Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

414 heimen Rates vom 20. September 1604 sprach die Überzeugung aller Regierungsstellen aus, welche die bisherige Behandlung der Stände weiter für unmöglich hielten 552 ). über die Verbindung der Landstände mit den protestantischen Reichsfürsten wurde offen gesprochen. Der Siebenbürgische Aufstand unter Stephan Bocskay brachte die Ereig- nisse in Fluß. Ein Konvent der Erzherzoge im April 1605 653 ) zu Linz verlangte von Rudolf durchgreifende Maßnahmen. Als der Kaiser den Friedensschluß seines Bruders mit den Türken brechen wollte, machte der Preßburger Ständetag vom 7. Jänner 1608 Matthias zum Haupte der Opposition gegen den Kaiser, und, gerufen von mährischen Stän- den unter Karl von Zierotin 564 ), marschierte Matthias gegen Prag. Der Vertrag von Lieben (24. Juni 1608) sicherte Matthias Ungarn, Öster- reich und Mähren, und Rudolf mußte zu seiner Rettung den böhmischen Ständen den Majestätsbrief vom 9. Juli 1609 ausstellen. Als der Kaiser aus Abneigung gegen Matthias dem Erzherzog Leopold die Nachfolge zuwenden wollte und dessen Kriegsvolk Böhmen und das Land ob der Enns grauenhaft verwüstete" 55 ), rückte Matthias am 24. März 1611 in Prag ein und ließ sich am 23. Mai zum König krönen. Bald hernach (am 20. Jänner 1612) starb Rudolf, der mit der katholischen Kirche gebrochen und seine Hoffnungen auf die kalvinische Union gesetzt hatte. Die ungeahnte Machtfülle der Stände infolge des Bruderzwistes zwang Matthias zur „Kapitulation" vom 19. März 1609, die dem pro- testantischen Adel Österreichs und den landesfürstlichen Städten und Märkten die A C und die Gleichstellung der Bekenntnisse für die Er- langung öffentlicher Ämter zusicherte. Die Früchte der Rudolfinischen Religionsreformation waren bis auf Reste hinweggefegt. Erhalten blieb die Gründung der S. J. in Linz, die sich langsam weiterentwickelte, und die Begünstigung der katholischen Kirche durch den Kaiser, der im ständischen Prinzip seinen Feind erblicken mußte. Der große Linzer Generallandtag im. August 1614 änderte an dieser Spannung nichts 550 ). Nach dem. Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 standen die obderenn- sischen Stände in reger Korrespondenz mit den böhmischen Direktoren. Die Lage des Kaisers verschlimmerte sich in bedrohlichem Ausmaße, und als die Erzherzoge Ferdinand und Maximilian seinen Minister Klesl verhaften und auf Schloß Ambras bringen ließen, mußte Matthias das Schicksal Rudolfs befürchten. Mit dem Tode des Kaisers am 20. März schlug auch für das Land ob der Enns die Schicksalsstunde. Die Saat, die Georg Erasmus von Tschernembl, der Verbindungs - mann der habsburgfeindlichen Elemente mit der pfälzisch-kalvinischen '") Gedruckt bei Bibi V., Die Religionsreformation K. Rudolfs II., S. 66 ff . ••:) Fischer J., Der Linzer Tag vom Jahre 1605. 7. JB. der Stella Matutina, 1897/98. " 4 ) Chlumecky P., R. v., Carl von Zierotin und seine Zeit (1564-1615), 1862. "') Kurz F., Der Einfall des von K. Rudolf II. in Passau angeworbenen Kriegsvolkes in Oberösterreich und Böhmen 1610-1611. Aus dem Nachlaß her- ausgegeben und eingeleitet von Czerny A., 1897. "') Gindely A., Der erste österreichische Reichstag in Linz 1614, SBAW., Bd. XL (1862), S. 230 ff., und Pritz, Bd. II, S. 839 f.

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