltlichen Stände, vor einem Gericht außer Landes zu erscheinen. Es kann kein Zufall sein, daß außer dem berühmten Pre- diger Calixtus in den Akten kein einziger Name genannt wird, es heißt nur Calixtus, der Vikar von Linz und andere Prediger. Man wollte die Betroffenen, die sich teilweise auf Schlössern des Adels im Lande auf- hielten, durch die Namenlosigkeit möglichst decken. Sicher ist, daß nicht der ganze Adel den scharfen Vorstoß unternahm, sondern nur ein Teil. Der Landeshauptmann ließ zumindes t den Dingen freien Lauf. Im J ahre 1526 hatte also bereits der radikale Flüg·el des Adels die Führung an sich gerissen und behielt sie ein volles J ahrhundert bei. Dieser Kühnheit auf der einen Seite entsprach auf Seite der Regierung eine so zaudernde, grundsätzlich auf ewige Verhandlungen eingestellte Behandlung der Stände in der Religionsfrag·e, daß diese Taktik dama ls und heute nicht den Eindruck von Regierungsweisheit, sondern den einer gefährlichen Schwäche hervorruft. Der Kampf um Calixtus war· eine Einzelh eit, aber ein e bezeichnende. Was mit diesem Erstfall be- gonnen hatte, ·wiederholte sich imGroßen durch hundert Jahre hindurch, der Kampf um die Relig·ion wurde immer wenig·er ein Kampf zweier Kon- fess ionen, sondern ein Kampf der zwei großen Staatsprinzipien diese r Zeit, des Fürstenabsolutismus der Landesherren und des Se lbstbest irn - rnung·srechtes der Landstände. Wie weit die Dinge in Steyr gediehen waren, zeig·ten die religiöse Zersetzung der Stadtpfarre und die seit 1525 neu sich bildende Front der Wiedertäufer. Im gleichen Jahre, in dem Calixtus Steyr verlassen mußte, hatte sich der Stadtpfarrer von Steyr , M:. M: i c h a e 1 F o r s t e r, vo r se inem Abt in Garsten wegen des Ve rdachtes der Einführung von ketzerischen Lehren zu verantworten und wurde trotz der Fürbitte der Bürgerschaft und des Schloßverwalters Eberhard von Marschall in das ..) i\. " · o., s. 35. ") Se in e we iteren Schicksalo bBi C,erny, S. ll7 ff.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2