Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

19 g c I i u m s u n d G o t t e s w o r t e s" 5 "). Es möge gestattet werden, daß das Evangelium und Wort Gottes offen, frei und ohne Sorge ge- predigt werde und daß jeder sich darob bessern möge. Da Ferdinand damals persönlich auf dem Schloß von Linz weilte 31 ) und seine ent- schiedene Ablehnung der Relig-ionsneuerung in Aug·sburg den Ständen bekannt sein mußte, erhöht sich das Gewicht dieser Eingabe. Ferdinand gab keine Antwort, daher wiederholten sie im Novemberlandtag 1526 den Vorstoß 32 ), allerdings ohne Erfolg. In der Frage des Kirchensilbers schlug Ferdinand drei Lösungen vor: eine Obligation und Verschreibung in der Höhe der abgelieferten Kleinodien, den Erlag der Landesquote von den 400.000 fl. in Geld 33 ) oder in Edelsteinen im Werte der Kirchen- schätze. Die Stände bezeichneten nach ein er Treueversicherung das Land ob der Enns als das „kleinere Land" neben ~tnderen Landen der königlichen Majestät, baten, mit dem „kl eineren Land" nicht den Anfang zu machen 3 '), und verwiesen auf die Notwendigkeit eines Ausschußland- tages a.ller Erbländer. Der La.ndtag· löste sieb ohne Schließung durch die Kommissäre auf und der zurückgebliebene Sechz elrnerausschnß er- klärte sich für cntscheidungsunfähig. Im Nachzugsg·eplänkel war von der Erschöpfung· und von der Ve rschuldung der Klöster und Städte und aus der Reihe der allgemeinen Gravamina von der unerledigten Frage des Evang·eliums die Rede. Durch die Einreihung· des Evang·eliums unter die allgemeinen Beschwerden war der Rechtstitel für das Luther- tum auf dem Verhandlungstisch der Landstände gefunden. Diese Taktik brachte zwei Vorteile mit sich. Tatsächlich war die Reform der katho- lischen Kirche ein Beschwerdepunkt auf zahlreichen Ständetagungen gewesen, soda.nn war di e Bitte um Abstellung der Gravamina als Gegenleistung des Landesherrn vor den Bewilligungen Recht und Ge- pflogenheit der Landstände. Doch hatten sich die Stände an Ferdinand verrechnet. Die Kleinodien wurden ohn e Bewilligung· der Landschaft inventarisiert, beschrieben und geschätzt. Das ;-org·efundene Barg·eld ,vurde sofort ganz, vom Werte der Kleinodien die Hälfte in Geld ab- vcrl ang·t. Wurde keine Geldablösc geleistet, so kamen di e Kleinodien nach Linz. Das Kirchensilber wurde i.ibrigens kurz hernach vollständig • 0 ) Annalen , Hd. I. 111. 6a2·. Die Schrift findet sieb i11 t.leu Anna len nfoht. Doch ist ihr Inbnlt aus den Verhandlungen des a. L,iudtnges vou l:\26 bekannt. 11 ) Prevenhuber V., Annal es Styrenses, S. 229. ") Die verdächtige Fertigungsformel der zweiten ßittscbrift (,,Gernei110 J ,nndscbaft der vier Stände des Erzlierzogtnms Osterrei ch ob der Enns") darf Hiebt auf die Prälaten bezogen werden. In diesem Fall !nutete die Unterschrift: „Die vier Stände von Prälaten, Herren, Rittern und Städten im Erzherzogtum Osterrei ch ob der Enns" . ") Annalen, Bd. I, BI. 1;33 I. ") Schon Maximilian I. sagt H!Ja: ,,So cs im La11d ob der Euns ging. sn würde es au a llen Enden so viel geringer." Kraus V., Maximilians I. vertrau- licher Briefwechsel mit Siegmund Pr iischenk, S. 91. Entweder war das Laud ob der Enns der Stier, der bei den Hörnern gepackt werden mußte, oder der Rcbwiicbste Punkt, au dem die Front der Erbländer aufgeroll t werden konnte. Die Ereignisse sprechen fiir die erste Auslegung. Wäh1·end sich die Stände 1526 noch a ls das „kleinere La11d' ' be1.ei chnen, erkliir en sie sirb 1528 als ei11 „clnin arm T,iinndl". .Annalen. Bd. JJ, Rl. 77'. 2*

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