Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

24 daher die entscheidenden Jahre und gab vou Anfang an t.li e Kampf- initiative an die Gegenseite ab. Abwehr blieb das ganze Jahrhundert hindurch das bezeichnende Merkmal cler katholischen Seite. Auch Passau bildete keine Ausnahme von dieser Reg·el. War auch das Hochstift 1524 der Regensburger Einig·ung beigetreteu, so trat doch die Leitung der großen Diözese Passau keineswegs de r Neuerung mit der nötigen Umsicht entg·egen. Man kann ni cht sagen, der Bischof. Denn Ernst von Baiern hatte niemals die höh eren vVeih en empfangen, trat in erster Lini e als Fürst des Hochstiftes Passau auf und bezeichnete sich selbst nur als Verweser oder Adm ini strator des Bistwns Passau. Dieser Umstand war für die Gestaltung· der Ding·e im österreichischen Bistumsanteil, der zwei Drittel des Gesamtumfang-es der· Diözese ausmachte, von entscheidender Bedeutung. Nicht ein Bischof g·ebot mit seinen Verfügungen und Erlässen in seiner Diözese, in der sich infolge einer la.ng· en geschi chtli chen Entwicklung die Bistums- und Landesgi:enzen nicht deckten, sondern ein weltlicher Fürst, Herr eines Territoriums, griff mit seinen kirchlichen Anord- nungen über sein Fürstentum hinaus In die Länder eines Nachbar- fürsten. Zwar fi elen Weihe und Jurisdiktion auch damals nicht zu- sammen, nbe r was war in so kriti schen Zeiten leichter, als mißliebig·e kirchliche 1viaßnahmen unter dem Schein der ll linderung landesfü rst- licher Hoheit zu vereiteln '? Gerade den Landständen des Landes ob der Enns, den unmittelbaren Nachbarn Passaus, war durch diesen Sach- verhalt eine ihrer g·efährlichsten Waffen in die Hand gegeben. Ihr eigener Landesfürst mußte ihnen jedesmal bei Geldforderungen kolllmen, die Entscheid1mgen des Bistumsadministrators konnten sie mit dem Hinweis auf Schmälerung des Ansehens des Hauses Österreich vielfach lahml egen. Die natürlichen Gegensätze zwischen politischen Anrainern verschärfte ein dynastisch es Moment, Herzog Ern st gehörte dem Hause der Wittelsbacher an und war ein Bruder de s regierenden Baie rn- herzogs . Die Anspielung auf da s Haus österreicl1 und dessen "Ehre mußte dah er in Ferd inand auch das Gefühl der Zugehörigkeit znm Hause und zur Familie Habsburg we cken . Di e Ausnützung· dieser Ge- fühl selemente g ing später wiederholt so weit, daß d ie protestanti sehcn Ständ e als die Schü t zer nnd Hüter der katholischen Fürsten Öste r- reichs :wftraten. Sicher war mandrns diesbezügliche Wort rednerisch e Phrase und kluge Höflichkeit, ebenso sicher ist, daß in der Haus- 11n t.l. Familienfrag·e alle Ha.bsburger einen besonde rs ausgeprägten und 6mpfindlichen Sinn zeigten . Im Ja.hre 1525 war man sich auch in Passan über di e Tragweite der neuen Bewegung; klar g·eworden. Der große Bauernkrieg, der seine ·w ell en auch in das Land ob der Enns geworfen hatte, schreckte geistliche und weltliche Fürsten auf. In Wien wa r be- reits am 17. September der Bürger Kaspar Tauber als Ketzer ent- hauptet und seine Leiche verbrann t worden. Die Ideen der Wieder- täuferei züngelten überall empor. lm Lande ob der Enns eröffnete Michael Stiefel die Reihe der Predig·er des neuen Glaubens 1525 und im gleichen Jahre hatten die drei „politischen Stände" mit der Forde- rung des „ reinen Evang·eliums" das Luthertum in aller Öffentlichkeit eingefi.Uut. Es galt daher keine Zeit mehr zu verli eren, sondern gege.µ

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